"Den Ball suchen sie noch heute" Uli Hoeneß und der Fehlschuss von Belgrad

Belgrad am 20. Juni 1976: Uli Hoeneß schießt den Ball weit über das Tor.

Belgrad am 20. Juni 1976: Uli Hoeneß schießt den Ball weit über das Tor.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Elfmeter-Fehlschuss von Uli Hoeneß im Finale der EM 1976 ist legendär. Dieser machte die Tschechoslowakei zum Europameister. Den ehemaligen Präsidenten des FC Bayern München verfolgt dies auch 40 Jahre danach noch.

Ob Uli Hoeneß in seinem Urlaub in Südfrankreich kurz an den 20. Juni 1976 denkt? Vor Jahren bekannte er, dass ihn dieser legendäre Elfmeter-Fehlschuss in den Belgrader Nachthimmel "überhaupt nicht" verfolge, es seien vielmehr die Medien, "die mich damit verfolgen". Auch jetzt, 40 Jahre danach, werden die Erinnerungen an jene verhängnisvolle Szene im EM-Finale der deutschen Nationalmannschaft gegen die damalige Tschechoslowakei wieder wach.

Antonin Panenka trifft - die CSSR ist Europameister.

Antonin Panenka trifft - die CSSR ist Europameister.

(Foto: picture alliance / dpa)

2:2 steht es nach einer Aufholjagd der Deutschen nach Verlängerung. Im Elfmeterschießen haben Rainer Bonhof, Heinz Flohe und Hannes Bongartz für die DFB-Elf jeweils ausgeglichen - dann legt sich Hoeneß beim Stand von 3:4 den Ball zurecht. Er sei angelaufen "wie in Trance", schildert Hoeneß später. Mit rechts schießt der Münchner derart weit über das Tor von Ivo Viktor, dass Spötter behaupten, die Liebespaare im benachbarten Tasmajdan-Park hätten ein Ufo am Belgrader Nachthimmel vermutet. "Den Ball suchen sie noch heute", witzelt auch "Kaiser" Franz Beckenbauer noch Jahre danach, "den hast du gar nicht mehr gesehen".

Hoeneß schlägt nach seinem "Raketenschuss ins Nichts" um kurz vor 23.00 Uhr im Stadion Crvena Zvezda verzweifelt die Hände vor's Gesicht. Er sei in diesem Moment "apathisch" gewesen, "alles um mich rückte in weite Ferne, wurde grau. Ich registrierte nichts mehr." Auch nicht die endgültige Demütigung durch Antonin Panenka. Dieser lupft den Ball rotzfrech über Sepp Maier ins Tor. Der krasse Außenseiter ist Europameister - der amtierende WM-Champion Deutschland blamiert.

Tiefer Respekt vor jedem Strafstoß

Nach dem EM-Titel 1972 und dem WM-Triumph 1974 von Hoeneß, Beckenbauer, Gerd Müller, Paul Breitner und alle den anderen sei die Niederlage "eine Zäsur" gewesen, "das Ende einer Ära", sagt Hoeneß. Auch für ihn selbst: Fünf Monate nach dem Finale in Belgrad bestreitet er am 17. November 1976 beim 2:0 gegen die CSSR in Hannover sein letztes von 35 Länderspielen (fünf Tore).

In Erinnerung habe er die vielen Titel. Und der 20. Juni 1976? Es sei ihm definitiv nichts geblieben von damals, sagt er vor Jahren der "Süddeutschen Zeitung", außer tiefem Respekt vor jedem Strafstoß: "Jeder seriös geschossene Elfmeter beinhaltet das Risiko, verschossen zu werden. Kritik wird man von mir da niemals hören." Die Leute glaubten, "das beschäftigt einen das ganze Leben lang", sagt Hoeneß, "vielleicht wäre das auch so gewesen, wenn ich zwei Jahre später Buchhalter geworden wäre. Aber ich habe in der Zwischenzeit unzählige Endspiele erlebt, unzählige Triumphe und unzählige Elfmeterschießen."

Buchhalter ist Hoeneß in der Tat nicht geworden. Er führte den FC Bayern als Manager, Präsident und Aufsichtsratschef an die europäische Spitze, machte den Klub zu einer Weltmarke. Nach verbüßter Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung überlegt der 64-Jährige derzeit, ob er bei seinen Bayern als Präsident zurückkehrt.
Egal wie: Der Fehlschuss von Belgrad wird Hoeneß weiter verfolgen - ob er will oder nicht.

Quelle: ntv.de, Thomas Niklaus, sid

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