Fußball

Bundesliga-Lehren am 3. Spieltag Randalierer Müller begeistert, BVB entsetzt

Lucien Favre möchte nicht über die Mannschaftsteile reden, auch nicht über einzelne Spieler. Also über seine Verantwortung für die indiskutable Leistung des BVB beim 1. FC Union Berlin?

Lucien Favre möchte nicht über die Mannschaftsteile reden, auch nicht über einzelne Spieler. Also über seine Verantwortung für die indiskutable Leistung des BVB beim 1. FC Union Berlin?

(Foto: imago images / Jan Huebner)

Borussia Dortmund verliert beim 1. FC Union Berlin und Trainer Lucien Favre möchte nur über bestimmte Themen reden. Thomas Müller randaliert beim FC Bayern und Bayer Leverkusen hat Sehnsucht nach dem Bolzplatz. Was lehrt der dritte Spieltag?

1. Dem BVB droht eine Trainer-Diskussion

Die 1:3 (0:2)-Pleite beim 1. FC Union Berlin ist die erste echte Enttäuschung der Saison für Borussia Dortmund. Oder? Erst ein 5:1 gegen Augsburg zum Auftakt, dann ein 3:1 in Köln, viel mehr geht doch nicht, oder? Doch. Im dritten Bundesligaspiel gerieten die Fußballer des BVB zum dritten Mal in Rückstand. Gegen Augsburg waren es 45 schwache Minuten vor der Pause, gegen den Effzeh dann schon 65 und an der Alten Försterei gegen die Punkrocker aus Köpenick nun die kompletten 90 plus Nachspielzeit. Das Team von Lucien Favre ist abhängig von seiner individuellen Klasse. Wenn die nicht zum Erfolg führt, wird's schwierig.

Eine echte Idee, den mutigen, aber eben doch limitierten Aufsteiger auseinander zu spielen, war nicht auszumachen. Zum wiederholten Male tat sich die Favre-Elf schwer gegen einen vermeintlich kleinen Gegner. Das kostete am Samstagabend Punkte, auf Dauer Nerven und in der abgelaufenen Saison die Meisterschaft. Favre sagte: "Es ist nicht die Zeit, über Abwehr, Mittelfeld, Stürmer oder individuelle Spieler zu reden." Bleibt nur noch der Trainer, oder?

2. "Randale" reicht nur gegen Mainz

Der FC Bayern besitzt eine absurde individuelle Klasse in seinem Kader, zumindest für Bundesliga-Verhältnisse. Kingsley Coman, Robert Lewandowski, Joshua Kimmich, Thiago Alcántara, Philippe Coutinho - alles Edelfußballer in Rot. Gefeiert wird nach dem samstäglichen 6:1 (2:1) gegen den 1. FSV Mainz 05 aber ein anderer, dem das Filigrane eher nicht zu eigen ist: Thomas Müller, gerade frisch von Coutinho aus der Startelf des Meisters verbannt. "Er ist großartig, er ist ein großer Spieler und ich bin sehr glücklich, dass ich mit ihm in einem Team spielen und von ihm viel lernen kann", bauchpinselte der Brasilianer seinen Konkurrenten und legte lobhudelnd nach: "Man hat es gesehen: Er kam rein und hat den Unterschied gemacht."

Geht doch: Thomas Müller.

Geht doch: Thomas Müller.

(Foto: imago images / Michael Weber)

Allerdings kam Müller erst nach 67 Minuten für den noch nicht begeisternden Coutinho, da hatten die Kollegen den frühen Rückstand in ein 4:1 verwandelt. Trainer Niko Kovac immerhin beobachtete: "So ist Thomas: Er kommt rein, macht Randale und bereitet zwei Tore vor." Randale reicht gegen Mainz für einen Kantersieg, in großen Spielen dürfte das aber zu wenig sein. "Wenn man sechs Tore schießt, ist es sehr deutlich. Aber es gibt andere Mannschaften, wenn man da so beginnt, hat man nicht mehr die Möglichkeit, zurückzukommen", mahnte Kapitän Manuel Neuer. Und Sportdirektor Hasan Salihamidzic sagte: "Wir brauchen noch die Abstimmung, die Abläufe, dass man sich einspielt." Das ist eine gute Nachricht für geschundene Mainzer, auf die Bayern wartet noch Arbeit.

