Fußball

Musiala macht sie alle verrückt Ein frustrierendes Statement des FC Bayern

Thomas Müller möchte den Vorsprung des FC Bayern auf RB Leipzig gerne verteidigen.

Thomas Müller möchte den Vorsprung des FC Bayern auf RB Leipzig gerne verteidigen.

(Foto: REUTERS)

Nur eine Mannschaft muss der FC Bayern noch beiseite schubsen, dann steht der Meister wieder dort, wo er am liebsten steht: an der Spitze der Bundesliga-Tabelle. Gegen RB Leipzig gelingt ein beeindruckender Sieg, weshalb schon wieder ganz vorsichtig über den Titel gesprochen wird.

Der FC Bayern muss nur noch vorbei an Mark van Bommel. Wie schwierig das ist, das wissen sie aus eigener Erfahrung. Viereinhalb Jahre war der Niederländer der "aggressive leader" im Mittelfeld der Münchner. Viereinhalb Jahre sorgte er beim Gegner für schmerzhafte Gedanken. Denn im Duell war van Bommel nicht zimperlich. Nun ist die sehr gute Nachricht für die aktuelle Spieler-Generation des Rekordmeisters, dass ihnen keine körperliche Auseinandersetzung mit dem mittlerweile 44-Jährigen droht. Van Bommel hat seine Töppen längst weggepackt. Er ist nun Trainer. Und seit dieser Saison beim VfL Wolfsburg angestellt. Besonders gut verlief sein Start nicht. Die Vorbereitung war schlecht. Obwohl, das ist noch die Wahrheit in schön. Und im DFB-Pokal flogen die "Wölfe" raus, weil der Trainer einen Spieler zu viel eingewechselt hatte. Nun aber steht der VfL ohne Punktverlust in der Liga auf Platz eins. Verrückt.

RB Leipzig - FC Bayern 1:4 (0:1)

Tore: 0:1 Lewandowski (12., Handelfmeter nach Videobeweis), 0:2 Musiala (47.), 0:3 Sane (54.), 1:3 Laimer (58.), 1:4 Choupo-Moting (90.+2) Leipzig: Gulacsi - Mukiele, Orban (80. Klostermann), Simakan, Angelino (58. Gvardiol) - Laimer (59. Haidara), Kampl - Szoboszlai, Olmo (59. Forsberg), Nkunku - Silva (71. Poulsen); Trainer: Marsch.
München: Neuer - Pavard (75. Süle), Upamecano, Hernandez, Davies - Kimmich, Goretzka (59. Sabitzer) - Gnabry (45.+1 Musiala), Thomas Müller (75. Stanisic), Leroy Sane - Lewandowski (59. Choupo-Moting); Trainer: Nagelsmann.
Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach)
Zuschauer: 34.000 (ausverkauft)

Beim FC Bayern tun sie also gut daran, nach vier Spieltagen nicht über den Titel zu sprechen. Obwohl sie das natürlich könnten. Denn am Samstagabend haben sie RB Leipzig mit 4:1 geschlagen. Das war bei der ersten Rückkehr von Julian Nagelsmann zu seinem Ex-Klub ein bemerkenswertes Statement. Selbst wenn man einschränkt, dass die Sachsen sich bislang äußerst schwer damit tun, die Idee vom Fußball ihres neuen Trainers Jesse Marsch anzunehmen. Und dann kommt ja auch noch hinzu, dass der Verein mit Abwehrchef Dayot Upamecano und Kapitän Marcel Sabitzer zwei Spieler an den FC Bayern verloren hat. Außerdem zog es den zweiten Stammverteidiger Ibrahima Konaté zu Jürgen Klopp nach Liverpool. Das ist schon ein tüchtiges Minus an Qualität und Hierarchie.

Willi Orban gefiel das nicht. Vor dem Topspiel und dem Wiedersehen mit den alten Kollegen fand er in der "Kicker"-Sendung "Was geht, Bundesliga?" Worte, die reichlich frustriert wirkten: "Für uns als Verein und Mannschaft macht es das nicht einfacher, wenn du Jahr für Jahr wieder einen Umbruch hast und viele gute Spieler verlierst." Nun ist es natürlich nicht so, dass RB nicht in der Lage wäre, Transfers zu kompensieren. Mit dem Portugiesen André Silva wurde etwa einer der besten Stürmer der vergangenen Bundesliga-Spielzeit verpflichtet. Hinzu kamen jede Menge Top-Talente. Aber klar, da ist nun erstmal zähe Aufbauarbeit angesagt. Wie zäh, das lässt sich an der Tabelle ablesen: drei Punkte, nach vier Spieltagen. Das ist nicht die Bilanz eines ambitionierten Spitzenklubs. Erst recht die eines potenziellen Herausforderers des FC Bayern.

Hat der FC Bayern noch einen Herausforderer?

