Experte Danner analysiert F1-Tests "Achtung, Ferrari lebt wieder, Vettel ist da!"
26.02.2015, 12:10 Uhr
Nicht wirklich augenfreundlich, aber gerade deshalb wirksam: der Tarnlook von Red Bull während der Formel-1-Tests.
(Foto: imago/Crash Media Group)
Vierfach-Champion Sebastian Vettel beflügelt den kriselnden Formel-1-Rennstall Ferrari, so lautet das Test-Fazit von Experte Christian Danner. Maß der Dinge bleibt zwar Mercedes, Red Bulls Tarnlook birgt aber Überraschungen. Sicher ist: Die Formel 1 röhrt wieder.
Bis Sonntag absolviert die Formel 1 auf dem Circuit de Catalunya bei Barcelona ihre finalen Testfahrten vor dem Saisonstart am 15. März in Melbourne. Für Formel-1-Experte Christian Danner gibt es schon nach den ersten beiden mehrtägigen Testsessions in Jerez und Barcelona "eine klare Richtung, die sich abzeichnet, und die lautet: Achtung, Ferrari lebt wieder, Vettel ist da". Das im vergangenen Jahr dominierende Mercedes-Team habe "allerdings noch die Nase vorne", so die Einschätzung von Danner im RTL-Interview.

Christian Danner fuhr von 1985 bis 1989 selbst in der Formel 1. Seit 1998 kommentiert er die Königsklasse für RTL.
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Obwohl die Silberpfeile nach der grandiosen Saison 2014 immer noch "eine Klasse für sich sind", hat die Konkurrenz in den Augen von Danner aufgeholt. Dabei sieht er das Red-Bull-Team trotz des Abgangs von Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel zu Ferrari als ersten Verfolger. Die durchwachsenen Testfahrten seien für die tatsächliche Stärke des neuen Red-Bull-Boliden kein brauchbarer Indikator, betonte Danner: "Red Bull gibt traditionell nie den letzten Entwicklungsstand preis bei den Testfahrten. Sogar bei denen, die noch kommen, bin ich mir sicher, wird man nicht mit dem Entwicklungsstand fahren, wie er in Melbourne dann am Auto sein wird. Das heißt, da kommt noch viel."
Der Tarnlook während der Testfahrten habe Red Bull zusätzlich geholfen, die Konkurrenz in Unsicherheit zu wiegen, sagte Danner: "Ich glaube, sie hat den Zweck erfüllt. Die Dinge, die man verheimlichen wollte, waren nur unter größten Schwierigkeiten zu sehen. Und da geht es in allererster Linie um den Frontflügel, um die Luftführung unter den neu definierten Nasen hindurch."
Ferrari besser, aber nicht titelreif
Vettel und seinen neuen Rennstall Ferrari, der seit Mai 2013 auf einen Formel-1-Sieg wartet, sieht Danner mit Williams und Lotus auf "nahezu identischem Niveau". Nach der durchwachsenen Saison 2014 mit vielen Motorenproblemen sieht Danner den Lotus-Rennstall durch den Mercedes-Motor "um Welten besser" aufgestellt als 2014.

Besser, aber noch nicht titelreif: So sieht Danner die Paarung aus Ferrari und Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel.
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Dass der Vierfach-Weltmeister mit der "Scuderia" auf Anhieb um Siege oder gar um den Titel mitfahren kann, glaubt der RTL-Experte nicht: "Ich glaube, dass Sebastian Vettel den Weg in der Saison 2015 erfolgreich beginnen wird, aber von heute auf morgen ist da keine radikale Umstellung zu erwarten." Ferrari werde dem Mercedes nicht sofort "das Wasser abgraben". Auch nach dem Wechsel Michael Schumachers zu Ferrari habe es "Jahre gedauert", bis dieser "das Team wieder auf Vordermann gebracht" hatte und schließlich zum Rekordweltmeister aufstieg.
Im Gegensatz zur Schumachers Ferrari-Ära erwartet Danner nicht, dass der italienische Traditionsrennstall mit einer Stallorder in die Saison geht, "das ist bei Vettel meines Wissens nicht der Fall". Zweiter Fahrer neben dem Deutschen ist der Finne Kimi Räikkönen, der Ferrari 2007 den bislang letzten Fahrertitel bescherte. Eine Stallorder sei für Vettel aber "auch nicht so wahnsinnig wichtig", glaubt Danner: "Denn Sebastian Vettel ist von sich aus auf jeden Fall eine andere Liga, was die Fahrzeugentwicklung angeht. Kimi ist ein Genie im Auto, keine Frage, aber Sebastian schätze ich da schon ein bisschen besser ein."
Es röhrt wieder ein wenig mehr
Als Auffälligkeit der bisherigen Testfahrten nannte Danner den Fokus auf die Zuverlässigkeit der Motoren. Grund sei die Regeländerung, dass die Teams statt mit fünf in dieser Saison mit vier Motoren auskommen müssen: "Man hat am Testprogramm aller Teams gesehen, dass Zuverlässigkeit das A und O ist in der Bewertung. Die Mercedes sind jeden Tag über 1000 Kilometer gefahren, das sind drei Renndistanzen. Und Renault und Ferrari ähnlich viel. Das heißt, die Motoren sind standfest."
Zumindest eine kleine Verbesserung sieht Danner auch beim Streitthema Motorengeräusch: "Also alle, die die Testfahrten verfolgt haben, haben festgestellt: Ja so ein bisschen kerniger klingen sie jetzt schon die Motoren. Also: Es geht in die richtige Richtung." Zuvor hatten sich nicht nur viele Fans, sondern auch Formel-1-Boss Bernie Ecclestone höchstpersönlich über den fehlenden Formel-1-Sound durch die seit 2014 eingesetzten Turbomotoren beschwert. Gänzlich zurückholen könne man das satte Röhren der Vor-Turbo-Ära aber nicht, betonte Danner: "Ein Turbomotor ist kein Saugmotor. Deshalb ist ein Turbomotor immer etwas dumpfer, etwas leiser."
Quelle: ntv.de, cwo