Zumal es nach der Länderspielpause in knapp zwei Wochen am Samstag, 14. September (ab 18.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de), zur derzeit vielleicht formstärksten Mannschaft der Liga geht. RB Leipzig thront nach drei Siegen aus drei Spielen mit einem überragenden Angreifer Timo Werner an der Tabellenspitze. Die Rasenballer haben sich mit dem neuen Trainer Julian Nagelsmann nicht gerade verschlechtert und scheinen dem Serienmeister aus München derzeit eher gefährlich werden zu können, als die mutlose Dortmunder Borussia.

3. Per Schulterschluss zur Sensation

Hand in Hand zum Sieg: Union Berlin ist voll angekommen.

Hand in Hand zum Sieg: Union Berlin ist voll angekommen.

(Foto: imago images / Bernd König)

Fans und Berichterstattern, die Unions Bundesliga-Einstand miterlebt haben, musste vor dem Spiel gegen Borussia Dortmund Angst und Bange um den Aufsteiger gewesen sein: So wenig gedankenschnell, so harmlos, so selbstzerstörerisch sich die Mannschaft von Trainer Urs Fischer beim 0:4 gegen RB Leipzig präsentiert hatte, war gegen den BVB schlimmes zu befürchten. Doch statt die nächste Heimklatsche einzusammeln, hatten die Eisernen einen ganz anderen Plan. Sie hatten einen Plan, Mut und Überzeugung. Und mit einem entfesselten Stadion im Rücken viel Tempo auf dem Platz.

Die hoch bezahlten Edelfußballer aus Dortmund schienen sowohl von den hohen Ballgewinnen Unions und den vielen, vielen schmerzhaften Umschaltaktionen ebenso beeindruckt wie von der Atmosphäre an der Alten Försterei. Und das ist die gute Nachricht für den Fußball: Auch in Zeiten der absurd auseinanderklaffenden wirtschaftlichen Schere zwischen AGs und Aufsteigern, Großkapital und Kleinsparern, können der richtige Plan und ein bedingungsloser Schulterschluss zwischen den Akteuren auf dem Platz und denen außen rum einen Unterschied machen. Nicht eine ganze Saison lang, aber an einem außergewöhnlichen Samstagabend schon.

4. Hertha trifft zu spät ins eigene Tor

Mainz gegen Frankfurt im November 2005, Nikolce Noveski trifft dreifach, nur eben zweimal ins eigene Tor. Dass Manuel Friedrich ihm zu diesem Hattrick gratulierte, ist eher unwahrscheinlich.

Mainz gegen Frankfurt im November 2005, Nikolce Noveski trifft dreifach, nur eben zweimal ins eigene Tor. Dass Manuel Friedrich ihm zu diesem Hattrick gratulierte, ist eher unwahrscheinlich.

(Foto: imago sportfotodienst)

Es klingt paradox, aber: Hertha erzielt zwei Treffer und verliert 0:3. Niklas Stark und Karim Rekik grätschten in der 38. und 48. Minute den Ball über die Torlinie, nur leider über die eigene. Nur Schalkes Jonjoe Kenny traf auf der richtigen Seite und sorgte für den Endstand. Nach dem überraschenden 2:2 zum Auftakt beim FC Bayern gab's zweimal ein 0:3, erst zuhause gegen Wolfsburg und nun auf Schalke. Drei Spiele, ein Punkt, Platz 17, nach der Länderspielpause trifft das Team von Ante Covic auf die einzige Mannschaft, die noch schlechter gestartet ist, auf den punktlosen 1. FSV Mainz 05. Von dem hätte sich Hertha allerdings etwas abschauen können, genauer gesagt von deren Vereinslegende Nikolce Noveski.

