Fußball

Moralisch nicht einwandfrei Sammer hinterfragt Haalands Gehaltswahn

Erling Haaland bejubelt sein Last-Minute-Tor gegen Hoffenheim. Es war sein 63. Pflichtspieltreffer für Borussia Dortmund,

Erling Haaland bejubelt sein Last-Minute-Tor gegen Hoffenheim. Es war sein 63. Pflichtspieltreffer für Borussia Dortmund,

(Foto: picture alliance/dpa)

Erling Haaland will Geld verdienen. Viel Geld verdienen. Wenn er den BVB verlässt, wahrscheinlich schon im nächsten Sommer. Bei Chelsea soll er seine Gehaltsvorstellungen hinterlegt haben. So richtig moralisch sind die nicht, sagt Matthias Sammer.

Erling Haaland ist ein sehr guter Fußballer. Einer, der den Sport im nächsten Jahrzehnt dominieren kann. Einer, der sich anschickt, die Nachfolge von Cristiano Ronaldo, von Lionel Messi anzutreten. Der Norweger ist ein Vertreter der neuen Zeit. Ihm wird zugetraut, die Teenager-Generation abzuholen und auch diese nachhaltig für den Fußballsport zu begeistern. Auf dem Platz ist er nicht zu stoppen, abseits davon gibt er sich mal distanziert, mal nahbar, aber immer greifbar. Er bespielt klassische Medien und soziale Medien. Macht sich interessant durch Leistung und Prominenz.

All das ist überlebenswichtig für die Unterhaltungsindustrie Fußball, die zunehmend mit Krisen zu kämpfen hat. Zu viele Krisen, zu viel Größenwahn, zu viel Geld und, das darf nicht vergessen werden, zu viel Pandemie. Die hat für eine Interessensverschiebung gesorgt. Fußball ist nicht mehr alles. Zumindest nicht mehr für alle, für die Fußball früher alles war. Dunkle Wolken ziehen über den Sport. Erling Haaland ist einer, der diese beiseite wischen kann und die Sonne wieder am Himmel stehen lässt. Ihm werden Wunderdinge zugetraut. Seine Torquote spricht für ihn: 63 Treffer in 64 Pflichtspielen für Borussia Dortmund und zwölf in 15 Länderspielen für Norwegen.

Haaland ist ein Schnäppchen

Im Dortmunder Westfalenstadion geht bei nahezu jedem Ballkontakt des Norwegers ein Raunen durch das Stadion. Auswärts werden Rettungstaten der Heim-Torhüter wie große Siege gefeiert. Er ist längst nicht mehr nur ein Versprechen auf die Zukunft, sondern Teil der Gegenwart der Unterhaltungsmaschine Fußball. In der steckt immer noch enorm viel Geld. Damit das so bleibt, braucht es auch Spieler wie Haaland. Die garantieren langfristiges Interesse. Der Fans, aber, viel wichtiger für mehr Geld, auch der TV-Anstalten und Geldgeber, die mal als Sponsoren und mal als Investoren auftreten.

Haaland und vor allen Dingen Mino Raiola, seinem umtriebigen Berater, ist dieser Fakt natürlich vollkommen klar. Im kommenden Sommer wird er für Borussia Dortmund kaum zu halten sein. Eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag ermöglicht ihm dann einen Wechsel für unter 100 Millionen Euro. Viel Geld, aber doch ein Schnäppchen für Vereine wie Manchester City, Paris Saint-Germain, Manchester United oder auch Chelsea, die unbeeindruckt von der Pandemie mit großen Ablösesummen um sich werfen. Auch wenn es andere Vereine für den Moment zerlegt, erinnern Sie sich nur an Barcelona, gibt es diesen Markt für die wenigen Superstars und die Klubs sind bereit, viel Geld für sie in die Hand zu nehmen.

"Moralisch kann man den Kopf schütteln"

Viel Geld, das, wenn es nicht aufs Konto der Dortmunder Borussia, die immer noch mit einem dicken Plus aus der Haaland-Zeit herausgehen wird, auf dem Konto des Norwegers und seines Beraters landen soll. In ersten Gesprächen mit Chelsea soll Mino Raiola dann auch rund 50 Millionen Euro Gehalt aufgerufen haben. Pro Jahr, versteht sich. Eine Summe abseits jeder Vorstellungskraft. Eine Summe, die moralisch kaum zu vermitteln, aber doch legitim ist. Das sagt Matthias Sammer. Seines Zeichens unter andere auch Schattenmann beim BVB, bei dem er seit Jahren als externer Berater wirkt.

"Angebot und Nachfrage haben etwas mit Leistung und Entwicklung zu tun", sagt Sammer im Gespräch mit der "Sport Bild": "Man könnte sagen, solche Forderungen sind nicht in Ordnung. Aber ich bin der Meinung, dass sich der Fußball mit all seinen Emotionen nicht einer grundsätzlich negativen Diskussion stellen sollte. Der Fußball hat sich die Möglichkeiten des Geldes erarbeitet, das ist nicht unanständig. Moralisch kann man den Kopf schütteln, definitiv."

Jedes Spiel mit Haaland genießen

Die Moral ist die eine Seite. Warum er überhaupt solche Gehälter fordern kann, das ist die andere Seite. Und darauf, und eben auch nicht unbedingt auf die Spekulationen, die konstanten Transfergeräusche, sollten sich die Zuschauer konzentrieren. Auf das also, was auf dem Platz passiert. "Was interessiert mich nächstes Jahr? Fußball ist Tagesgeschäft, dieses Jahr mit Dortmund wird sehr interessant", sagt Sammer. "Wir sollten jedes Spiel mit ihm genießen und Borussia Dortmund sich freuen, die Bundesliga mit solchen Talenten zu bereichern. Das ist eine Win-win-Situation für Dortmund und Erling. Seine Bereitschaft, sein Charakter sind fantastisch."

Gelegenheit für einen weiteren Leistungsnachweis bekommt Haaland am kommenden Wochenende, wenn Borussia Dortmund in der Bay-Arena auf die außerordentlich gut gestarteten Leverkusener trifft. Von dort geht es für den Norweger und Borussia zurück auf die ganz große Bühne. In der Champions League muss der BVB zu Besiktas Istanbul reisen. In Europas Königsklasse hat Haaland in 16 Spielen für Dortmund und Salzburg schon 20 Treffer erzielt. Er ist ein sehr guter Fußball. Einer, der den Sport in den nächsten Jahren dominieren kann und sich das auch bezahlen lassen will.

Quelle: ntv.de

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