Bayern endgültig FC Hollywood Quarantäne, Gehaltsärger und Lewandowski-Zoff
22.11.2021, 16:38 Uhr
Die Unruhe bei Bayern München will nicht enden. Es geht immer noch um Kimmich & Co, den Ausweg aus der Impf-Krise. Ein Maulwurf treibt sein Unwesen. Auch in Polen geht es um den FCB. Superstar Lewandowski ist unter Beschuss, weil ihm die Nationalmannschaft nicht so wichtig war.
Hasan Salihamidžić holte zum Rundumschlag aus. Der Sportvorstand der Bayern wetterte gegen BVB-Profi Marco Reus, weil der frühzeitig von der Nationalelf abgereist war. Er solle "die Klappe halten", zürnte Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc. Ein kleiner Bundesliga-Zoff Anfang September, um die große Frage der Belastungssteuerung. Einer, der längst in Vergessenheit geraten ist. Zu viel ist seither passiert.
Zwei Monate später: Deutschland befindet sich inmitten der vierten Welle der Corona-Pandemie. Die Aufregung um das ungeimpfte Bayern-Quintett Joshua Kimmich, Serge Gnabry, Jamal Musiala, Eric-Maxim Choupo-Moting und Michael Cuisance will nicht abreißen. Immer wieder müssen die Spieler in Quarantäne. Unruhe bei den Bayern. Unruhe überall. Auch bei der polnischen Nationalmannschaft rund um Robert Lewandowski. Der hatte auf einen Einsatz beim letzten WM-Qualifikationsspiel gegen Ungarn verzichtet. Nicht wegen Corona, aber weil er eine Pause brauchte. Gut für die Bayern, da sein Vertreter, Choupo-Moting, mal wieder ausfällt.
"Mannschaft wird nicht zerbrechen"
Die Quarantäne, der Impfstatuts, die Gehaltskürzungen. Das ist natürlich auch das Thema bei der Pressekonferenz vor dem Spiel bei Dynamo Kiew in der Champions League, bei dem bereits ein Punkt für den Gruppensieg langt. "Ich glaube nicht, dass die Mannschaft an der Situation zerbricht", sagt Trainer Julian Nagelsmann, der in den Fragen immer wieder mit der Situation konfrontiert wurde. Die beinhaltet seit einigen Tagen auch die Frage nach einem neuen Maulwurf an der Säbener Straße, der immer wieder neue Entwicklungen ans Tageslicht befördert und zuletzt die Debatte um die Gehaltskürzungen für ungeimpfte Spieler befeuerte. Das sei, sagte Nagelsmann, natürlich unglücklich, wenn "Interna ausgeplaudert" werden, aber letztendlich auch "keine Dinge, die unseren sportlichen Erfolg extrem gefährden."
Immer wieder versucht Bayern-Pressesprecher Dieter Nickles das Gespräch auf die sportlichen Dinge zu legen. Doch vor dem recht bedeutungslosen Spiel in Kiew gibt es dringendere Themen. Für die K.o.-Phase der Champions League ist der deutsche Rekordmeister längst qualifiziert. "Wir haben nicht diesen Ergebnisdruck", sagt der Bayern-Trainer: "Wir haben trotz der acht Ausfälle immer noch eine gute Mannschaft auf dem Platz. Wir reisen nicht mit irgendeiner Thekentruppe an."
Aber eben auch nicht mit den besten Spielern. Neben den fünf Quarantäne-Profis Kimmich, Gnabry, Musiala, Choupo-Moting und Cuisance fehlen noch die positiv getesteten Niklas Süle und Josip Stanisici, die frühestens gegen Arminina Bielefeld wieder im Kader stehen werden, und der gesperrte Dayot Upamecano. Zwei weitere Spieler, Marcel Sabitzer und Kingsley Coman, könnten sich noch einreihen. Beide sind angeschlagen. Die Bayern wollen kein Risiko eingehen und gravierendere Verletzungen riskieren. Belastungssteuerung unter Corona-Bedingungen. Nicht so einfach. In der Bundesliga geht es erst gegen Bielefeld, dann zum Top-Spiel nach Dortmund, die da sein wollen, wenn der FC Bayern in Quarantäne ist und trotz ernüchternder Leistungen und Verletzungsproblemen nur einen Punkt hinter dem Rekordmeister liegen.