Der ist mit sechs Eigentoren Rekordschütze der Bundesliga, gemeinsam mit HSV-Ikone Manfred Kaltz, der dafür allerdings deutlich mehr Spiele benötigte. Was Hertha von Noveski hätte lernen können? Nun, im November 2005 erzielte Noveski in der 3. und 6. Minute einen Doppelpack und brachte die Mainzer so 0:2 in Rückstand. Später im Spiel traf er auch noch ins richtige Tor, das Spiel gegen Eintracht Frankfurt endete 2:2 und Noveski hatte den kuriosesten Hattrick der Bundesliga-Geschichte erzielt. Also: Früh anfangen, wenn nach Eigentoren noch was Zählbares übrig bleiben soll.

5. Bobic macht große Geschäfte

Fußball ist eben doch nur ein Spiel. Die, ähm, großen Geschäfte werden abseits des Platzes gemacht. So zumindest bei Fredi Bobic, der deshalb von Eintracht Frankfurts 2:1(0:1)-Erfolg über Fortuna Düsseldorf nicht allzu viel sah. Weil der Sportvorstand ein großes Geschäfte mit dem AC Mailand vorbereitete und das Spiel dabei zur Nebensache wurde. Mit Ante Rebic steht der letzte verbliebene Büffel der einstigen Herde kurz vor einem Wechsel zum italienischen Traditionsklub. Luka Jovic schloss sich Real Madrid an, Sebastién Haller läuft jetzt für West Ham United auf und Rebic verschlägt es nach Italien. Jeweils ein Büffel also für jede große Liga, als Trio erzielten sie in der vergangenen Saison 41 von 60 Frankfurter Toren in der Bundesliga. Große Geschäfte für Bobic, die addierten Einnahmen dürften weit über 100 Millionen Euro liegen. Groß ist aber damit auch die Aufgabe, diese 41 Tore aufzufangen. Den Anfang machte Bas Dost, der niederländische Neuzugang traf kurz nach seiner Einwechslung zum zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich. Es scheint, als verstehe Bobic das Geschäft.

6. Leverkusen braucht Bolzplatzregeln

Die Verantwortlichen von Bayer Leverkusen pendelten nach dem unwahrscheinlichsten 0:0 der bisherigen Saison gegen die TSG Hoffenheim zwischen Betroffenheit und Ärger. "Erstaunlich, wie sie uns teilweise gar nicht attackiert haben", wunderte sich Verteidiger Jonathan Tah über die passive Herangehensweise der Gäste und Sportchef Rudi Völler hatte beinahe Mitleid: "Ich habe schon ganz andere Hoffenheimer Mannschaften hier gesehen, sie hatten ja beinahe Angst vor uns." Es war das 23. Duell beider Mannschaften, nie hatte es vorher ein 0:0 gegeben. Im Gegenteil: Im Schnitt fielen 3,3 Treffer, wenn Hoffenheimer und Leverkusener um Punkte stritten. Im Ligaschnitt durften die Fans zuletzt in der Saison 1984/1985 mehr Tore pro Spiel bestaunen.

Dass es diesmal nicht einmal klingelte, lag aber nicht nur an den mutlosen Hoffenheimern, sondern auch an ideenlosen Leverkusenern, die mit ihren 75 Prozent Ballbesitz wenig anfangen konnten. Immerhin erspielten sie sich 19 Ecken. 19! Der Ertrag: Null. In Bolzplatzregeln umgerechnet bedeuten 19 Ecken immerhin sechs Elfmeter. Derer hätte es wohl tatsächlich an diesem Nachmittag für ein Leverkusener Tor bedurft. Immerhin einer hatte seinen Spaß an der deprimierenden Harmlosigkeit nach den ruhenden Bällen: "Ich war heute eher Zuschauer. Meine größte Freude war es, von hinten die Live-Statistik bei den Ecken zu verfolgen", berichtete der nahezu beschäftigungslose Bayer-Torwart Lukas Hradecky. "Wenn Du 19 Ecken hast und keine nutzt, läuft es oft so, dass der Gegner eine hat und dann das Tor macht. Das ist zum Glück nicht passiert."

Quelle: ntv.de

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