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Tore schießen die anderenDFB-Frauen müssen ihr Teilzeit-Problem lösen

03.12.2025, 05:34 Uhr Bild-AnjaVon Anja Rau
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Die DFB-Frauen reisen enttäuscht aus Madrid nach Hause. (Foto: IMAGO/HMB-Media)

Zur Weltklasse gehört das DFB-Team (noch) nicht, die Spanierinnen zeigen der Auswahl von Bundestrainer Christian Wück was es bedeutet, dieses Prädikat zu tragen. Dabei läuft es lange gar nicht schlecht im Finale der Nations League. Die Spielerinnen hadern, Wück hadert - und ist trotzdem stolz.

Eine Medaille ja, aber in der falschen Farbe. Nur Silber haben die DFB-Frauen um den Hals hängen, entsprechend betreten sind die Mienen. Pure Enttäuschung nach zweimal 90 Minuten im Finale der Nations League. Spanien schlägt Deutschland. Mal wieder.

Im Estadio Metropolitano von Madrid feiern nur die Gastgeberinnen mit ihren Fans. Die Spanierinnen verteidigen mit dem letztlich klaren 3:0 ihren Titel, auch die neue Trainerin Sonia Bermudez hat jetzt einen Erfolg mit den von ihr übernommenen Weltmeisterinnen von 2023 vorzuweisen. Es ist der Sieg der Favoritinnen, für den diese aber härter kämpfen mussten, als sie es wohl selbst erwartet hatten.

Es ist fast schon antik anmutend, dass die UEFA das Finale der Nations League bei den Frauen in Hin- und Rückspiel austragen lässt. In den 1990er-Jahren wurde das UEFA-Pokal-Finale der Männer noch in Hin- und Rückspiel ausgetragen. Warum es diesen Rückgriff auf die alten Zeiten bei den Frauen nun gibt, hat die UEFA nicht erklärt, das letztmalige Finale wurde noch in einem Spiel ausgetragen. Nun aber ist es so: Drei Halbzeiten lang steht es 0:0. Und dann reichen 13 Minuten, um den Deutschen das Genick zu brechen, wie es Sjoeke Nüsken ausdrückt. Claudia Pina eröffnet den Torreigen in der 61. Minute, Vici Lopez erhöht in der 68. und Pina ist es erneut, die mit dem 3:0 in der 74. Minute alles klarmacht. "Sie sind total effizient", sagt Nüsken in der ARD.

Spanien - Deutschland 3:0 (0:0)

Tore: 1:0 Pina (61.), 2:0 López (68.), 3:0 Pina (74.)

Spanien: Coll - Batlle (88. Benítez Iannuzzi), Paredes, León, Carmona - Caldentey, Aleixandri, Putellas (88. Fernández) - López (71. Del Castillo Beivide), González (80. Hermoso), Pina (88. Imade). - Trainerin: Bermúdez.

Deutschland: Berger/NY Gotham FC (35 Jahre/29 Länderspiele) - Gwinn/Bayern München (26/68), Minge/VfL Wolfsburg (26/29), Knaak/Manchester City (29/11), Kett/Bayern München (21/9) - Senß/Eintracht Frankfurt (28/30), Nüsken/FC Chelsea (24/53) ab 80. Hendrich/Chicago Stars (33/89) - Cerci/TSG Hoffenheim (25/17) ab 67. Cora Zicai/VfL Wolfsburg (21/6), Brand/Olympique Lyon (23/69) ab 80. Dallmann/Bayern München (31/72), Bühl/Bayern München (24/76) - Anyomi/Eintracht Frankfurt (25/31) ab 66. Martinez/West Ham United (24/2); - Trainer: Wück

Schiedsrichterin: Silvia Gasperotti (Italien)

Gelbe Karten: Pilar - Gwinn (2), Cerci

Zuschauer: 55.843 (in Madrid/Metropolitano)

Wück: "Wir schauen schön zu"

Genau das also, was die Deutschen nicht sind. Denn das Hinspiel hatte das Team von Bundestrainer Christian Wück träumen lassen. Davon, dass der erste Titel seit dem Olympiasieg 2016 gar nicht so weit weg ist wie viele befürchtet haben. Und das Hinspiel hatte sie über sich selbst ärgern lassen. Die Spanierinnen hatten am Freitagabend in Kaiserslautern nicht ins Spiel gefunden, hatten sich von den Deutschen zeitweise einschnüren lassen. Die nimmermüde und immer agile Klara Bühl hatte Torchancen, Jule Brand versuchte es, Stürmerin Nicole Anyomi schoss aufs Tor - aber rein ging er nicht. "Das steht und fällt alles mit der Effizienz vor dem Tor und da müssen wir uns verbessern, wenn wir diesen Titel holen wollen", hatte Wück gesagt.

Nun, die Spanierinnen hatten aber ganz offensichtlich wenig Lust, den Deutschen diese guten Chancen erneut einzuräumen. Das Spiel mit dem Feuer wollten sie nicht mitmachen - oder eben selbst eines entfachen. Denn die Spanierinnen zeigten vor heimischer Kulisse ihr anderes Gesicht. Das des spielbestimmenden Teams, voller Selbstbewusstsein. Und das, obwohl Weltfußballerin Aitana Bonmati sich im Training zwischen den Partien das Wadenbein brach, operiert werden musste und nun etwa fünf Monate lang ausfallen wird. Von Anfang an aber machte Spanien das Spiel zu seinem, prüfte Torhüterin Ann-Katrin Berger und die Abwehr.

