Fußball

Alles-oder-nichts für Tuchel? Was wir zum Showdown des FC Bayern wissen - und was nicht

Thomas Tuchel hat den großen Ehrgeiz, das Duell mit Lazio Rom zu gewinnen.

Thomas Tuchel hat den großen Ehrgeiz, das Duell mit Lazio Rom zu gewinnen.

(Foto: IMAGO/Ulrich Wagner)

Der FC Bayern trifft in der Champions League auf Lazio Rom (21 Uhr bei Amazon Prime und im Liveticker bei ntv.de) und muss im Achtelfinal-Rückspiel einen 0:1-Rückstand aufholen. Sollte das nicht gelingen, dürften die ohnehin schon tobenden Diskussionen um ein vorzeitiges Ende von Thomas Tuchel eine gewaltige Dynamik bekommen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Showdown in der Allianz Arena.

Kann der FC Bayern dieses Spiel gewinnen? Ja, natürlich. Dazu muss aber dieses Mal alles passen. Über 90 Minuten. Dass die Mannschaft das kann, hat sie allerdings schon länger nicht mehr nachgewiesen. Trainer Thomas Tuchel wirkt angesichts dessen zunehmend ratloser. Ob er die Kabine noch erreicht, ist die ganz große Frage. Beim 2:2 am Freitag in Freiburg stellte er seine Spieler abermals an den Pranger, warf ihnen Harakiri vor. Und dass sie auf dem Feld Dinge getrieben hatten, die so nicht geplant, geschweige denn jemals so trainiert worden waren. Als ein Adressat durfte sich Joshua Kimmich verstanden wissen, der vor allem in der ersten Halbzeit, als die Bayern 30 Minuten im Chaos versanken, auf der Position des rechten Verteidigers überfordert wirkte. Er war indes nicht der einzige Münchner.

Nun also der nächste Versuch. "Wir werden das Team pushen - dann müssen wir liefern", sagte Tuchel nach dem nächsten Dämpfer und rätselte angesichts der konstanten Inkonstanz vor sich hin: "Das Auf und Ab begleitet uns sehr lang. Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, dass wir eine Topleistung abliefern über 90 Minuten!"

Was steht sonst noch auf dem Spiel? Viel Geld! Es stehen in der Summe bis zu 43,1 Millionen Euro an UEFA-Prämien auf dem Spiel. So viel würde der Rekordmeister in dieser Saison noch kassieren, wenn er den Titel gewinnen würde. Gegen Lazio geht es zunächst einmal um 10,6 Millionen Euro, die jeder Viertelfinalist aus dem Prämientopf kassiert. Weitere 12,5 Millionen Euro brächte die Halbfinal-Teilnahme ein. Der Titelgewinn am 1. Juni im Londoner Wembleystadion wird mit 20 Millionen Euro honoriert. Der unterlegene Finalist kann sich finanziell mit 15,5 Millionen Euro trösten.

Was kann der Gegner? Vor allem verteidigen. Wie so viele italienische Mannschaften. Und so stellt Maurizio Sarri seine Spieler darauf ein, dass sie vor allem dagegen halten müssen, dass sie "leiden" werden. Aber lediglich kämpfen und hoffen, dass die Mauer hält, davon hält der Coach auch nichts. Er setzt auf Nadelstiche und "clevere" Umschaltmomente. Im Hinspiel zeigte sich immer wieder Gustav Isaksen dafür verantwortlich. Er holte gegen den ungestümen Dayot Upamecano den entscheidenden Elfmeter raus, den Sturm-Routinier Ciro Immobile verwandelte. Sarri setzt aber auch darauf, dass die Münchner bei ihrer versuchten Verfolgungsjagd irgendwann den Plan verlieren. "Ich hoffe, dass sie Räume für uns zum Genießen lassen - und auch ein Stück weit ihre taktische Ordnung verlieren, wie sie das zuletzt häufig getan haben", sagte er am Tag vor dem Spiel.

