Fußball

Besiktas verzweifelt und flieht Supertorwart rettet Eintracht - und kassiert ganz kurioses Tor

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Die Lobeshymnen nach dem Sieg von Eintracht Frankfurt bei Besiktas sind Balsam für Kaua Santos und dürften dem Ersatztorwart zusätzlichen Rückenwind für das Bundesliga-Topspiel gegen Bayern München geben. Einen Stimmungsdämpfer gibt es aber.

Tief in der Nachspielzeit passierte etwas, das an diesem Donnerstagabend nicht hätte passieren sollen. Der nicht zu bezwingende Torwart Kaua Santos ließ einen Ball, geschossen oder geflankt (man weiß es nicht so genau) von der linken Seite, über seine Fingerspitzen doch ins Tor flutschen. Das sah kurios aus und schmeichelte dem Mann nicht, der an diesem Abend im Istanbuler Tüpraş Stadyumu die ganz große Show geliefert und weit über 30.000 Menschen zur gigantischen Verzweiflung getrieben hatte. Kaua Santos sorgte mit seinen spektakulären Paraden dafür, dass Eintracht Frankfurt bei Besiktas den ersten Dreier in dieser Europa-League-Saison einfuhr (3:1).

Was hatte der 21 Jahre alte Vertreter der verletzten Stammkraft Kevin Trapp in diesem mitreißenden Spiel nicht alles gehalten? Los ging es bereits nach sechs Minuten in diesem unfassbar lauten Stadion, für das es kaum Vergleichbares gibt. Einen kraftvollen Schuss von Cher Ndour aus größerer Distanz drehte der SGE-Keeper noch um den Pfosten. Für Santos ein wichtiger Moment, für die Eintracht auch. Denn der junge Mann hatte zuletzt gewackelt. Beim 3:3 gegen Viktoria Pilsen zum Auftakt vor einer Woche war Santos noch der Depp, nachdem er den Tschechen in der Nachspielzeit mit einem dicken Patzer den Ausgleich ermöglicht hatte.

Beşiktaş Istanbul - Eintracht Frankfurt 1:3 (0:2)

Tore: 0:1 Marmoush (19., Elfmeter), 0:2 Ebimbe (22.), 0:3 Knauff (82.), 1:3 Masuaku (90.+3)
Istanbul: Destanoglu - Svensson (64. Bulut), Paulista, Uduokhai, Masuaku - Fernandes (78. Uçan), Ndour (78. João Mário) - Rashica (64. Kilicsoy), Rafa Silva, Muci - Immobile (85. Hekimoglu). - Trainer: van Bronckhorst
Frankfurt: Santos - Kristensen, Koch, Theate, Nkounkou (85. Amenda) - Ebimbe (62. Knauff), Larsson (74. Skhiri), Dahoud, Marmoush (62. Ekitike) - Götze (46. Chaibi), Matanovic. - Trainer: Toppmöller
Schiedsrichter: John Beaton (Schottland)
Gelbe Karten: Uduokhai, Immobile, Ndour - Koch, Nkounkou, Ekitike
Besonderes Vorkommnis: Santos (Frankfurt) hält Handelfmeter von Immobile (28.)
Zuschauer: 42.000

Nun war er direkt da, streckte seine 196 Zentimeter voll aus und bekam reichlich Zuspruch von seinen Kollegen um Kapitän Robin Koch. Hinter dem Tor des Brasilianers staunten die türkischen Fans zum ersten Mal an diesem Abend - aber nicht zum letzten Mal. Ihr Leiden hinter Santos wurde zu einem der großen Bilder dieses Spiels.

Istanbul rennt an und verzweifelt

Die Eintracht hatte aber nicht nur Santos, sondern auch ein wenig Glück, dass die Dinge nicht direkt am Anfang in die, aus ihrer Sicht, falsche Richtung kippten. Nach acht Minuten war Istanbuls Topstürmer Ciro Immobile nach einem perfekten Steilpass durchgebrochen und nach einem Duell mit Koch ins Straucheln gekommen. Der DFB-Spieler hatte den Italiener ganz leicht geschubst. Schiedsrichter und VAR ließen sich ewig viel Zeit, um die Szene zu checken. Am Ende fanden sie hauchzartes Abseits. So blieben Koch und der Eintracht womöglich ein Horror-Szenario erspart. Über 80 Minuten gegen diese erfahrene Mannschaft in Unterzahl, das wäre was geworden.

