Fußball

Irritierender Monolog des Coachs Flick moderiert erstmals seinen Abgang an

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(Foto: dpa)

Der FC Bayern verspielt den zweiten Titel in dieser Saison. Auf die Pokal-Blamage bei Holstein Kiel folgt gegen Paris St. Germain ein bitteres Aus in der Champions League. Aber nach dem Knock-out schauen alle nur auf Hansi Flick. Aus gutem Grund.

Ob Lothar Matthäus wusste, was er da redete? Pardon, die Frage müsste ein wenig anders, ein wenig präziser lauten: Ob Lothar Matthäus wusste, was er mit seinem preisgegebenen Wissen lostreten würde? Eine Antwort auf die erste und auch die zweite (bessere) Frage gibt es nicht. Ebenso wenig, wie es eine Antwort gab/gibt, ob Hansi Flick auch nach dieser Saison noch der Trainer des FC Bayern ist. Angesichts der Mahnung, dass er auf Fragen zu seiner Zukunft nur noch knapp mit "Nächste Frage" antworten wollte, war ein neuer Erkenntnisgewinn für diesen Dienstag auch nicht eingeplant. Dann aber kam eben dieser Dienstag, mit ihm das Aus des FC Bayern im Viertelfinale der Champions League bei Paris St. Germain - und dann kam Lothar.

Der plauderte nach dem surrealen 1:0 (1:0)-Erfolg der Münchner (wegen des 2:3 im Hinspiel gab's das frühe Scheitern) freimütig aus, dass der DFB bereits mit Flick über die Nachfolge von Bundestrainer Joachim Löw, ja, hm, was eigentlich? Nun, dass der DFB eben mit Flick spricht. Und mehr. "Das Angebot vom DFB gibt es", sagte Matthäus bei Sky. "Es kann mir keiner sagen, dass da noch nicht gesprochen worden ist. Da kennt man sich zu gut. Hansi steht beim DFB ganz oben auf der Liste, dann kommt lange nichts." Ach ja, man wisse natürlich auch, dass der FC Bayern bereits mit Leipzigs Julian Nagelsmann geplaudert habe. Ja? So wegen der Nachfolge in München und so. Ja? Da ging es "auch um wirtschaftliche Dinge", wie Matthäus verriet. Ja? Huiuiui. Sprengkraftsätze.

Und dann direkt noch einen knackigen Satz hinterher: "Ich bin überzeugt, dass Hansi Flick nach dieser Saison nicht mehr Bayern-Trainer ist." Sollte es tatsächlich noch Menschen geben, die nun panisches Lidflimmern bekommen und nicht wissen, was eigentlich so los ist, hier eine ganz kurze Erklärung der vergangenen 16 Monate: Hansi Flick, der Trainer, führt eine äußerst angespannte Beziehung zu Hasan Salihamidzic. Der ist der Sportvorstand. Und zuständig für die Transfer- und Kaderplanung des Rekordmeisters. Mit der ist Flick seit jeher nicht wirklich einverstanden. Auszüge aus der Stichwort-Liste: Thiago. David Alaba. Jérôme Boateng. Und er möchte gerne mehr Mitspracherecht. Also Macht. Die wird ihm verwehrt. Das führt zu Zoff. Zu einem ziemlich unangenehmen. Der eruptiert den Verein so heftig, dass sogar auf oberster Boss-Ebene Risse im Fundament zu erkennen sind. Nicht nur mit Lupe.

Viel gesagt, wenig verraten

In den Medien hat sich dieses Theater einen prominenten Namen erworben. Was sie beim FC Bayern natürlich nicht sooo schön finden. Aber der schwarze Medien-Peter ist unangebracht, denn kaum scheint dieses Thema mal zur Ruhe zu kommen, feuert wieder jemand einen Satz raus, der gehört werden will. Selten ist dieser Satz beschwichtigend. Oft kommt er von Flick. An diesem Dienstag bemühte er sich noch einmal den professionellen Umgang miteinander zu betonen. Nicht ein Füreinander. Oder ein Miteinander. Nein. Eher ein Nebeneinander. Das verstärkt die Frage: Bleibt er wirklich? Oder ist sein Frust in München mittlerweile doch so groß, dass er eben zum DFB gehen möchte? Als Nachfolger von Löw. Und wer schafft jetzt endlich mal Klarheit? Flick? Nein! Doch! Oh! In einem ausführlichen Monolog bei Sky sagte er sehr viel, verriet aber wenig und ließ reichlich Raum für das, was er gar nicht mag. Für Interpretationen.

