Fußball

Nach sieben Jahren bei Bayern Thiago ringt um sein Helden-Erbe

Nach sieben Jahren verlässt Thiago den FC Bayern.

Nach sieben Jahren verlässt Thiago den FC Bayern.

(Foto: imago/Agencia EFE)

Sieben Jahre in Folge wird er seit seines Wechselns zum FC Bayern Deutscher Meister. Nur ein Sieg am Sonntag beim Champions League-Finale könnte diese Erfolgsserie überbieten. Doch Thiagos größtes Spiel für die Bayern könnte sein traurigstes werden.

Der FC Bayern war in den letzten Jahren Arjen Robben und Franck Ribéry. Der eine hat zehn, der andere zwölf Jahre lang Fußballgeschichte in Deutschland und Europa geschrieben. Sie waren Legenden und gingen wie Legenden. Bei ihrem Abgang wurden sie nicht für treue Jahre in München und für die verrückte Anzahl an gewonnenen Meisterschaften gefeiert. Sie wurden von ihren Fans wahrhaftig geschätzt aufgrund ihrer herausragenden Leistung - vor allem dann, wenn es wirklich kritisch und wichtig wurde. Dann, wenn man den entscheidenden Treffer brauchte, um das Triple zu holen. So wie Robben 2013 in der letzten Minute des Champions League-Finals.

In den folgenden Jahren waren Robben und Ribéry von anderen Größen umgeben, Manuel Neuer, Thomas Müller - und Thiago Alcántara. Auf großen Wunsch von Pep Guardiola kam der Spanier damals nach München. Mit 22 Jahren hatte er bereits vier Meistertitel mit dem FC Barcelona gewonnen. Als Barça-Nachwuchsspieler und neben Legenden wie Xavi gewann er bereits 2011 die Champions League. Mit dem FC Bayern sammelte er in sieben Jahren sieben weitere Meisterschalen.

Thiago verlässt den FC Bayern

Mehr nationale Titel werden es mit den Bayern nicht werden. Nach 234 Spielen für die Münchner sucht der Spanier eine neue Herausforderung. Wie der "Kicker" berichtet, verhandeln die Verantwortlichen des deutschen Serienmeisters mit dem FC Liverpool über eine Ablösesumme. Die Gespräche mit dem englischen Meister kommen zu einem guten Zeitpunkt, glaubt Karl-Heinz Rummenigge: "Thiago ist jetzt 29, sobald die '3' vorne steht, wird es schwieriger, einen Topklub zu finden."

Das letzte Spiel für den Spanier wird also das Champions League-Finale am Sonntag gegen Paris St. Germain (21 Uhr im Liveticker auf ntv.de) - einen besseren Abschluss kann es für einen Profi-Fußballer nicht geben. Es wird das wichtigste Spiel der Saison, immerhin geht es um das Triple und die Chance, es Robben und Ribéry gleichzutun. Dass es für Thiago einen ähnlich emotionalen Abschied geben wird, ist jedoch schwer vorstellbar.

Fehlpässe und Nachlässigkeit

"Thiago ist ein Ausnahmekönner, Thiago ist einfach ein exzellenter Fußballspieler. Ich möchte schon gerne haben, dass er hierbleibt", sagte Hansi Flick vor etwa einem Monat über seinen Mittelfeldspieler. Auch innerhalb der Mannschaft wird er als grandioser Fußballer gefeiert: "Thiagos Ballsicherheit tut uns gut, und man unterschätzt oft, dass er auch sehr aggressiv gegen den Ball arbeitet", so Teamkollege Thomas Müller. Seit sieben Jahren ist Thiago Stammspieler für eines der besten Teams Europas, weil er nicht nur technisch extrem gut ist, sondern Sachen kann, die kein anderer so macht wie er. Dass er in der Öffentlichkeit nicht als einer der Allergrößten gesehen wird, liegt daran, dass er in den entscheidenden Momenten nicht so abliefert wie es von einem Spieler mit seinen Qualitäten erwartet wird - ob das immer fair ist, bleibt fraglich. In Situationen, wo es drauf ankommt, schwächelt er mit Fehlpässen und Laissez-faire Aktionen - man erinnert sich an sein 'Zuspiel' zum Weihnachtsmann auf der Bandenwerbung anstatt zum Mitspieler.

Warum die Bewertungen des Spaniers so unterschiedlich ausfallen, hat er einmal mehr im Champions League-Halbfinale gegen Olympique Lyon am Mittwochabend gezeigt. In der vierten Spielminute kommt das Zuspiel von Thiago auf Leon Goretzka. Das Problem: Der Pass landet nicht beim deutschen Nationalspieler, sondern beim Lyoner Maxence Caqueret. Zwischen den beiden Innenverteidigern hindurch, spielt Caqueret seinen Kapitän Memphis Depay den perfekten Ball zu und es kommt zum Eins-zu-eins zwischen ihm und Manuel Neuer. Erster Stresstest für die Münchner, aber der Ball traf nur das Außennetz. Im Spiel folgen noch weitere haarsträubende Abspielfehler des sonst so sicheren Spaniers.

Platz in der Startaufstellung ist unklar

Genau diese Laissez-faire Art ist es, die Thiago jetzt das Endspiel kosten könnte. Nach dem Halbfinale gegen Lyon hat Bayern Münchens Trainer Hansi Flick taktische Veränderungen in der Verteidigung angekündigt: "Wir wissen, dass Paris sehr schnelle Spieler hat. Da müssen wir schauen, dass wir die Defensive etwas anders organisieren". Außerdem störten Flick die "leichtfertigen Ballverluste". Mehr Stabilität im Mittelfeld könnte Flick mit einer personellen Rotation herstellen - auf Kosten Thiagos.

Wenn Thiago bei seinem finalen Spiel für die Bayern doch zum Einsatz kommen sollte, hat er zum letzten Mal die Chance auch der Spieler zu sein, der den entscheidenden Unterschied macht. Vielleicht gelingt es ihm, was vielen anderen Bayern-Größen gelungen ist: einen Titel zu gewinnen, der nur an ihm festgemacht wird. Wenn er das schafft, wird man am Montagmorgen lesen können: Ein weiterer Bayern-Held geht.

Quelle: ntv.de

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