Fußball

"Choupo" droht fixe Ernüchterung Der vergessene Stürmer heilt Bayerns Wunde

Er hat geliefert: Eric-Maxim Choupo-Moting.

Er hat geliefert: Eric-Maxim Choupo-Moting.

(Foto: AP)

Der FC Bayern verhindert eine erneute Pokalblamage in der 2. Runde. Nach den Knockouts zuletzt setzt sich die Mannschaft nun beim FC Augsburg durch. Auch dank Eric-Maxim Choupo-Moting. Der Stürmer, der fast immer nur Ersatz war, bietet sich für Größeres an.

In ausgewiesene Trainerdinge lassen sich Trainer nicht gerne reinreden. Schließlich wittern Trainer einen Angriff auf die Kompetenz, wenn ihnen jemand in ausgewiesene Trainerdinge hineinredet. Julian Nagelsmann, der Chef des FC Bayern, bildet da keine Ausnahme. Oder doch? Nun, die Lage ist so: Beim Rekordmeister haben sie nach (ergebnis-)schwachen Wochen wild darüber diskutiert, ob es nicht doch besser sei, der Mannschaft einen Mann im Sturmzentrum zu schenken. Ob ein klassischer Neuner nicht doch helfen könnte, die gravierenden Probleme im Abschluss zu beheben. Sogar die Alphatiere des Vereins erhoben ihre Stimme und formulierten Plädoyers für die Zentrums-Spezies. Denn die Probleme, der Abschlusskrampf, hatten das Team in der Liga vier Mal in Folge nicht gewinnen lassen und den Druck auf Nagelsmann erhöht. Alarm an der Säbener Straße. Wieder einmal.

Doch die lauten Sirenen sind bereits wieder verklungen. Der FC Bayern gewinnt (meistens, eine Ausnahme war das surreale 2:2 beim BVB) wieder und das auch sehr deutlich. Unter anderem am Mittwochabend in der 2. Runde des DFB-Pokals. Beim FC Augsburg - ein Team, das den Münchnern immer wieder zusetzt - gab es einen 5:2 (1:1)-Erfolg. Und das auch, weil ein klassischer Neuner, weil Eric-Maxim Choupo-Moting mitspielte. Zweimal traf der 33-Jährige. So erzielte er das wichtige 1:1 nach einer dominanten Phase des FC Augsburg (27.). Es war ein kurioser Treffer, eine unklare Mixtur aus Glück und Schlitzohrigkeit. Aus kurzer Distanz und spitzem Winkel schob er den Ball ins Tor, Ersatzkeeper Tomas Koubek lauerte auf einen Pass ins Zentrum und hatte die Lücke am Pfosten offengelassen. Und später gelang Choupo-Moting das 3:1 (59.), ein klassischer Abstauber zur Vorentscheidung. Die Neuer-Frage war wuchtig beantwortet. Wieder einmal.

Plötzlich Stammkraft - oder nicht?

Schon am Sonntag war der Stürmer aus der sportlichen Non-Relevanz urplötzlich aufgetaucht. Im Topspiel gegen den SC Freiburg stand er völlig überraschend in der Startelf - und traf. Auf eine Weise, die ihm später Weltklasse-Komplimente zuflattern ließ. Im Strafraum hatte er sich prima freigelaufen, seinen Gegenspieler Matthias Ginter mit einer cleveren Armbewegung vom Leib gehalten und aus der Drehung sehr platziert geschossen. Ein echtes Stürmertor. Von einem echten Stürmer. Von einem, den man in München irgendwie ganz vergessen hatte, wenn es darum ging, wie das Erbe von Robert Lewandowski zu verteilen war. Auch weil Nagelsmann für Spielertypen wie Choupo-Moting eigentlich keine große Liebe empfindet. Was er bereits bei seinen Stationen in Hoffenheim und Leipzig mehrfach ausgelebt hatte. Nur in München, da kam er an Lewandowski nicht vorbei.

