Fußball

Fußball-Samstag für Romantiker Diese Nostalgieduelle der Bundesliga rühren die Nation

Der Münsteraner Werner Lungwitz (am Ball) im Duell mit dem Hamburger Peter Wulf. Am Samstag treffen sich beide Teams nach langer Zeit in einem Ligaspiel wieder.

Der Münsteraner Werner Lungwitz (am Ball) im Duell mit dem Hamburger Peter Wulf. Am Samstag treffen sich beide Teams nach langer Zeit in einem Ligaspiel wieder.

(Foto: IMAGO/Horstmüller)

An diesem Samstag wiederholt sich zum ersten Mal seit über 60 Jahren eine besondere Konstellation zwischen vier Gründungsmitgliedern der Bundesliga. In Hamburg trifft der HSV auf Preußen Münster und in Bremen Werder auf den BVB. Das weckt eine Menge Nostalgie bei vielen Fußballfans.

"Nach Regen wieder trocken, guter Platz", vermeldete am Montag nach dem Start der Bundesliga in ihre allererste Saison am 24. August 1963 die deutsche Fußball-Illustrierte "Kicker" in ihrem "Mannschafts-Spiegel" über die Partie des ersten Spieltags zwischen dem SV Werder Bremen und dem amtierenden Deutschen Meister Borussia Dortmund. Bei der Begegnung zwischen Preußen Münster und dem Hamburger SV fehlte die Angabe zum Wetter - doch die Bilder zur Partie ließen auf einen trockenen und ansonsten eher meteorologisch durchwachsenen Tag im westfälischen Städtchen vermuten. In Zeiten, in denen die "Sportschau" bei ihrem eigenen Start in eine neue TV-Epoche nur maximal zwei Spiele zeigte, war der "Kicker" als Informationsquelle fast unverzichtbar. Und das wusste das Magazin auch.

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Denn pünktlich zum "Start der Bundesliga" erhöhte das Fachblatt den Preis von 60 auf 80 Pfennige - legte aber Wert auf die Feststellung, dass sich auch der Umfang um ein Viertel gesteigert habe. Und sowieso: "Sie erhalten für den Mehrpreis von zwanzig Pfennig, dem Gegenwert etwa von zwei Zigaretten oder einem halben Glas Bier, mehr Leistung. Prüfen Sie selbst, ob diese Mehrleistung nicht zwei Zigaretten oder ein halbes Glas Bier wert ist." Wer sollte da beim Beginn des "Goldenen Fußball-Zeitalters" schon nein sagen?

Und so hatten sich, als am Samstag, dem 24. August 1963, in acht Stadien der Republik der Anpfiff zur Fußball-Bundesliga ertönte, knapp 290.000 Zuschauer zu Fuß, mit der Deutschen Bundesbahn (60 Prozent Sonderrabatt für Fußballfans) und dem Auto einmal quer durchs ganze Land auf den Weg gemacht, um die Premiere live vor Ort mitzuerleben. 32.000 von ihnen hatten sich im Bremer Weserstadion eingefunden und gar 35.000 freuten sich im Stadion von Preußen Münster über die Begegnung gegen die Traditionself aus der Hansestadt Hamburg. Und nun, über 60 Jahre später, wiederholen sich genau diese beiden Partien des allerersten Spieltags der Fußball-Bundesliga das erste Mal nach so langer Zeit wieder im bezahlten Profifußball. Ein Festtag für Nostalgiker!

"Meister gestürzt!"

Damals schrieb der "Kicker": "Es ist für uns ein stolzer Tag. Er erfüllt eine alte Sehnsucht für unseren Fußball. Bloß einen Fehler hat die Bundesliga. Sie kam viele Jahre zu spät." Tatsächlich hatte der Fußball in Deutschland lange Zeit mit dem Profistatus seiner Spieler gerungen - doch mit dem Start der Liga wurde erstmals der scheinheilige Amateurstatus beendet. Endlich durften die Akteure ganz offiziell mehr als das Vertragsspielergehalt von 400 Mark im Monat bei ihren Klubs verdienen. In der Vergangenheit hatte man diese Grenze mit viel Fantasie und ein wenig krimineller Energie stets umgangen. Als dann am 28. Juli 1962 mit überwältigender Mehrheit im Goldsaal der Dortmunder Westfalenhalle die Einführung der Bundesliga zur Saison 1963/64 beschlossen wurde, konnte allerdings noch niemand ahnen, was für eine unglaubliche Erfolgsgeschichte diese neue Liga praktisch vom ersten Tag an werden sollte. Es brach eine komplett neue Zeit, eine Ära an.

