Chancenlos im Borussen-Duell Klopps Kollegen loben schwachen BVB
12.04.2015, 05:57 Uhr
Gegen Mönchengladbach dreimal geschlagen: BVB-Keeper Roman Weidenfeller.
(Foto: imago/Uwe Kraft)
Nach einem Zwischenhoch in der Liga, geht es für Borussia Dortmund wieder bergab. Und während Klopps Trainerkollegen noch von der Stärke des BVB reden, verliert das Team alles, was es einmal so erfolgreich gemacht hat.
Pep Guardiola ist ein charmanter Kerl. Der BVB sei eine gute Mannschaft. Bei Borussia Dortmund zu gewinnen, sei daher immer sehr schwer. Der Bayern-Trainer hat das vor einer Woche gesagt, als seine Münchener im Signal-Iduna-Park zu Gast waren. Es war vermutlich mehr Höflichkeit, als realistische Beschreibung der Kraftverhältnisse auf dem Platz, die den Spanier diese Worte sagen ließen. Denn seine Mannschaft hatte den alten Rivalen ziemlich ideen- und chancenlos aussehen lassen.
Auch Lucien Favre ist ein charmanter Kerl. Der BVB sei in der ersten Halbzeit die spielerisch bessere Mannschaft gewesen. Und auch nach der Pause fand der Schweizer die Gäste aus Dortmund immer gefährlich. Es war vermutlich erneut Höflichkeit, die den Schweizer diese guardiolischen Worte sagen ließen. Denn nur wenige Minuten zuvor hatten seine Gladbacher die Namenscousine aus Dortmund mit feinstem Konterfußball überfordert.
Deutlich näher am Geschehen auf dem Rasen war da der Trainer der desorientierten BVB-Elf. Nach der 1:3-Niederlage gegen die Borussia vom Niederrhein, die bereits nach 28 Sekunden eingeleitet wurde, sagte er ziemlich unverblümt: "Wenn man solche Gegentore in Mönchengladbach bekommt, kann man natürlich nicht gewinnen. Jedes Gegentor war für sich genommen Quatsch." Dabei ist Quatsch noch ein ziemlich harmloses Wort, für das, was sich in Dortmunds Defensive derzeit abspielt, denn die Abwehrschwächen, die im Borussen-Duell einmal mehr offenbar wurden, sind aus Sicht des BVB mehr als nur eine unschöne Momentaufnahme.
Wenn Kapitän Mats Hummels gegen Bayern München einen Zweikampf verliert, der die 0:1-Niederlage entscheidend einleitet, dann kann das noch passieren. Wenn Innenverteidiger-Kollege Neven Subotic im DFB-Pokal gegen Hoffenheim so über den Ball senst, dass die Kraichgauer mit 2:1 in Führung gehen können, ist auch das noch ein erklärbarer individueller Fehler. Wenn sich die Abwehr im selben Spiel kurz vor Abpfiff der regulären Spielzeit nicht mehr als solche zu erkennen gibt, dann wird es schon deutlich bedenklicher - auch wenn das Spiel am Ende noch mit 3:2 gewonnen wurde.
Aber wenn Mönchengladbachs Patrick Herrmann seinen beeindruckenden Sololauf mit dem finalen Pass auf Raffael zum 2:0 mit den launigen Worten kommentiert: "Ich habe den Ball immer kurz angestoßen, als ein Gegenspieler gekommen ist. So habe ich sie alle auf dem falschen Fuß erwischt", dann ist beim BVB ein echtes Problem nicht mehr wegzudiskutieren. Da hilft es auch nicht, den Gladbachern bei aller Berechtigung eine "extreme Qualität beim Kontern" (Klopp) zuzusprechen.
Klopps Spielidee funktioniert nicht mehr
Die Mannschaft von Jürgen Klopp, so stellt es sich seit dem desolaten Champions-League-Aus gegen Juventus Turin (0:3 im Signal-Iduna-Park) dar, hat im Frühjahr 2015 fast alles von dem verloren, was sie einmal starkgemacht hat. In der Abwehr erlauben sich Hummels und Subotic, die vor nicht allzu langer Zeit mal als eines der besten Innenverteidiger-Pärchen Europas galten, unerklärliche Patzer. Im Spielaufbau mangelt es an Selbstvertrauen, Tempo und Überraschungsmomenten. In vorderster Spitze fehlt ein Mann, der seine Gegenspieler vor schwierige Aufgaben stellt. Und auch das ehemals so effektive Pressing bringt kaum noch gewünschte Effekte. Denn selbst bei schnellen Ballgewinnen wissen viele Spieler im Moment nicht, wie sie den Ball gewinnbringend weiterverarbeiten sollen.
Die einst so erfolgreiche Spielidee von Jürgen Klopp funktioniert augenscheinlich nicht mehr. Im Gegensatz zu Lucien Favre, der seinen Gladbachern eine klare, gradlinige und attraktive Spielphilosophie verordnet hat, schafft es der BVB-Coach in dieser Saison nicht, seine Mannschaft nach dem Abgang von Stürmer Robert Lewandowski erfolgreich um- und aufzustellen. Und so kommt auch die überragende Fähigkeit des Trainers, seine Jungs so leidenschaftlich zu motivieren, dass sie sich bedingungslos 90 Minuten für ihn und den Verein aufreiben, aktuell, mit Ausnahme der zweiten Halbzeit im Pokal gegen Hoffenheim, kaum noch in den Köpfen der Spieler an.
Aber die vielleicht bitterste Erkenntnis beim BVB ist, dass Körpersprache und Ausstrahlung einiger Spieler gerade gegen Mönchengladbach so eingeschüchtert wirkten, wie die eines Kindes, das gerade beim Klauen erwischt wurde. Dem BVB mag es zwar schmeicheln, wenn ein höflicher Pep Guardiola oder ein netter Lucien Favre von der Stärke der Männer in Schwarzgelb schwärmen - mit der Realität auf dem Rasen hat das derzeit nur leider wenig zu tun.
Quelle: ntv.de