Ob Choupo-Moting nun die Dauerlösung ist oder in den kommenden Spielen wieder rausrotiert? Nun, mit seinen Toren und seiner Präsenz therapiert er zumindest das Fremdeln des Trainers gegen einen zentralen Mann. Und was sagt der Coach? Nagelsmann holt sich vorerst die Hoheit in der ausgeuferten Debatte zurück - und bemüht die schnöde Alles-kann-nichts-muss-Floskel. In ausgewiesene Trainerdinge lassen sich Trainer ja nicht gerne reinreden. Zumal Nagelsmann heftig damit hadert, auch aus den eigenen Boss-Reihen noch immer als Talent hingestellt zu werden (also sich beweisen zu müssen). "Wir müssen schauen. Er ist nach der langen Zeit noch nicht so im Rhythmus und kann nicht alle drei Tage 70, 80 Minuten spielen. Und es kommt ein bisschen auf den Gegner an und wie wir sonst drum herum spielen." Doch bei Choupo-Moting wächst das Selbstvertrauen. "Ich vertraue meinen Qualitäten", meinte er, "und weiß, dass ich der Mannschaft helfen kann". Auch gerade jetzt, wo der formstarke Leroy Sané länger ausfällt, ein Kingsley Coman noch um Anschluss nach Verletzung sucht, und der nachdenkliche Weltstar Sadio Mané vor sich hin kriselt.

Tatsächlich hatte der 33-Jährige in den vergangenen beiden Pflichtspielen 150 Spielminuten absolviert - fast so viele wie in den vorausgegangenen 15 Spielen der Saison (167 Minuten). Seine Bilanz ist sehr ordentlich: Neun Einsätze, vier Treffer (drei davon in den vergangenen zwei Partien) und zwei Vorlagen. Choupo-Moting liefert. "Er hat es wieder sehr gut gemacht. Er hat seine Trainingsleistung fortgesetzt, was nicht so leicht ist", lobte Nagelsmann: "Wir sind sehr froh, dass er bei uns im Kader ist."

Bayerns Traum von der Top-Lösung

Der Stürmer spielt sein drittes Jahr in München. In der wilden Last-Minute-Transferflut des Sommers 2020 war er gemeinsam mit Douglas Costa, Bouna Sarr und Marc Roca an der Säbener Straße angespült worden - und setzte sich als Einziger des Quartetts in seiner Rolle durch, obwohl er der überraschendste Transfer von Sportvorstand Hasan Salihamidzic war. Niemand hatte diesen Deal auf dem Zettel. Ein Jahr sollte er bleiben, doch nach starken Leistungen unter Hansi Flick (32 Spiele, 9 Tore, eine Vorlage) wurde sein Vertrag um zwei Jahre verlängert. Im kommenden Sommer läuft er aus. Und dann? Arbeiten die Münchner an einer großen Lösung? Superstar Harry Kane hat den Bossen den Kopf verdreht. Auch der Gladbacher Marcus Thuram soll für Schwärmereien sorgen. Und dahinter lauert ja das Supertalent Mathys Tel, das seine herausragenden Qualitäten schon gezeigt hat.

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Also kein Platz mehr für Choupo-Moting? "Lassen wir ihn jetzt mal ein bisschen spielen", sagte Salihamidzic dazu: "Er macht das sehr gut, wir wissen, was wir an ihm haben - und er, was er an uns hat." Denn nicht nur auf dem Platz ist der Stürmer, dem man einst nachsagte, eher beim Warmmachen als beim Pflichtspielen eine Augenweide zu sein, wichtig, sondern auch als sozialer Kitt im Team. Er gilt als wichtiger Mann für die Kabine. Schon im komplizierten Pariser Starensemble, wo er vor seinem Bayern-Engagement aktiv war, mit diesen Riesen-Egos um die Superstars Neymar und Kylian Mbappé war er äußerst beliebt und gut für die Stimmung.

In vier Spielen im DFB-Pokal für die Münchner erzielte Choupo-Moting - mehrheitlich gegen unterklassige Gegner - acht Tore. "Ich bin immer gerne im DFB-Pokal dabei", sagte er nach seiner Top-Leistung in Augsburg. "Klar ist unser Ziel, ins Finale zu kommen und den Pokal zu gewinnen. Das ist der Anspruch des FC Bayern." Klubboss Oliver Kahn hat den Termin, so bekannte er zuletzt bei der Jahreshauptversammlung, rot im Kalender notiert. Tore von ihm können die Münchner bei diesem Ziel gut gebrauchen. "Choupo ist ein super Spieler. Er hat eine super Präsenz vor dem Tor", sagte Mitspieler Jamal Musiala. "Wenn er vorne vor dem Tor ist, bin ich sicher, er macht den rein. Es macht richtig Spaß, mit ihm zu spielen." Zwei Spiele, drei Tore und zwei Vorlagen - "alle lieben Choupo", titelten die Bayern am Donnerstag auf ihrer Homepage. Alles andere sind Trainerdinge.

(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 20. Oktober 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, tno

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