In München wissen sie das natürlich. Und machen das auch direkt mal zum Thema. Wenn sie beim Rekordmeister etwas genauso gut beherrschen wie den Fußball, das ist es die begleitende Rhetorik. "Das Titelrennen ist natürlich lange, der Anspruch ist dennoch, dass wenn wir einmal sieben Punkte auf einen Verein Vorsprung haben, wir diesen nicht mehr hergeben", bemerkt Thomas Müller und schränkt dann höflich ein: "Jetzt über die Meisterschaft zu reden ist nicht der richtige Zeitpunkt." Das ist er natürlich nicht. Die Titelverteidigung auszurufen, das wäre tatsächlich mächtig arrogant. Aber die Lage in der Liga ist halt so: Wolfsburg ist zwar noch vor dem FC Bayern, aber wohl niemand glaubt ernsthaft, dass das so bleiben wird. Egal wie gut die Mannschaft des VfL ist. Der BVB ist knapp (einen Punkt) hinter dem Rekordmeister, braucht aber sehr viel Erling Haaland um seine Spiele zu gewinnen. Wenn weiterhin gilt, dass Abwehrreihen Titel gewinnen, dann hat Dortmund ein Problem. Auch noch oben dabei: der FSV Mainz 05, der SC Freiburg, Bayer Leverkusen und der 1. FC Köln. Sie alle haben maximal eine Siegeslänge Rückstand. Aber wer erkennt hier wirklich einen echten Herausforderer?

Bester Mann: Jamal Musiala.

Bester Mann: Jamal Musiala.

(Foto: REUTERS)

Tja, und was geht bei Leipzig? Schwer zu sagen. Nagelsmann findet, dass der Kader sehr gut ist. Das gleiche Urteil fällt er auch über seinen Nachfolger Jesse Marsch. Nur, es passt eben noch nicht. Auch wenn das Spiel am Samstagabend durchaus knapper und ausgeglichener war, als es das 1:4 erahnen lässt. Die Sachsen spielten durchaus mutig mit und suchten immer wieder nach kreativen Lösungen in der Offensive. Nagelsmann fand daher: "Wir waren dem Torunterschied gemessen nicht so viel besser. Wir hatten Anfang der zweiten Halbzeit ein gutes Spiel gemacht, die erste Halbzeit war eher wild. Wir können dennoch besser spielen." Für einen Mann gilt das eher nicht. Für Jamal Musiala. Dass die Münchner sich steigerten, war aufs Engste mit der Einwechselung des 18-Jährigen verbunden. Und dass der FC Bayern so deutlich gewinnt, obwohl er nur ein gutes, aber keineswegs ein herausragendes Spiel machte, das ist ein krachendes Statement, das den Rest der Liga wieder einmal arg frustrieren wird.

Musiala, der Nationalspieler wurde Sekunden vor der Pause eingewechselt, weil Serge Gnabry angeschlagen runtermusste. Das galt später auch für Topstürmer Robert Lewandowski. Er wurde von Eric Maxim Choupo-Moting vertreten. Auch ein guter Mann, er traf in der Nachspielzeit zum 4:1. Ob Gnabry und Lewandowski am Dienstag in der Champions League gegen den FC Barcelona mitwirken können, das ist noch unklar. Aber immerhin weiß der Trainer ja nun (erneut), dass er stabilen Ersatz hat. Wobei das gerade bei Musiala eine maßlose Untertreibung ist. Der reift beim Rekordmeister nämlich immer mehr zur Sensation. Fast direkt nach Wiederanpfiff erzielte er ein fantastisches Tor, weil er die flache Hereingabe von Alphonso Davies einfach auf perfekte Weise verarbeitete. Und dann bereitete er das 3:0 noch vor, er chippte den Ball scharf auf den langen Pfosten, wo Leroy Sané lauerte - und traf.

Nagelsmann schwärmt von Musiala

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Ausgerechnet Sané. Der muss ja durchaus fürchten, dass Musiala ihm bald die Show wegnimmt. Aber immerhin konnte der 26-Jährige sein frisches Selbstvertrauen und seine wirklich gute Form aus der Nationalmannschaft mit zum FC Bayern nehmen. Für Nagelsmann sind das nach einer fürchterlichen, weil völlig wilden Vorbereitung plötzlich sehr viele gute Nachrichten. Zwar ist das Aufgebot weiterhin eher klein, aber dafür geht gerade sehr viel sehr gut auf. Vor allem wegen Musiala, der vorne auf fast allen Positionen, außer im Sturmzentrum, spielen kann. Der Trainer staunt durchaus über den Weg seines Top-Talents, das bereits in der vergangenen Saison unter Hansi Flick ganz starke Leistungen gezeigt hatte. "Ich hatte bereits einige Nachwuchsspieler - er ist schon außergewöhnlich, sowohl vom Talent wie auch vom Charakter", sagt Nagelsmann. "Er ist sehr demütig, will arbeiten und hört zu. Du hast nie in seiner Ausstrahlung das Gefühl, dass er abgehoben sei."

Eine Sache noch zum Titelduell: Sollte der VfL Wolfsburg so weitermachen, könnte die Meisterschaft tatsächlich erst am 34. Spieltag entschieden werden. Da kommt es am Mittellandkanal zum finalen Showdown. Aber wer glaubt wirklich, dass es kommt? Vermutlich nicht mal Thomas Müller.

Quelle: ntv.de

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