Confed Cup als Lehr-Turnier Löw warnt vor Vorbild Spanien
13.06.2017, 09:23 Uhr
Löw hat viele talentierte Spieler im Kader. Weltklasse aber ist - noch - keiner.
(Foto: imago/Schüler)
Fußball-Bundestrainer Joachim Löw würde den Confed Cup zwar nicht vermissen. Aber solange das Turnier nun mal gespielt wird, kann er ihm sogar einen tieferen Sinn abgewinnen. Ex-Weltmeister Spanien dient ihm dabei als mahnendes Beispiel.
Joachim Löw hat seine vorerst letzten freien Tage in Freiburg genossen und im Kreise enger Vertrauter noch einmal "abgeschaltet" vom Fußball. Voll und ganz verdrängen konnte er den Confed Cup aber nicht aus seiner Gedankenwelt. Heute trifft sich der Bundestrainer in Frankfurt mit seinem Perspektivteam. Sie reisen zur Mini-WM in Russland (17. Juni bis 2. Juli) - und Löw hat seinen Plan klar im Kopf. Oberste Prämisse: Bloß kein zweites Spanien werden!
"Was ich über die Jahre gelernt habe, ist, dass man Veränderungen braucht - ob man erfolgreich ist oder nicht", sagte Löw wenige Tage vor dem Auftakt bei der WM-Generalprobe am 19. Juni gegen den Asienmeister Australien. Dazu will er das auch von ihm lange ungeliebte Turnier nutzen. Seine Weltmeister brauchten "eine Blutauffrischung, über vier Jahre eine gleichbleibende Mannschaft - das ist fast unmöglich. Spanien war 2010 Weltmeister und ist 2014 mit der fast identischen Mannschaft in der Vorrunde ausgeschieden, obwohl sie klasse Spieler hatten. Wir brauchen junge Spieler!" Dementsprechend sagt Joshua Kimmich: "Für uns alle ist das ein Riesenturnier."
Spanien blamierte sich mit WM-Vorrundenaus
Die spanische Nationalmannschaft war immer Löws großes Vorbild. Spätestens, seit er 2008 bei der EM sein erstes Finale als Bundestrainer verlor, gegen diese "Weltklassemannschaft" um Andrés Iniesta und Xavi, den "besten Fußballer, den ich je gesehen habe" - sagt Löw -, wollte er spielen lassen wie Spanien. Wie der FC Barcelona. Löw hat aber auch genau beobachtet, wie es die großen Spanier nach dem Triumph in Südafrika verpassten, einen Umbruch einzuleiten. Beim Confed Cup 2013 standen noch 18 Weltmeister im Kader, 2014, beim blamablen WM-Vorrundenaus in Brasilien, 16.
Nach Lage der Dinge wird Löws Aufgebot für die WM 2018 in Russland höchstens noch elf, zwölf Helden von Rio umfassen - rund die Hälfte seines Kaders wird er dann also ausgetauscht haben. Durch junge, (lern-)willige Spieler, durch Fußballer, die auch beim Confed Cup auf sich aufmerksam gemacht haben werden. Löw findet das Turnier wegen der hohen Belastung für die Spieler zwar grundsätzlich überflüssig und plädiert für eine Abschaffung - da er es aber spielen muss, will er es zu seinem Vorteil nutzen. "Über allem steht die WM 2018 und der erneute Titelgewinn, das ist die Vision", sagt er, das Wort "Titelverteidigung" vermeidet Löw bewusst, er hat es aus dem Wortschatz der Nationalmannschaft gestrichen.
Spieler sollen zur Weltklasse reifen
"Verteidigen" - das klingt dem früheren Offensivspieler zu defensiv, zu sehr nach Besitzstandswahrung. Löw will 2018 etwas Neues erreichen, den historischen Doppel-Triumph. Der Confed Cup soll dieser Vision dienen. Löw will dort "drei oder vier, vielleicht sogar fünf Spieler so weit bekommen, dass sie in der Lage sind, Druck zu machen auf unsere etablierten Spieler. Ich will, dass wir wieder hungrig sind".
Helfen sollen Duelle "auf höchstem internationalen Niveau" wie im zweiten Gruppenspiel gegen Chile am 22. Juni oder ein mögliches K.-o.-Duell mit Europameister Portugal und Weltfußballer Cristiano Ronaldo. Löws Zukunftsspieler um Kapitän Julian Draxler, einem von nur drei Weltmeistern im Aufgebot, sollen danach so weit sein, dass sie den Top-Stars Toni Kroos oder Mesut Özil Feuer machen. "Der Maßstab", betont Löw, sei dabei "nicht nur die Bundesliga, die Messlatte ist die absolute Weltklasse. Messi und Ronaldo".
Spieler wie Julian Brandt, Joshua Kimmich oder Leon Goretzka, die er am Donnerstag mit nach Russland nimmt, seien "hoch talentiert und haben beste Voraussetzungen, aber sie sind eben noch nicht in der Weltklasse. Noch lange nicht! Aber wir brauchen Weltklassespieler, wenn wir Titel gewinnen wollen". Sonst droht den stolzen deutschen Weltmeistern das gleiche Schicksal wie ihren spanischen Vorgängern.
Quelle: ntv.de, Marco Mader und Thomas Nowag, sid