Fußball

6 Dinge, gelernt am 25. Spieltag FCB lässig, BVB hilflos, HSV dreht frei

Fester Bestandteil der bayrischen Destroika: Robert Lewandowski.

Fester Bestandteil der bayrischen Destroika: Robert Lewandowski.

(Foto: imago/MIS)

Die aufmüpfigen Bremer stecken in der Fußball-Bundesliga kräftige Watschn des FC Bayern ein - auf und neben dem Rasen. Der BVB lässt Schlimmes für die Champions League ahnen, während der HSV den Sinn für die Realität verliert.

1. Die Bayern strafen gnadenlos

Was tat den Bremern an diesem 25. Spieltag der Fußball-Bundesliga eigentlich mehr weh? Die Aufstellung Josep Guardiolas, der meinte, gegen Werder ruhig auf Manuel Neuer verzichten zu können? Die aufreizende Lässigkeit, mit der die Bayern die 2:0-Halbzeitführung einfuhren? Die beiden Tore, mit denen der Rekordmeister die giftige Spielweise Werders in der zweiten Hälfte humorlos konterte? Oder die Gönnerpose, mit der Matthias Sammer in der "Puck"-Affäre auf ein Nachtreten verzichtete?

Was auch immer Werders Sportdirektor Thomas Eichin mit seiner Attacke auf die angeblichen Schiedsrichter-Lieblinge vom FC Bayern Anfang der Woche bezweckte - es war so wirkungslos wie das Säbelrasseln von Yanis Varoufakis in Richtung EU. Die Destroika aus Thomas Müller, David Alaba und Robert Lewandowski schuf Fakten, und Matthias "Schäuble" Sammer behielt das letzte Wort: "Das Thema ist durch." Frei übersetzt: Klappe zu, Winzlinge.

Angemessen unterwürfig präsentierte sich dann auch Bremens Trainer Viktor Skripnik: "Ich bin stolz auf das 0:4", sagte er. Auch folgender Satz war offensichtlich sein voller Ernst: "Im Hinspiel haben wir 0:6 verloren ohne einen Torschuss, und jetzt ein 0:4, das zeigt eine Entwicklung." Genau, und zwar die Entwicklung der Liga: Außer dem VfL Wolfsburg, der Mönchengladbacher Borussia, Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 rechnet sich offenbar keiner mehr auch nur den Hauch einer Chance gegen die übermächtigen Bayern aus. Zu Recht.

2. Der BVB hat wirklich ein strukturelles Problem

Aus der Reihe "Dinge, die man vor der Saison so auch nicht gedacht hätte": Aus den vier Spielen gegen den HSV und den 1. FC Köln hat der BVB nur zwei Punkte geholt. Es hätte auch ein Zähler weniger sein können, wenn der FC im Topspiel am Samstag im Westfalenstadion seine Chancen konsequent genutzt hätte. So stand für den Aufsteiger immerhin das siebte 0:0 der Saison zu Buche, so oft hat noch nie ein Team in der Bundesliga torlose Remis gespielt.

Keine Ausreden mehr: Jürgen Klopp.

Keine Ausreden mehr: Jürgen Klopp.

(Foto: imago/Thomas Bielefeld)

Zwar moserte Jürgen Klopp nach dem Spiel über die Mauertaktik des FC, aber Dortmunds Trainer muss sich die Frage gefallen lassen, warum sein Team den Abwehrriegel seines Kollegen Peter Stöger nicht knacken konnte - im Gegensatz zu etwa dem FC Bayern München oder Bayer Leverkusen. Nach nun zwei torlosen Unentschieden in Folge steht fest: Der BVB hat gegen clever verteidigende Mannschaften so seine Probleme. Nicht, weil die besten Offensivkräfte fehlen. Nicht, weil die Dortmunder einfach einen schlechten Lauf haben. Diese Ausreden sind aufgebraucht. Es fehlte schlicht und ergreifend das Rezept. Marco Reus brachte es auf den Punkt: "Wir konnten einfach nicht genügend Torchancen herausspielen. Genau das müssen wir uns vorwerfen lassen." Die gute Nachricht für den BVB ist: An diesem Mittwoch (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) steht endlich wieder die Kür an - in der europäischen Königsklasse lief es in dieser Saison ja bislang wesentlich besser als in der nationalen Liga. Die schlechte Nachricht ist: Mit Juventus Turin kommt ein Team, das, bei allem Respekt, an einem guten Tag in der Defensive doch noch ein klein wenig sattelfester steht als der 1. FC Köln.

