Formel1

Unerreichtes Formel-1-ComebackVerstappen muss das Schumacher-Vettel-Hamilton-Schicksal fürchten

20.11.2025, 19:16 Uhr tsiTorben Siemer
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Max Verstappen bräuchte ein Wunder, um auch 2025 Formel-1-Weltmeister zu werden. (Foto: IMAGO/PsnewZ)

Seit Jahren dominiert Max Verstappen die Formel 1, doch in diesen Tagen endet seine Zeit als Serien-Weltmeister. Schon beim Großen Preis von Las Vegas könnte sein Traum vom fünften Titel nacheinander auch rechnerisch platzen. Das weckt Erinnerungen an Michael Schumacher, Sebastian Vettel und Lewis Hamilton.

Am Sonntag könnte für Max Verstappen alles vorbei sein, auch wenn Helmut Marko seit Wochen das Gegenteil zu beschwören versucht. "Wir glauben daran", sagte der Red-Bull-Racing-Patron gerade erst bei RTL/ntv über den vierfachen Formel-1-Weltmeister, der die kleine Chance auf seinen fünften WM-Titel weiter am Leben erhalten möchte. "Max hat schon einige besondere Leistungen erreicht, aber wenn er diese Aufholjagd schafft, wäre das besonders sensationell."

Der Trend spricht dabei gegen den Niederländer, der als WM-Dritter in das drittletzte Grand-Prix-Wochenende der Saison geht. Spitzenreiter Lando Norris bringt nicht nur einen 49-Punkte-Vorsprung mit nach Las Vegas, sondern auch die stärkste Form. Sechsmal in Folge fuhr er auf Platz 1, als es darauf ankam: In Mexiko gewann er Quali und Rennen, in Brasilien Sprint-Quali, Sprint, Renn-Quali und Rennen. Der Engländer eroberte damit die Führung in der Fahrerwertung von seinem Teamkollegen Oscar Piastri und geht als klarer Favorit in die finalen Wochen der Saison.

Norris beendete damit zugleich - mindestens vorläufig - die spektakuläre Aufholjagd Max Verstappens. Dabei hatte der Weltmeister der Jahre 2021, 2022, 2023 und 2024 nach scheinbar endlosen Schimpftiraden über seinen so schwer beherrschbaren Red-Bull-Boliden doch gerade erst noch einen Weg gefunden, der Konkurrenz davonzufahren. In Spa gewann er den Sprint, in Baku den Grand Prix, in Austin beides. Das in An- und Abführung "schwächste" Ergebnis dieser Zeit waren zweite Plätze in Zandvoort und Singapur.

Verstappen bringt Norris und Piastri zum Nachdenken

Trotz über 100 Punkten Rückstand hatte Verstappen nicht aufgegeben, sondern manövrierte sich nach der Sommerpause mit fahrerischer Brillanz zurück in die WM-Diskussion. Die vermeintlich uneinholbar enteilten McLaren spürten plötzlich wieder Druck, machten Fehler, begannen zu grübeln. Während Norris und Piastri strauchelten, glänzte Verstappen - und unterstrich damit auch seinen Status als bester Fahrer der Formel 1. Mindestens aktuell, womöglich sogar jemals, aber das ist eine müßige Diskussion.

Allerdings könnte Verstappen jetzt von Las Vegas ausgehend ein Schicksal ereilen, das zuvor auch einige von denen getroffen hat, die sich neben dem Niederländer in ebendieser Diskussion wiederfinden: Michael Schumacher, Lewis Hamilton und Sebastian Vettel. Auch sie wurden viermal in Folge Weltmeister, Schumacher sogar fünfmal. Und sie alle gewannen, nachdem sie vom Thron gestoßen worden waren, diesen Titel nie wieder.

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Schumacher, der von 2000 bis 2004 dominiert hatte, wurde 2005 von der neuen Reifenregel kalt erwischt, beendete seine (Ferrari-)Karriere ein Jahr später als Vize-Weltmeister und konnte auch nach seinem Comeback im Mercedes nicht an alte Erfolge anknüpfen. Vettel, Weltmeister von 2010 bis 2013, war 2014 infolge des neuen Motorenreglements chancenlos und wechselte 2015 zu Ferrari. Wie Schumacher wurde er zwar Vize, sogar zweimal, der Traum von der Rückkehr nach ganz oben jedoch blieb unerfüllt.