Während sich das DFB-Team noch in die Halbzeit rettete, war es dann in der 61. Minute eben soweit. "Wir begleiten die Spanierinnen, schauen schön zu", so Wück. "Und das ist ja das, was uns ausgezeichnet hat in der ersten Hälfte und im Spiel in Kaiserslautern: Dass wir eben nicht begleitet haben, sondern aktiv versucht haben, die Bälle zu erobern. Und das ist uns leider dann irgendwann in der zweiten Hälfte abhandengekommen." In der Tat begleitete etwa Kapitänin Giulia Gwinn ihre Gegenspielerin vor dem 0:1 mehr als sie zu attackieren. So wurde das Tor überhaupt erst möglich. Wück: "Wir machen Fehler, die wir nicht machen dürfen, die werden ausgenutzt."

Skepsis schwächt sich ab

In drei von vier Halbzeiten hat das DFB-Team mitgehalten, hat gezeigt, dass es auch gegen Weltklasse bestehen kann - oder gar selbst dazugehört. Das hatten vor der Europameisterschaft im Sommer in der Schweiz viele angezweifelt. Auch dort waren die Gruppenspiele noch begleitet von Skepsis, auch, weil das Spiel längst nicht immer schön anzusehen war oder die Siege brutal souverän. Ein Sieg des grenzenlosen Willens im EM-Viertelfinale gegen Frankreich hatte den Blick etwas gewandelt. Über Kampf zur Klasse.

Auch Spanien musste sich im Halbfinale bis in die Verlängerung strecken, ehe das entscheidende Tor für sie fiel. Die DFB-Frauen fuhren mit leeren Händen nach Hause, aber mit dem Mut, dass da ein Team zusammenwachsen könnte. Mit dem Halbfinale der Nations League schon vor der Brust. Wieder gegen Frankreich - sowas wie der Lieblingsgegner. Noch nie hatte das DFB-Team in einem Turnier gegen den Nachbarn verloren. Und dabei blieb es auch durch das kumulierte 3:2 (1:0, 2:2). Mit teils großer Euphorie begleitet. So wie das Final-Hinspiel.

In Madrid aber folgt der Dämpfer. Es reicht doch nur für Teilzeit-Weltklasse. Auch hier ist es nicht nur die nicht mehr so kompromisslose Defensivarbeit, sondern wieder auch die Effizienz - die wird Wück noch länger beschäftigen: "Ich ärgere mich über die Chancen, die wir nicht reingemacht haben. Nicole Anyomi etwa, das muss sitzen. Das ist der Unterschied zu den Edeltechnikerinnen der Spanierinnen."

Seine Angreiferinnen könnten es alle, hatte Wück schon nach dem Hinspiel betont, es sei keine Frage der Technik. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass seine bevorzugte Stürmerin Giovanna Hoffmann mit einem Kreuzbandriss ausfällt, und dass auch die routinierte Lea Schüller aus familiären Gründen diesmal nicht zur Verfügung stand. Stattdessen wechselte Wück dann sowohl im Hin- als auch im Rückspiel Shekira Martinez für Anyomi ein. Es waren ihre Länderspiele Nummer eins und zwei. Beim Debüt hätte es fast sogar mit dem Tor geklappt. Fast ist nicht genug.

DFB-Team ist noch nicht weltklasse

Wobei auch die Statistik für das Rückspiel eine deutliche Sprache spricht: 14 Schüsse der Spanierinnen, davon 6 aufs Tor. Nur 7 der DFB-Frauen, nur 2 aufs Tor. Die Spanierinnen haben das Selbstvertrauen, sie wissen: Nur Geduld, dann setzt sich die Klasse schon durch. So ist es auch dieses Mal und entsprechend bedient ist die deutsche Kapitänin. "Der Wille war bis zum Schluss da. Es ist ärgerlich, wenn man so viel investiert, auch Gutes auf den Platz bringt und sich nicht belohnt. Dann ist Spanien so eine spielstarke Mannschaft, die das bestraft", sagt Giulia Gwinn.

Die vierte Halbzeit macht den großen Unterschied. Der das DFB-Team von der Weltklasse trennt. Der Bundestrainer aber versucht, die Laune nicht allzu schlecht werden zu lassen. "Wir können erhobenen Hauptes aus dieser Saison rausgehen. Aus diesen Endspielen werden wir wachsen."

Ein Prozess, den jede für sich durchlaufen muss, das Team trifft erst im März wieder zusammen. Dann steht die WM-Qualifikation auf dem Programm. Es geht gegen Slowenien, Norwegen und Österreich - keine Teams, die der Weltklasse zuzuordnen sind. Die Weltmeisterschaft findet dann erst 2027 in Brasilien statt. Bis dahin ist viel Zeit für Wück und sein Team. Zeit, an der Effizienz zu arbeiten. Und der Weltklasse ein Stückchen näherzukommen.

Quelle: ntv.de

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