Wie möchte Tuchel das Spiel angehen? Der Coach mauerte wie so oft bei Fragen zur Aufstellung. Die Lage ist indes so: Flügelstürmer Leroy Sané könnte trotz seiner Knieschmerzen zurückkehren, dafür müsste dann entweder Routinier Thomas Müller wieder auf die Bank oder aber Mathys Tel. Das Offensiv-Juwel war gegen Freiburg allerdings eine Belebung. Upamecano ist nach seiner folgenschweren Roten Karte gesperrt. Deutlich offener war der Coach beim Plan, mit dem er das Spiel angehen will. Er setzt auf den Faktor Geduld, um in 90 Minuten oder auch einer Verlängerung mit mindestens zwei Toren Unterschied zu siegen. "Geduld ja, wenn es darum geht, nicht frustriert zu werden und nicht den Plan und den Kopf zu verlieren. Geduld nein, wenn es nur darum geht, Ballbesitz zu generieren", erläuterte er. Die "große Überschrift" des Trainers zum Spiel lautet: "Wir haben keine Zeit zu verlieren." Zwei Tore gegen italienische Mannschaften aufzuholen, so weiß auch der Tuchel, ist eine Mammutaufgabe.

Was wird aus Tuchel, wenn die Bayern ausscheiden sollten? Die Körpersprache bei der Medienrunde am Montag passte irgendwie nicht zu den kämpferischen Worten über seinen Ehrgeiz, der nicht größer sein könnte. Und auf die Frage, ob er auch das Gefühl habe, dass ein Achtelfinal-K.o. zu neuen Überlegungen über seine zum Saisonende beschlossene Trennung führen könnte, antwortete der 50-Jährige kühl: "Nicht von meiner Seite. Ich weiß, was wir vereinbart haben." Tuchel lässt die Restlaufzeit in München über sich ergehen, auch wenn ihm das Scheitern zusetzt. "Ich bin ein sehr schlechter Verlierer. Ich tue mich sehr schwer, mit Niederlagen umzugehen und nicht den Einfluss zu haben, den ich von mir selbst verlange. Es fällt mir gerade schwer, auf die schönen Seiten dieses Jobs zu blicken." Trotzdem glaubt er, "daran zu wachsen".

Wer könnte denn folgen? Die Gerüchteküche läuft fast über vor Namen. Xabi Alonso bleibt der am heißesten gehandelte Name. Aber frühestens ab Sommer, das ist eh klar. Sollte die kurze Tuchel-Ära noch früher enden, als bislang verabredet, braucht es aber einen Interim. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, wird gemutmaßt, dass Tuchels Assistent Zsolt Löw womöglich übernehmen könnte. Weil der sich aber nach der aufschreckenden Niederlage gegen den VfL Bochum (2:3) mit Joshua Kimmich heftig gezankt habe, dürfte dieses Szenario auch mit reichlich Fragezeichen versehen sein. Lothar Matthäus brachte Hermann Gerland ins Gespräch, Christoph Daum sah darin eine Riesenidee. Was ein neuer Bayern-Trainer, wann immer er kommt, mitbringen soll, das hat der langjährige Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge gerade erst verraten. "Wir müssen wieder diesen Trainer finden, der mit dieser Hingabe diesen Klub betreut, wie das Jupp (Anmerk. d. Red.: Heynckes) und Pep (Anmerk. d. Red.: Guardiola) gemacht haben." Doch Rummenigge weiß: "Das wird schwierig, weil gute Trainer leider nicht auf den Bäumen wachsen."

Wie würde das Fazit nach einem K.o. gegen Lazio ausfallen? "Sollten wir ausscheiden, würde die Saison schlecht enden, sehr schlecht", sagte Rummenigge der "Gazzetta dello Sport". Es sei "keine ausgemachte Sache, dass Bayern das Achtelfinale übersteht." Die Mannschaft müsse sich "den Sieg verdienen". Ansonsten bliebe den Bayern nur eine geringe Restchance in der Liga, um eine Saison ohne Titel zu verhindern. Nach elf Triumphen in Serie sei es zwar "kein Drama", sollte Bayer Leverkusen in diesem Jahr die Meisterschaft holen. "Aber man muss eine Saison mit Stil und Würde spielen", sagte Rummenigge.

Quelle: ntv.de, tno/dpa/sid

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