Ein Urteil, das Fragen aufwirft Politik lacht, DFL ist enttäuscht, Fans sind fassungslos
14.01.2025, 15:06 Uhr
Man muss sich Ulrich Mäurer als glücklichen Menschen vorstellen.
(Foto: dpa)
Das Bundesverfassungsgericht hat den jahrelangen Streit um die Polizeikosten bei Hochrisikospielen im Profifußball beendet. Die Reaktionen auf den Richterspruch könnten unterschiedlicher nicht sein.
Das breite Grinsen wollte Ulrich Mäurer einfach nicht aus dem Gesicht weichen. "Das ist ein sehr schöner Tag. Es zeigt sich, dass sich das Kämpfen lohnt", sagte der strahlende Sieger im zehn Jahre dauernden Streit um die Polizeikosten bei Hochrisikospielen im Profifußball. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) in Karlsruhe war ganz in seinem Sinne: "Die Entscheidung ist voll befriedigend. Es bleibt nichts offen."
Tatsächlich hat der Erste Senat unter dem Vorsitz von Stephan Harbarth dem Bremer Innensenator vollauf recht gegeben: Der Profifußball kann zur Kasse gebeten werden, die Bundesländer dürfen ihre zusätzlichen Polizeikosten in Rechnung stellen. So sollen nicht alle Steuerzahler belangt werden, sondern die wirtschaftlichen Nutznießer. "Das ist ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel", sagte Harbarth. Es gelte das "Verursacherprinzip" bei kommerziellen Veranstaltungen mit mehr als 5000 Personen.
2015 hatte das Land Bremen nach dem Derby zwischen Werder und dem Hamburger SV der Deutschen Fußball Liga (DFL) erstmals eine Rechnung (425.000 Euro) für einen Polizeieinsatz gestellt. Die DFL wehrte sich dagegen, musste aber bereits vor dem Oberverwaltungsgericht Bremen und dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig juristische Niederlagen hinnehmen. Das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wurde im April 2024 eröffnet.
Zoff ist vorprogrammiert
"Für uns ist das natürlich enttäuschend, aber das haben wir zu akzeptieren", sagte DFL-Anwalt Bernd Hoefer. Die Liga argumentierte vergebens, dass die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit außerhalb der Stadien eine staatliche Kernaufgabe sei, die grundsätzlich aus Steuermitteln zu finanzieren ist. So sieht es auch das Fanbündnis "Unsere Kurve", das mit "Fassungslosigkeit" reagierte.
Die DFL-Spitze hatte einer Niederlage vorgebaut. "Es wird nicht so kommen, dass die Klubs aus den Bundesländern, in denen diese Kosten nicht erhoben werden, in einen Solidartopf einzahlen", sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Joachim Watzke - und erteilte einem gemeinsamen Fonds der Profivereine eine Absage: "Das ist schon die Verantwortung auch der einzelnen Landesregierungen."
Werder sieht das anders, Zoff ist programmiert. Die mögliche Praxis, wonach Vereine künftig abhängig von ihrem Bundesland für die Polizeikosten zahlen müssen oder eben nicht, dürfte zu einem Aufschrei der betroffenen Klubs führen - auch wenn Watzke den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung vorsorglich zurückgewiesen hat.
"Wir müssen nun im Ligaverband Diskussionen führen. Werder darf nicht alleine die Zechen zahlen. Das wäre eine Benachteiligung für uns", sagte Werders Geschäftsführer Tarek Brauer: "Wir wünschen uns die Solidargemeinschaft der Liga und eine faire Verteilung der Kosten."
Deutschland folgt anderen europäischen Ländern
Knapp zwei Millionen Euro hat Mäurer der DFL über die Jahre in Rechnung gestellt. Die Hälfte davon musste Werder beim Ligaverband begleichen, der Rest wurde vorerst gestundet. Da Mäurer in seiner Praxis des Rechnungsschreibens bestätigt wurde, dürfte er weitere Mitstreiter in anderen Bundesländern finden.
Vor allem Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz gelten als Kandidaten. Die meisten Verantwortlichen streben allerdings eine bundesweit einheitliche Lösung an. Deshalb hat Mäurer eine jährliche Beteiligung der DFL in Höhe von rund 20 bis 30 Millionen Euro in Form eines Fonds vorgeschlagen. Das ist in etwa die Summe, die für die ungefähr 50 Hochrisikospiele in der Bundesliga und 2. Liga pro Saison anfällt.
"Ein Fonds wäre die vernünftigste Lösung. Der Druck auf den Profifußball ist gewachsen - dem kann man sich natürlich verweigern", sagte Mäurer. "Aber man muss so oder so zahlen." Er sei sich "sicher, dass wir in der Bundesinnenministerkonferenz eine Mehrheit organisieren können, um das Thema endgültig zu beenden". Unterstützung erhielt Mäurer in der Vergangenheit von den Landesrechnungshöfen, die allen Bundesländern das Bremer Vorgehen empfohlen haben. Schließlich ist das Ansinnen Mäurers im europäischen Kontext nicht aus der Luft gegriffen - so werden unter anderem in Italien und Frankreich die Klubs zur Kasse gebeten.
Quelle: ntv.de, Alexander Sarter, sid