"Wir haben keine vernünftige Erklärung gehört"
Bei all den Ausfällen - und der konstanten Quarantäne-Drohung für die Spieler ohne Impfung - kam es den Bayern da mit Sicherheit nicht ungelegen, dass Stürmerstar Robert Lewandowski seine Belastung bei der Nationalmannschaft steuerte. Beim wichtigen WM-Qualifikationsspiel seiner Polen gegen Ungarn hatte er bei Nationaltrainer Paulo Sousa um eine Pause gebeten. Sie hatten sich zuvor mit einem Sieg gegen Andorra für die Playoffs qualifiziert. Nach oben ging es nicht mehr. Aber noch drohte der Abstieg in die Gruppe der ungesetzten Teams in den Playoffs. Also kein Heimrecht im ersten K.o.-Spiel, und ein wahrscheinlich stärkerer Gegner noch dazu.
Lewandowski spielte nicht. Polen verlor gegen Ungarn. Ein paar andere Ergebnisse liefen gegen sie. Sie stiegen ab in die Gruppe der ungesetzten Teams. Die Aufregung war groß. Hatte Lewandowski seine Nationalmannschaft im Stich gelassen? Oder Nationaltrainer Paulo Sousa einen Fehler begangen? Und waren die Bayern involviert? Der Rekordmeister streitet das glaubwürdig ab, obwohl er nun davon profitiert.
"Die Dinge bei der Nationalmannschaft waren klar besprochen. Mit dem Nationaltrainer und mit Lewy. Da war jetzt nichts von uns gesteuert, von uns angeschoben. Das mal vornweg", sagte Nagelsmann: "Natürlich ist auch bei Lewy eine gewisse Steuerung wichtig. Jetzt ist sein 1A-Vertreter mit einem ähnlichen Positionsprofil, Choupo-Moting, in Quarantäne. Deswegen wird er jetzt nicht so viel Pause kriegen, weil wir in den nächsten zwei Spielen offensiv nicht so viel nachlegen können. Deswegen ist es gut, dass er da mal eine Pause gekriegt hat."
Den Polen ist das egal. Sie sind sauer. Stocksauer. "Es war das letzte Spiel in der WM-Qualifikation, zudem ein extrem wichtiges Spiel in einem ausverkauften Nationalstadion", sagt Jacek Stańczyk, Chefredakteur der polnischen Sportseiten Onet Sport/PrzegladSportowy.pl, im Gespräch mit ntv.de: "Und Lewandowski spielt nicht. Obwohl er nicht verletzt ist. Obwohl sonst auch nichts war. Es ist kaum zu verstehen, wir haben bislang auch noch keine vernünftige Erklärung gehört. Eine Situation, in der einfach alles verkehrt gelaufen ist."
Die wildesten Thesen schwirren umher. Wenig ist klar. Die offizielle Version geht so: Bereits vor dem Andorra-Spiel vereinbarten Sousa, der Lewandowski erst kürzlich mit Michael Jordan verglich, und der Bayern-Stürmer eine Pause im Spiel gegen Ungarn, für den Fall der bereits feststehenden Qualifikation für die Playoffs.
Lewandowskis Status angekratzt
Doch nach der Niederlage wurde es ungemütlich, die Version hielt sich nicht lange in der polnischen Presse. Die berichtete, dass Lewandowski diese Entscheidung für sich getroffen hatte, der Trainer sich nicht gegen ihn stellen wollte. Sie holten schweres Geschütz raus. Von einer Geburtstagsfeier mit einem Multimillionär ist da die Rede, von Aufnahmen für seine Amazon-Dokumentation, die ihm wichtiger waren als das Spiel. In manchen Berichten wird spekuliert, dass den beteiligten Personen nicht einmal klar war, um was es in dem Spiel ging: um das Heimrecht in der ersten Playoff-Runde. Allerhand Anschuldigungen, die sich kaum belegen lassen, die jedoch dokumentieren, wie wütend die Reaktionen in dem Land waren, in dem der Bayern-Stürmer längst zu einem Nationalheiligtum geworden ist. Dieser Status ist nun angekratzt. Für einen Spieler wie Lewandowski, der immer auch nach Anerkennung strebt, eine ungewohnte Situation.
Beim Spiel gegen Ungarn war Lewandowski trotzdem auf der Bank. Aber nicht, weil er urplötzlich doch im Kader stand und das Spiel vielleicht doch noch hätte drehen können, sondern vielmehr, weil es keine andere Möglichkeit gab. Er habe nicht auf der Tribüne des Stadions Platz genommen, weil ihn die Fans sonst wahrscheinlich die ganze Zeit angesprochen hätten, erklärte ein Sprecher des polnischen Verbandes den Medien. So saß Lewandowski auf der Bank, verfolgte die Niederlage, geriet in die Kritik, erklärte auf der Verbandswebseite, dass er sich nie geweigert habe, für die Nationalmannschaft zu spielen. Doch die Kritik reißt bis heute nicht ab. Hasan Salihamidžić hat Lewandowskis Fehlen im entscheidenden Qualifikationsspiel noch nicht kommentiert. Er hat momentan sicher andere Sorgen.
Quelle: ntv.de