Na dann, eine Indiziensuche in den relevantesten Passagen: Er sagte zum Beispiel: "Die Dinge sind letztendlich klar, denn ich habe einen Vertrag bei Bayern München." Tor fürs Bleiben (1:0). Weiter: "Man macht sich immer Gedanken, was passiert und wie es weiter geht." Tor fürs Bleiben und Tor fürs Gehen (2:1). "Es geht für jeden im Verein darum, wie man den Verein und die Mannschaft weiterentwickeln kann und das ist ein ganz normaler Prozess. Das sind Dinge, die mir sehr wichtig sind." Nun, Mannschaft weiterentwickeln. Auch mit Transfers? Geht aber ja nicht (siehe oben). Tor also fürs Gehen (2:2). "Für mich ist ein Erfolg ein ständiger Prozess. Wir haben mit den sechs Titeln einen Maßstab gesetzt und das müssen wir auch weiter machen." Bleiben geht wieder in Führung (3:2). "Die Spieler wollen Erfolge haben, denn das ist völlig normal. Deshalb gibt es auch immer wieder für mich die Situation, alles immer wieder neu zu bewerten und neue Herausforderungen zu stellen. Da habe auch ich meine Vorstellungen, das ist auch normal." Puh, schwierig. Nach Videobeweis: leichte Tendenz zum Gehen (3:3).

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Kleiner Spoiler: Jetzt kommt der entscheidende Zwischensprint. "Egal was ich machen werde, meine Familie steht immer hinter mir und würde mich immer unterstützen." 3:4 (fürs Gehen). "Ob ich jetzt vielleicht beim DFB bin und einen anderen Rhythmus hätte, wäre ihnen völlig egal." 3:5. "Entscheidend ist für sie (Anm. d. Red.: die Familie), dass der Job mir Spaß macht und das ist das, was sie sich wünschen. Deswegen wird sie in allen Dingen, egal wie meine Entscheidung ausfällt, komplett hinter mir stehen." 3:6. "Ich hänge an dem Trainer-Job und deswegen kann ich mir auch nichts anderes vorstellen." 4:7. "Man hat natürlich einen großen Druck beim FC Bayern, aber das bin ich schon als Spieler gewohnt und das ist eine ganz normale Sache im Leben eines Trainers und das macht mir wahnsinnig viel Spaß." 5:7. Den Druck allerdings, den gibt es auch beim DFB. Also: 5:8 fürs Gehen. Servus, Hansi?

Keine Entscheidung, aber neue Erkenntnisse

In der anschließenden Pressekonferenz wies er die Einschätzung vehement zurück, dass sich seine Ausführungen bereits wie eine Abschiedsrede angehört hätten. Da habe man ihn dann "komplett falsch verstanden". Ähm…, die Indizienlage ist doch eher eindeutig. Vorerst also keine Entscheidung, aber immerhin neue Erkenntnisse. Und die Bitte um eine kleine Pause, er müsse erst mal das Scheitern im Viertelfinale verarbeiten "Das steht einem auch zu." Freilich! Kleine Vorschau auf die Woche. Angeblich soll es bald zu einem Gespräch mit Oliver Kahn kommen, dem bald mächtigen Bayern-Boss. So berichtet es die "Bild"-Zeitung.

Flick sagt in seinem Monolog: "Ich habe mit Oliver Kahn bisher noch keinen Termin. Ich denke, wenn er mit mir sprechen möchte, wird er es mir rechtzeitig sagen und ich habe dann Zeit. Ich habe nie etwas anderes zu verkünden gehabt und deshalb gibt es auch da, was die Antworten auf bestimmte Fragen betrifft, auch keine Notwendigkeit, etwas anderes zu sagen." Deshalb müsse man auch respektieren, "wenn ein Trainer keine Lust dazu hat, darüber zu sprechen." Wer genau? Unklar.

Nun aber noch mal kurz sportlich: Das Scheitern der Münchner, das war tatsächlich sehr bitter. Und auch dramatisch. Nicht nur wegen des surrealen Hinspiels, das der FC Bayern trotz brutaler Dominanz und einem kläglichen Mangel an Effizienz verloren hatte. Dieses Mal war es dann eher anders herum. Die Pariser vergaben nämlich Top-Chancen im Akkord. Zur (fast) tragischen Figur wurde der so fleißige Superstar Neymar, der zweimal den Pfosten traf, einmal die Latte und einmal freistehend aus drei Metern am Ball vorbeirutschte.

Tja, das waren schon bizarre Szenen. Bestraft durch das 0:1 von Eric-Maxim Choupo-Moting, der die Münchner nach schwindelerregenden Momenten ins Spiel zurückzerrte. Es folgte ein wildes Anrennen. Ein paar gute Gelegenheiten. Wenige sehr gute. Ein paar zu viele Pfiffe gegen den FC Bayern und für die Pariser. Darunter auch der Schlusspfiff. Des Spiels. Nicht in der Sache Flick. Es sei denn, Matthäus wusste genau, was er da erzählt hatte.

Quelle: ntv.de

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