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Und zwei der acht Partien dieses allerersten Spieltags wiederholen sich nun - fast auf den Tag genau 61 Jahre später -im deutschen Profifußball an einem Wochenende. Dieses Mal zwar aufgeteilt auf die zwei ersten Ligen, doch mit genau so viel Vorfreude und Anspannung bei den Fans wie damals, als der "Kicker" am Montag danach titelte: "Meister gestürzt!". Denn die Borussia aus Dortmund unterlag beim SV Werder Bremen "durchaus verdient" mit 3:2, wie wohl doch alles so historisch anfing, als der BVB-Spieler Friedhelm "Timo" Konietzka bereits nach wenigen Sekunden das erste Bundesligator der Geschichte erzielte.

Viele Jahre später erinnerte sich Konietzka einmal, dass dieser ewige Ruhm beinahe an ihm vorbeigegangen wäre: "In Bremen wollte ich anfangs gar nicht spielen. Ich hatte so eine verdammte Oberschenkelgeschichte - sie hatte mich die Teilnahme am Pokalfinale gekostet -, und ich musste das Bein nachziehen. Aber meine Kameraden überredeten mich: Du musst spielen! Ich ließ mich breitschlagen. Dann kam die erste Minute. Emma zog am linken Flügel los, flankte, ich war da. Schuss, 1:0!"

"Werder hat zu hart gespielt! So geht das nicht!"

Konietzka ging, wie beschrieben, schon verletzt in die Partie, doch BVB-Trainer Hermann Eppenhoff beklagte hinterher "mit bitterbösem Gesicht" noch etwas anderes: "Werder hat zu hart gespielt! So geht das nicht, dass einfach hingelangt wird. Wir haben kaum noch einen Spieler, der nicht angeschlagen ist." Werders Vorsitzender Alfred Ries fand das allerdings gar nicht: "Diese Anklage des Borussia Trainers ist nicht fair. Von absichtlichen Fouls und übertriebener Härten konnte in diesem Spiel keine Rede sein. Ich finde, dass Herrn Eppenhoffs Äußerung eine billige Entschuldigung ist." An der Niederlage des BVB änderten die Nachgeplänkel allerdings ohnehin nichts mehr.

Und auch ein anderer großer Klub der damaligen Zeit musste hinterher viel Kritik einstecken. Der vielfache Norddeutsche Meister und DFB-Pokalsieger des Jahres 1963, der Hamburger SV, schrammte bei Preußen Münster nur knapp an einer Niederlage vorbei, wie der "Kicker" schrieb: "Von den vier Unentschieden ist eines besonders bitter. Das der Münsteraner. Die Preußen sahen wirklich schon wie der sichere Sieger aus, schienen dem 2:0 näher als der HSV dem 1:1." Doch dann köpfte vier Minuten vor Schluss Charly Dörfel unhaltbar für den Preußen-Keeper ein.

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Wie tragisch dieses späte Tor allerdings tatsächlich sein sollte, zeigte sich erst am letzten, dem 30. Spieltag. Genau dieser eine Punkt, den die Preußen gegen den Hamburger SV liegengelassen hatten, fehlte Münster in der Endabrechnung auf den rettenden Tabellen-14., Hertha BSC. Was damals jedoch noch niemand ahnen konnte - das Gründungsmitglied hat seitdem nie wieder ein Spiel in der ersten Bundesliga bestreiten dürfen.

Dafür steht am heutigen Samstag aber wenigstens die Partie der zweiten Bundesliga beim Hamburger SV an, genau wie das Spiel zwischen dem SV Werder Bremen und Borussia Dortmund in der ersten Liga. 61 Jahre nach den denkwürdigen Eröffnungsbegegnungen der Bundesliga im August 1963. Die Fußball-Nation schaut voller Rührung und Erinnerungen gebannt zu. Und das Wetter soll dazu übrigens prächtig werden.

Quelle: ntv.de

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