Formel1

Viel Ärger nach dem Quali-Chaos Vettel wütet, der "Iceman" rastet aus

Der Kampf um die Startaufstellung für den Großen Preis von Italien endet für Ferrari mal wieder mit einem Desaster. Die Verantwortlichen dafür sieht Sebastian Vettel im Ferrari-Kommandostand. Doch die Zustände im ersten Abschnitt des Qualifyings sorgen auch bei anderen für mächtigen Ärger.

Dass Sebastian Vettel an einem Formel-1-Wochenende flucht, ist in dieser für den Ferrari-Piloten so frustrierend verlaufenden Katastrophensaison schon längst Routine. Beim Heimrennen der Scuderia in Monza schrieb der viermalige Weltmeister mal wieder Negativschlagzeilen: Zum ersten Mal seit 1966 landete ein Pilot im Ferrari im Autodromo im Königlichen Park von Monza nicht unter den ersten 15 Fahrern der Startaufstellung. Vettel wurde im Qualifying für das Rennen am Sonntag (15.10 Uhr live bei RTL und im Liveticker auf ntv.de) nur 17. - und damit Viertletzter. Die Gründe für dieses neue, nächste Debakel sah der Heppenheimer am Kommandostand.

"Es ist nicht gut getimt gewesen von uns, da waren zu viele Autos zur selben Zeit auf der Strecke", kritisierte der 33-Jährige sein Aus schon nach der ersten K.o.-Runde, als er auf seiner vermeintlich schnellsten Runde im Stau feststeckte. Bereits zum fünften Mal in dieser Saison schied er vorzeitig in der Qualifikation aus. Wieder mal lag der Ferrari-Kommandostand strategisch daneben.

"Es war ein bisschen vorhersehbar"

"Mitten im Packen kann man nicht viel machen. Es war ein bisschen vorhersehbar, dass es Stresssituationen zum Schluss gibt", sagte Vettel. Erst steckte er hinter einem Williams fest, ehe die Alfa-Romeo-Piloten beim Windschattenpoker auf dem Hochgeschwindigkeitskurs für Ärger sorgten. "Es waren zu viele Autos auf demselben Fleck. Alle wollten sich überholen, es kam zum Chaos", sagte Vettel bei Sky über seinen indiskutablen 17. Platz - und erklärte sogleich, was sein Kommandostand hätte befehlen sollen: "Einfach später rausfahren! Der Plan war eine saubere Runde. Das hat nicht funktioniert." Das Dilemma: Ohne Windschatten ist auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke kaum ein vorderer Startplatz zu holen, eine Runde im Sog eines anderen Wagens kann bis zu 0,7 Sekunden Zeitvorteil bringen. Mit Blick auf seine Hoffnungen für den Großen Preis von Italien sagte der Heppenheimer nur: "Morgen ist ein neuer Tag."

Während Vettel jeden neuen Tiefschlag einigermaßen gefasst kommentiert, wurde ein ehemaliger Ferrari-Pilot noch richtig sauer - und sendete über den Boxenfunk klare Worte. Die mussten von der internationalen Regie erst zensiert werden, bevor sie über die Sender in die Welt gehen durften. Alfa-Romeo-Fahrer Kimi Räikkönen, eigentlich bekannt als "Iceman", hing zum Ende des ersten Qualifying-Abschnitts auf seiner schnellen Runde hinter Renault-Pilot Esteban Ocon fest - und wurde vom Franzosen so penetrant geblockt, dass der Weltmeister von 2007 ausrastete: "Dieser ***. Er blockt mich die ganze Zeit, dieser Idiot. Und das auf einer schnellen Runde. ***", funkte Raikkönen an die Box. Die Situation wurde schließlich so brenzlig, dass Ocon unmittelbar nach dem Qualifying von den Stewards einbestellt wurde. Ungeachtet dieses Gefechts schafften beide, was Ferrari-Sorgenkind Vettel verwehrt blieb: Beide schafften es ins Q2, Raikkönen wurde schließlich 14., Ocon 12.

"Was zur Hölle machen wir da?"

Die Quelle auch für Räikkönens Ärger war der gewaltige Stau, der in den letzten Minuten des ersten Abschnitts entstanden war: "Ich will hier niemandem die Schuld geben, aber alle sitzen im selben Boot. Keine Ahnung, warum jedes Team seine Autos zur gleichen Zeit rausschickt. Denn da kann man sich ja genau ausmalen, was passiert", fasste Williams-Pilot George Russell zusammen, was auch Vettel auf die Palme gebracht hatte.

Den Engländer brachte die Situation aber auch gegen das eigene Team auf: "Scheiße, Leute, was zur Hölle machen wir da? Wir müssten doch eigentlich von so einem Scheiß profitieren, und nicht mittendrin sein", schimpfte er am Sky-Mikrofon. "Wir sind das langsamste Team auf der Strecke und brauchen schon extreme Umstände, damit wir eine Chance haben. Heute gab es eine dieser extremen Chancen, und wir waren mittendrin." Ferrari, das schillerndste Formel-1-Team von allen und die Hinterbänkler von Williams teilen sich dieselben Probleme. Das hatte vor der Saison auch niemand geahnt.

Dass der Windschatten in Monza Schicksal spielen würde, deutete sich schon am Freitag an, als die 20 Piloten das Positionsgeschacher eingehend trainierten. "Das ist eine gute Übung, aber im Qualifying wird das ein Desaster", bemerkte Leclerc im Funk. Der Automobil-Weltverband hatte die Fahrer deshalb vorher eindringlich zur Disziplin gemahnt, es mit dem Windschattenpoker nicht zu übertreiben: Die Fia erinnerte deswegen eindringlich an Artikel 27.4 des Reglements, der besagt: "Zu keinem Zeitpunkt darf ein Auto unnötig langsam, ungleichmäßig oder auf eine Art und Weise bewegt werden, die für andere Fahrer oder Personen gefährlich sein könnte."

Daran hielten sich nicht alle, sodass die Rennleitung am 50. Todestag des legendären Jochen Rindt an identischer Stelle nach dem 3. Freien Training am Nachmittag mehrere Piloten wegen zweifelhafter Manöver vorlud. Schließlich wurden jedoch alle freigesprochen - auch Ocon. Die entsprechenden Manöver seien "wahrscheinlich unausweichlich" gewesen, aber "nicht gefährlich".

Auch Ocons "Opfer" Räikkönen gab sich später dann doch noch gelassen: "Unterm Strich dürfen wir ja Rennen fahren. Nur eine Sache: Er hat mich weggedrückt. Letztlich hat aber niemand was falsch gemacht. Es ist nur einfach so gewesen, dass wir zu Beginn der Runde sehr nahe beisammen lagen. Kommt vor." Ob Sebastian Vettel seine Gelassenheit schon wieder gefunden hat, ist nicht bekannt.

Quelle: ntv.de, ter

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