Eil-Vergabe der Mega-WM? Fifa berät fragwürdige Dinge
08.05.2017, 17:53 Uhr
Lieber vorher schon mal entscheiden: Gianni Infantino.
(Foto: imago/ITAR-TASS)
Mit DFB-Präsident Grindel tagt in Bahrain erst das Fifa-Council, dann der Kongress. Wieder stehen fragwürdige Entscheidungen auf der Agenda. Sogar die Weltmeisterschaft 2026 könnte schon vergeben werden. Und Fifa-Präsident Infantino? Er will seine Macht festigen.
Als Reinhard Grindel in der Wüste aus dem Flieger stieg, hatte der Präsident des DFB eine harte Woche vor sich. Beim Kongress des Fußball-Weltverbandes in Bahrain stehen - wieder einmal - fragwürdige Entscheidungen auf der Agenda. Darunter die mögliche Absetzung der Chef-Überwacher, der Fifa-Ethiker, die einigen im erneut erschütterten Fußball-Weltverband zu unbequem sind, die Eil-Vergabe der Mega-WM 2026 und die Statuten, durch die Fifa-Präsident Gianni Infantino seine Macht festigen will.

"Die Lage entspricht im Grundsatz unserer Problematik im Deutschen Fußball-Bund": Reinhard Grindel.
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Was soll sich ändern? Unter anderem will Infantino das so genannte Council-Büro stärken. In diesem sitzen der Schweizer selbst und die sechs Präsidenten der Kontinentalverbände. Das Büro, das dann mehr Entscheidungen in Eigenregie treffen soll, ist deutlich kleiner als das eigentliche Council, das aus 37 Mitgliedern besteht. Beispielsweise hatte das Gremium die heiß diskutierte Verteilung der WM-Startplätze für 2026 bereits am 30. März entschieden - das Council soll nur noch absegnen.
Was bedeutet das für den Fifa-Neuanfang? Schwer zu sagen. Die Kritik an der neuen Führung dürfte nicht leiser werden - auch wenn Infantino alles als total transparent und glaubwürdig verkaufen wird. Ohnehin ist die Fifa-Krise noch lange nicht vorbei. Erst vor wenigen Tagen war Strippenzieher Scheich Ahmad Al Fahad Al Sabah von allen seinen Fußballämtern, also auch aus dem Council, zurückgetreten, weil sein Name - zumindest indirekt - in einem von den US-Ermittlern aufgedeckten Korruptionsskandal gefallen war. "Die Lage entspricht im Grundsatz unserer Problematik im Deutschen Fußball-Bund", sagte Grindel: "Es handelt sich oftmals um Sachverhalte aus der Vergangenheit, die jetzt in der Phase des Neuanfangs der Fifa ans Licht kommen und den Eindruck erwecken, als hätte sich substanziell nichts geändert. Das wäre ungerecht, viele Sachverhalte liegen ja offenbar Jahre zurück." Ohne Frage müsse "lückenlos aufgeklärt werden und es müssen entsprechende Konsequenzen gezogen werden". Aber: "Verfehlungen der Vergangenheit kann man fairerweise der neuen Fifa-Führung nicht ankreiden. Es ist es gut, dass durch die US-Ermittlungen die Fehler der Vergangenheit zutage treten und die Fifa-Affäre aufgeklärt werden kann."
Wieso soll die WM 2026 schon vergeben werden? Tatsächlich stünde diese eilige Vor-Vergabe im Widerspruch zu den bisherigen Verfahren. Ursprünglich sollte die WM 2026 sogar erst im Jahr 2020 vergeben werden. Der Antrag kommt von den gemeinsamen Bewerbern USA, Kanada und Mexiko. Sie versprechen sich mutmaßlich Planungssicherheit, im Fall von Mexiko in politisch angespannten Zeiten, in denen der US-Präsident Donald Trump über den Bau einer Mauer an der gemeinsamen Grenze spricht. Zudem wird es kaum Konkurrenz geben. Länder aus Europa und Asien fallen wegen der Endrunden 2018 in Russland und 2022 in Katar raus. Weitere Ausrichter, die das Mammut-Ereignis, an dem erstmals 48 statt 32 Mannschaften teilnehmen werden, stemmen könnten, sind nicht in Sicht. Der Kongress könnte das Turnier am Donnerstag faktisch vergeben. Zur Abstimmung vorgelegt würde zwar nur eine Vorvergabe unter der Bedingung, dass im Nachhinein die Voraussetzungen erfüllt werden. Daran würde aber kaum Zweifel bestehen. In den USA könnte die WM angesichts der Infrastruktur und Stadien schon morgen stattfinden.
Was sagt der DFB? Grindel hat "durchaus Sympathie" für die Dreier-Bewerbung, und der DFB-Boss ist der Ansicht, "dass sie am Ende sehr gute Chancen haben wird". Allerdings sei eine zu eilige Vorvergabe genau zu prüfen. "Im Interesse von Good Governance sollte überlegt werden, ob eine Vorfestlegung wirklich klug ist, oder an einem geregelten Bewerbungsverfahren festgehalten werden sollte", sagte Grindel, der mit dem Weltmeister-Verband selbst eine langwierige Bewerbungsphase für die EM 2024 durchläuft.
Was steht der Wiederwahl der Ethiker im Wege? Der Schweizer Chefermittler Cornel Borbely und der deutsche Richter Hans-Joachim Eckert sind zwar eingeladen. Sie haben sich mit den Suspendierungen von zahlreichen, teils hochrangigen Fifa-Mächtigen aber innerhalb des Weltverbands Feinde gemacht: Sie sind unbequem. Grindel sagt dazu: "Ich bin dafür, dass Eckert und Borbely ihre Arbeit fortsetzen, weil sie zur Wiederherstellung der Integrität der Fifa einen entscheidenden Beitrag geleistet haben." Er gehe davon aus, dass beide zur Wiederwahl vorgeschlagen werden.
Quelle: ntv.de, Jan Mies, sid