Schweizer Klüngel-Vorwurf Fifa vergab günstige WM-Tickets an Richter
17.10.2015, 14:21 Uhr
Haben Zürcher Richter und Staatsanwälte ihre Stellung ausgenützt, um auf die fast unerreichbaren Plätze zu gelangen? Im Bild die deutschen Spielerfrauen beim WM-Spiel 2006 gegen Argentinien.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Von Italia 90 bis zum Sommermärchen 2006 in Deutschland: Bei den WM-Finalspielen saßen immer ranghohen Richter und Staatsanwälte aus Zürich auf der Tribüne. Sie bekamen Eintrittskarten von der Fifa-Spitze - zu einem sehr günstigen Preis.
Einmal im Leben ein WM-Finale live erleben. Davon träumen Millionen Fußballfans. In Erfüllung geht der Traum für die allerwenigsten. Eine Gruppe von Zürcher Juristen hingegen hatte gleich mehrfach das Vergnügen. Der Fußball-Weltverband Fifa soll einem Bericht zufolge Richtern und Staatsanwälten auf entsprechende Anfragen Karten zur Verfügung gestellt haben.
Von Italia 90 bis zum WM-Sommermärchen 2006 in Deutschland sollen diese laut der Schweizer Zeitung "Tagesanzeiger" in wechselnder Formation auf der Tribüne gesessen haben. Demnach haben die Justiz-Angehörigen die Karten schriftlich beim Weltverband angefordert. Die Bestellungen sollen zum Teil sogar über den derzeit suspendierten Präsidenten Joseph Blatter gelaufen sein.
Zwar hätten die Staatsanwälte und Richter, so berichtet der Tagesanzeiger unter Berufung auf einen Fifa-Insider, die Tickets selbst bezahlt – allerdings zu Preisen, die deutlich unter dem Marktdurchschnitt gelegen hätten.
Verstoß gegen Berufsethik
Um die Tickets für die Gruppe zu erhalten, habe er eine "normale nette Bewerbung" an die Fifa geschrieben, sagte etwa der langjährige Präsident des Zürcher Arbeitsgerichts, Hans-Peter Egli, der Schweizer Zeitung "Tagesanzeiger". "Mal waren es bessere, zum Beispiel Haupttribüne, mal waren es schlechtere, in der Kurve", erklärte der pensionierte Egli. Ob er in seiner Funktion beruflich mit der Fifa zu tun gehabt habe, wollte Egli nicht sagen.
Eine mögliche Vorteilsannahme sieht Egli nicht, da die Karten bezahlt worden seien. Der frühere Fifa-Antikorruptionsberater Marc Pieth sprach dagegen von einem möglichen "Verstoß gegen die Berufsethik". Der langjährige Oberstaatsanwalt Andreas Brunner, der drei WM-Endspiele als Zuschauer verfolgte, räumte ein: "Hätte ich bei der Spitze der Fifa unter Angabe meines Namens und meiner Funktion ein Ticket bestellt oder bestellen lassen, hätte selbstredend ein Interessenkonflikt bestanden."
Die Schweizer Justiz steht seit Jahren in der Kritik, zu lasch gegen Straftaten innerhalb der Fifa vorzugehen. 2002 hatte die Bezirksanwaltschaft Zürich ein Verfahren gegen Blatter wegen des Vorwurfs der Veruntreuung eingestellt.
Quelle: ntv.de, dsi/dpa