3. Schalke bleibt ein Rätsel

Die Gretchenfrage auf Schalke lautet: Ist das eine durchschnittliche Mannschaft, die manchmal aufregende Leistungen zeigt? Oder eine aufregende Mannschaft, die oft nur durchschnittliche Leistungen zeigt? Das Spiel gegen Hertha BSC gab keine endgültige Antwort, nur Hinweise. Einer davon war das 1:1 durch Leroy Sané, ein, Verzeihung, Sahnetor, das nicht viele 19-Jährige so abgezockt machen würden. Der zweite Hinweis: Nach dem späten 1:2-Rückstand, bei dem Torwart Timon Wellenreuther wie beim 0:1 patzte, steckte Schalke nicht auf, sondern erzielte eine Minute vor Schluss noch das 2:2. "Vielleicht ist dieser gewonnene Punkt am Ende der Saison ja der entscheidende", sagte Trainer Roberto di Matteo anschließend versöhnlich. Und dann war da noch die Aussage von Hertha-Torschütze Änis Ben-Hatira. Der ärgerte sich über den Last-Minute-Gegentreffer: "Wir müssen die Nachlässigkeiten abstellen, so etwas wird von Spitzenteams wie Schalke eiskalt bestraft." Also doch: Schalke, ein Spitzenteam? Weitere Hinweise dann nächsten Samstag im Spiel gegen Leverkusen.

4. Masken-Jubel muss nicht infantil sein

Okay, Herr Klopp, wir geben es zu, wir sympathisieren mit Marcel Reif. Wir finden gar nichts mehr witzig. Schon gar nicht, wenn sich Fußballprofis mehr Gedanken über ihre Jubel-Choreographien machen als über das Spiel. Solcherart grundverstockt, lautete unsere erste Reaktion auf den Spiderman-Jubel von Änis Ben-Hatira: Och nö. Nicht lustig, nicht originell. Wo ist die Dreifachbestrafung, wenn man sie braucht? Wir irrten. Gewaltig. Ben-Hatira hat an diesem Nachmittag ein Versprechen an einen krebskranken Achtjährigen eingelöst. Er hat sich damit eine gelbe Karte eingehandelt - und eine Menge Sympathien.

Große Gefühle auch in Frankfurt: Dort setzte die Eintracht mit dem dritten Sieg in Folge die starke Heimserie fort. Beim 4:0 gegen Paderborn traf Alex Meier doppelt, 19 Treffer im Eintracht-Dress gelangen zuletzt einem gewissen Tony Yeboah, der am Ende der Saison 1992/1993 stattliche 20 Tore auf dem Konto hatte. Das Tor des Tages gelang aber Nelson Valdez. Der Stürmer kehrte nach 196 Tagen Verletzungspause auf den Platz zurück und markierte mit einem ausgebufften Lupfer den Endstand. Es war sein erster Bundesliga-Treffer seit dem 18. April 2010.

5. Die Null muss länger als 30 Minuten stehen

So ein Abstiegskampf, der ist lustig - wenn man nicht mittendrin steckt. Dann kann man so ein Slapstick-Tor wie das 1:0 der Leverkusener gegen Stuttgart einfach nur genießen. Florian Klein schießt Daniel Schwaab einen Klärungsversuch an den Kopf, der Ball trudelt aus dem VfB-Strafraum, Christian Gentner und Daniel Ginczek weichen zielsicher aus, Wendell nimmt das Geschenk dankend an und schießt ein. Vergessen die starke erste halbe Stunde des Tabellenletzten. "Bis zur 30. Minute habe ich einen der besten Auftritte meiner Mannschaft in dieser Saison gesehen", sagte VfB-Trainer Huub Stevens.

Wie lange er das Team noch seine Mannschaft nennen darf, weiß wohl nur Robin Dutt. Der Sportdirektor, der in dieser Saison bislang weder mit Bremen noch mit Stuttgart einen Sieg bejubeln durfte, sprach Stevens die "volle Rückendeckung" aus. Es klang wie das berühmte "vollste Vertrauen", das Angela Merkel stets jenen Ministern zusichert, die kurz danach ihr Büro räumen müssen.

6. Der HSV ist nicht zu stoppen

Sagt HW4, und wenn Heiko Westermann das sagt, sollte die Konkurrenz sich schon einmal Ferngläser besorgen. Ja gut, der HSV hat gerade eine völlig verdiente 0:3-Pleite in Hoffenheim kassiert, nur zwei Punkte aus den letzten fünf Spielen geholt und nur zwei Zähler Vorsprung auf den Relegationsrang 16. Aber hey, der Hamburger Sportverein hat immer noch seine ruhmreiche Vergangenheit und damit logischerweise auch eine verheißungsvolle Zukunft vor sich. Also sprach Heiko Westermann im "Kicker": "Wenn wir es schaffen, die Stimmung zu drehen, dann sind die Möglichkeiten in dieser Stadt riesig. Ich bin der festen Überzeugung, dass der HSV nicht zu halten wäre, wenn er endlich wieder ins Rollen kommt." Ein völlig richtiger Satz, noch dazu zum völlig richtigen Zeitpunkt. Man kann zu so viel Realitätssinn nur gratulieren. Ach so, und diese Saison? Wird schon schief gehen. Oder, Rene Adler? "Wir holen mal ein paar Punkte, dann lassen wir was liegen, das geht bis zum letzten Spieltag so. Das sind wir gewohnt aus der letzten Saison, deswegen machen wir uns nicht verrückt." Na bitte, läuft doch beim HSV.

Quelle: ntv.de

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