So aber kam es ganz anders. Die Eintracht ging per Doppelschlag in Führung. Omar Marmoush verwandelte einen Elfmeter, den er zuvor selbst im Dribbling herausgeholt hatte (19.) und dann drückte Dina Ebimbe eine einstudierte Freistoßvariante aus kurzer Distanz über die Linie (22.). Mo Dahoud hatte seine Füße im Spiel. Er war in die Startelf gerückt und tat der Mannschaft mit seiner Erfahrung, Ruhe und Übersicht gut. Das Stadion wurde immer leiser, da halfen auch die wütenden Angriffe der Besiktas-Spieler nicht. Immer wieder rannten sie an und versuchten verzweifelt, den Anschluss herzustellen. Aber entweder spielten sie im Klein-klein am Strafraum zu kompliziert oder die Flanken des ehemaligen Bremers Milot Rashica und Co. waren nicht präzise genug.

Und wenn es mal richtig gefährlich wurde, dann war da eben Kaua Santos. Nach 26 Minuten parierte er einen Elfmeter von Immobile. Der hatte den Ball wieder in seine Lieblingsecke links unten (aus Sicht des Schützen) geschossen. Zuvor hatte er 13 Mal in Folge vom Punkt aus getroffen. Der Schuss war wieder präzise und hart, aber der junge Brasilianer hechtete mit einer beeindruckenden Schnelligkeit in die Ecke und fischte den Ball heraus. Santos baute sich auf, zog Energie aus dem kollektiven Schock auf den Tribünen hinter ihm. Wieder sprangen Koch, der mit einem Handspiel den Strafstoß verursacht hatte, und seine Mitspieler auf den 21-Jährigen zu und feierten ihn. Aber das war's noch nicht. Die vielleicht größte Parade packte Santos nach 37 Minuten aus. Einen tollen und verdeckten Schuss von Rafa Silva Richtung oberer Winkel lenkte er sensationell noch an den Pfosten. Spätestens jetzt schien klar: Hier geht heute nix für Besiktas.

Bereit für den FC Bayern

Vorwerfen konnte man der nach einer katastrophalen letzten Saison komplett neu formierten (über 30 Ab- und 20 Neuzugänge) und mit vielen alten Stars des europäischen Fußballs gepimpten Mannschaft tatsächlich nichts. Die Männer von Giovanni van Bronckhorst bauten Druck auf, spielten nach vorne, fanden aber dann in Santos ihren Meister. So auch in der Nachspielzeit, als er einen abgefälschten Schuss noch über die Latte bugsierte. In der zweiten Halbzeit wurde es ruhiger vor seinem Tor. Arthur Theate und seine Vorderleute blockten viel weg. Und was hoch in den Strafraum reinsegelte, landete sicher in den Armen von Santos. Einmal konnte er sich noch auszeichnen, in der 84. Minute. Das bekamen aber viele Fans nicht mehr mit. Zwei Minuten zuvor hatte Joker Ansgar Knauff mit einem frechen Außenristschuss auf 3:0 gestellt. Danach begann die große Stadionflucht. Semih Kılıçsoy prüfte Santos, der den Aufsetzer aus kurzer Distanz wieder großartig wegboxte.

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Doch dann kam die Nachspielzeit, die "Null" winkte und plötzlich schlug der Ball ein, den Arthur Masuaku von seinem Fuß losgelassen hatte. Santos senkte den Kopf und ärgerte sich maßlos. Das hätte nicht passieren sollen. Kurz danach war Schluss und der Torwart bekam Lob von allen Seiten. Auch von Immobile, der ihm anerkennend das Gesicht tätschelte und ein paar nette Worte hinterließ. Das ließ das Lächeln des Torwarts erahnen. Aus den eigenen Reihen kannten die Hymnen fast keine Grenzen. "Ich hatte im Gefühl, dass Kaua ein top Spiel macht, weil er ein guter Junge ist. Das freut mich für ihn", sagte Eintracht-Trainer Dino Toppmöller.

Für Abwehrspieler Rasmus Kristensen war der Keeper am Bosporus "Man of the Match. Er hat ein super Spiel gemacht." Zehn Paraden standen am Ende in der Statistik. Der Fehler zum Schluss war ärgerlich, aber mehr auch nicht. Niemand wollte eine große Sache daraus machen. "Kaua ärgert sich über den letzten Ball. Aber am Ende gewinnen wir hier auch, weil er die Null lange gehalten hat", sagte Mittelfeldspieler Ansgar Knauff. "Er hatte super Paraden und hat eine sehr gute Leistung gezeigt", lobte auch Sportvorstand Markus Krösche. Dank des Sieges gehen die Frankfurter mit viel Selbstvertrauen in das Bundesliga-Topspiel gegen den FC Bayern am Sonntagabend vor heimischer Kulisse. Mit einem Erfolg würde die Eintracht auf Platz eins der Tabelle springen. Krösche warnte jedoch vor zu großer Euphorie: "Die Bayern werden eine andere Hausnummer sein." Immerhin: Kaua Santos ist bereit, auch wenn der lange verletzte Trapp ins Teamtraining zurückkehrt.

Quelle: ntv.de, tno

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