"La Roja Baila" Spanien ist Europameister - beim Singen
20.06.2016, 13:18 UhrDass die Spanier Fußball spielen können, ist bekannt. Doch die Mannen um Sergio Ramos haben noch mehr auf dem Kasten. So legt die Selección mit ihrem Song für die EM einen veritablen Sommerhit hin. Und die Deutschen? Schweigen zum Glück.
Fußball und Musik, das kann passen. Zum Beispiel, wenn die britische Fangemeinde ihre Mannschaften mit hymnischem Stadiongesang nach vorne treibt oder in der Niederlage begleitet. Oder auch, wenn Popgruppen ein Turnier mit ihren Kompositionen bereichern. Erinnert sei an dieser Stelle an die Sportfreunde Stiller und vor allem natürlich an die Lightning Seeds.
Wenn Fußballer selbst zum Mikrofon greifen, wird es nicht selten unangenehm. Von Beckenbauer bis Maradona fühlte sich so mancher Star-Kicker berufen, die Gehörgänge seiner Anhänger zu strapazieren. Und auch die deutsche Fußballnationalmannschaft begründete in den 70er-Jahren die Tradition, ihre Nation für die WM-Turniere mit einem Liedchen in Stimmung zu trällern - unter Mithilfe eines Prominenten. Tatsächlich gelang so 1978 unter der Federführung von Udo Jürgens das schöne und stimmungsvolle "Buenos dias Argentina". Davor und danach war es allerdings schlecht bestellt ums deutsche Liedgut. Sorgten die gesangliche Ergüsse des DFB-Teams doch bestenfalls unter massiven Alkoholeinfluss für Heiterkeit - bei den gegnerischen Fans. Nach 1994 hatte die Pein dann auch ein Ende.
Dass es auch besser geht, zeigt die spanische Selección. Ihr ist mit "La Roja Baila" ein veritabler Sommerhit gelungen. Besonders bemerkenswert dabei ist, dass Spaniens Kapitän und Haudegen Sergio Ramos für Text und Musik verantwortlich zeichnet. Zusammen mit der Flamenco-Sängerin Niña Pastori und mit der gesanglichen Unterstützung seiner Nationalmannschaftskollegen zeigt Ramos auch als Sänger ungeahnte Qualitäten.
Denn normalerweise setzt er auf dem Platz Akzente. So zum Beispiel, wenn es seine Kameraden mit dem brotlosem Schönspiel übertreiben. Dann haut er dazwischen und gibt dem Spiel oftmals die entscheidende Richtung. Ramos ist ein absoluter Führungsspieler, der Kampf und Kunst gleichermaßen beherrscht und maßgeblich an den letzten drei Triumphen der Iberer beteiligt war. Und nun wird der 30-Jährige im Studio zum Schöngeist. Aber vielleicht ist das gar nicht so überraschend bei einem, der früher vor der Wahl stand, Fußballprofi oder Torero zu werden.
Zugegeben, "La Roja Baila" ist eher einfach gestrickt und mit den üblichen Zutaten eines für die Großraumurlaubsdisco gestrickten Stimmungsmachers konzipiert. Aber der Song funktioniert. Spätestens nach mehrfachem Wiederholen. Notfalls auch mit dem einem oder anderen Drink. Nicht zuletzt aber durch das Video. Zeigen sich doch hier die erfolgsverwöhnten spanischen Stars gut gelaunt und etwas tapsig beim gemeinschaftlichen Singen. Da werden harte Männer zu kleinen Jungs, die sichtlich Freude daran haben, was sie tun. Einzig der Breitbandgrinser und sich für ein unabhängiges Katalonien einsetzende Gerard Piqué bekommt ausnahmsweise die Zähne nicht so recht auseinander. Aber vielleicht geht es ihm in dem Song ja neben Freude, Seele und mannschaftlichem Zusammenhalt einfach zu sehr darum, Spanier zu sein.
So oder so, Spaniens Erfolgsrezept war und ist die Kompaktheit der Mannschaft und die Flexibilität und die Fähigkeiten ihres Personals. Was sich nun auch auf ungewohntem Terrain zeigt.
Quelle: ntv.de