Allein kann Verstappen es nicht richten

Die dramatischste Geschichte weiß jedoch Lewis Hamilton zu erzählen. 2021 verlor er seinen Titel in der allerletzten Runde der Saison unter skandalösen Umständen - und war danach ein gebrochener Mann. Weil danach zusätzlich infolge gravierender Regeländerungen die Mercedes-Dominanz gebrochen war, sind auch seine Hoffnungen auf einen erneuten Titel seitdem alljährlich vorzeitig erloschen. Aktuell steuert er in seiner ersten Saison bei Ferrari, seiner insgesamt 19. in der Formel 1, erstmals auf ein Jahr ohne Podiumsplatzierung in einem Grand Prix zu.

Droht eine solch ernüchternde Zukunft nun also auch Verstappen? Seine fahrerische Extraklasse und sein Alter eröffnen ihm potenziell sicher noch mehr Jahre in Bestform, als sie bei Schumacher und Hamilton zu erwarten waren. Die beiden Rekordweltmeister waren zum Ende ihrer Serien bereits 36 Jahre alt und damit im fortgeschrittenen Rennfahreralter. Vettel dagegen war 2014, als es nach vier Triumphen nacheinander nicht mehr für ganz vorn reichte, sogar erst 27 und damit ein Jahr jünger als Verstappen.

Das lenkt den Fokus auf einen anderen Faktor als die individuelle Leistung, die beim Niederländer in diesem Jahr kaum zu hoch bewertet werden kann. Denn seinen bislang 341 Punkten stehen lächerliche 25 Punkte gegenüber, die seine beiden Teamkollegen in der laufenden Saison eingesammelt haben. Der nach nur drei Rennen zum Schwesterteam Racing Bulls degradierte Liam Lawson und der im Gegenzug von dort beförderte Yuki Tsunoda stehen auf den Plätzen 14 und 17 in der Fahrerwertung. Mit ihren Resultaten bewerben sie sich einerseits um den Titel als in dieser Hinsicht irrelevanteste Teamkollegen der modernen Formel-1-Geschichte - und unterstreichen andererseits die offensichtlich fehlerbehaftete Entwicklung des RB21.

Verstappen könnte der erste sein

Der limitierende Faktor ist selbst für einen Max Verstappen das Auto. Und dort geht Red Bull zur kommenden Saison und mit dem neuen Reglement ein großes Wagnis ein: mit erstmals selbst entwickelten Motoren. Zwar ist Ford als Partner dabei, allerdings war das US-Unternehmen davor zuletzt 2004 über den Jaguar-Rennstall (damals eine Ford-Tochter) in der Formel 1 präsent, der wiederum zur Saison 2005 an Red Bull verkauft wurde. Ob aus dieser Verbindung ein siegfähiger Motor hervorgeht, muss sich erst noch zeigen.

Zumal rund um die Königsklasse des Motorsports bereits spekuliert wird, dass nach einschneidenden Veränderungen wieder einmal Mercedes mit dem stärksten Aggregat hervorgeht. So war es bereits 2014, als die Silberpfeile dem Feld so weit enteilten, dass es bis 2021 dauerte, ehe sie eingeholt waren. Von Verstappen, der danach eine Ära prägte. Der unter anderem die Rekorde für meiste Siege in einer Saison (19) und höchste Siegquote in einer Saison (19 von 22/jeweils 2023) in ungeahnte Höhen trieb.

Verstappen wird, so viel ist sicher, ab dem Moment, in dem seine Weltmeister-Serie endet, darum kämpfen, eine neue zu starten. Er wäre der Erste aus dem oben erwähnten kleinen Kreis, dem das gelingt. Und auch Juan Manuel Fangio, von 1954 bis 1957 der erste Fahrer, der viermal nacheinander den Titel gewann, stand danach nie wieder ganz oben auf dem WM-Podest. Der Argentinier beendete später mit 47 Jahren seine Karriere. Auch daran dürfte sich Max Verstappen kein Beispiel nehmen wollen.

Quelle: ntv.de

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