Fußball

Ein bisschen Klopp, ein bisschen Pep Tuchel wird Borussia Dortmund verändern

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Der "Ex" ist noch im Amt, aber der Nachfolger steht schon bereit. Und während sie in Dortmund den Schock über den Klopp-Rücktritt noch verdauen, müssen sie sich auf ein gewaltigen Umbruch einstellen, sowohl sportlich, als auch menschlich.

Was ist das eigentlich gerade für eine kuriose Situation in Dortmund? Jürgen Klopp macht im Sommer mit seiner großen Liebe Schluss. Weil der Kopf das sagt. Weil sein Herz aber anders fühlt, tut seine Entscheidung allen Beteiligten weh. Richtig weh. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke wirkte bei der Verkündung des Klopp-Rückzugs vergangene Woche wie ein gebrochener Mann. Sportdirektor Michael Zorc suchte verzweifelt nach Worten. Und Klopp bemühte sich um größtmögliche Souveränität.

In Dortmund muss sich Thomas Tuchel als Nachfolger von Jürgen Klopp beweisen - sportlich, aber auch menschlich.

In Dortmund muss sich Thomas Tuchel als Nachfolger von Jürgen Klopp beweisen - sportlich, aber auch menschlich.

(Foto: imago/Rene Schulz)

Doch gravierender ist die Gefühlslage bei den Fans. Manche weinen. Manche schweigen. Manche schreiben ihren Kummer auf Plakate. Aber in einem Punkt sind sie vereint. Sie feiern den "Ex" mit minutenlangen Sprechchören im Stadion. Und während sie alle versuchen zu verstehen, was eigentlich undenkbar ist, bittet der "Neue" bereits um Einlass. Thomas Tuchel übernimmt im Sommer den BVB. Und was dann in Klopps-Wohnzimmer, dem Signal-Iduna-Park, passieren wird, ist das vielleicht spannendste Projekt in der jüngeren Bundesliga-Geschichte.

Ähnliche Spielidee wie Klopp

Thomas Tuchel wird Borussia Dortmund verändern. Er muss. Dabei wird er auf seinem Weg aber möglicherweise vieles von dem konservieren, was die Mannschaft unter Klopp jahrelang so stark gemacht hat. Der neue Coach steht ebenso wie sein Vorgänger für einen Fußball mit höchster Intensität. Mit aggressivem Pressing. Mit blitzschnellem Umschalten. Mit heißen Emotionen. Mit explosiver Exzentrik in der Coachingzone. Und dennoch ist Tuchel weit davon entfernt, ein Klopp-Klon zu sein.

Der 41-Jährige hat nie einen Hehl aus seiner Begeisterung für Josep Guardiola gemacht. In einem Interview mit der "Zeit" erklärte der Neu-Borusse, er habe von Guardiolas Barcelona "alles lernen" können, "was dieses Spiel ausmacht". Stichwort: Flexibilität. Wie der Katalane richtet auch Tuchel sein System am Gegner aus - ganz anders als Klopp. Tuchel beobachtet, analysiert, reagiert nonstop - während der 90 Minuten, davor und danach. Er ist mehr Fußballakademiker als Motivator. Mit seiner Spielidee erhält er dem BVB ein bisschen Klopp. Mit seiner Leidenschaft zur Tüftelei gibt er dem BVB ein bisschen Guardiola. Rein sportlich betrachtet klingt das nach einer sehr vielversprechenden Symbiose.

Ein Profi, kein Kumpel

Aber was bringt der neue Mann der Borussia als Typ mit? Jenem Klub, der mehr als kaum ein anderer Klub von den ganz großen Emotionen, von der glühenden Leidenschaft lebt. Jenem Klub, wo Liebe so großgeschrieben wird, dass sie zur Vereinsmarke geworden ist. Jürgen Klopp hat diese innige Beziehung in sieben Jahren gehegt und gepflegt. Das wird sich nun ändern. Statt Kloppscher Kumpelei bevorzugt Tuchel eine professionelle Distanz. Wenn seine Spieler Fehler machen, kann er sie lautstark zusammenfalten. Tuchel ist knallharter Chef, und weniger "einer von uns", wie sie es im Ruhrgebiet so sehr mögen. Die bedingungslose Identifikation mit dem Klub, sie ist von ihm nicht zu erwarten. Der Abgang in Mainz im Sommer 2014, trotz laufenden Vertrags, hat gezeigt: Tuchel kann ein gewaltiger Egoist sein. Ein schwieriger Charakter. Eine echte Reizfigur.

In Dortmund muss der 41-Jährige nun aus einem gewaltigen Schatten heraustreten, als Typ und als Trainer. Und dabei hat er es von Anfang an deutlich schwerer als sein Vorgänger, der sich vor seinem Wechsel in den "Pott" ebenso wie Tuchel nur in Mainz Trainermeriten verdient hatte. Klopp übernahm Borussia Dortmund im Sommer 2008, zu einer Zeit, als die Mannschaft eher Abstiegskandidat, als Meisterschaftsfavorit war. Klopp bekam damals die Zeit, das Team zu entwickeln. Er hatte eine Philosophie. Er drückte sie durch. Nach nur drei Jahren war die Borussia plötzlich Nummer Eins in Deutschland. Zwei Meistertitel und ein Triumph im DFB-Pokal sind ein überragender Nachweis seiner erfolgreichen Arbeit.

Tuchel muss sich diesem Erbe nun stellen. Trotz der durchwachsenen Saison ist die Mannschaft personell nach wie vor der nationalen Spitze zuzuordnen. Tuchels Aufgabe ist es daher weniger ein Spitzenteam zu formen, als einem Spitzenteam neues Leben einzuhauchen und ihm eine flexible Spielidee zu verpassen. Der schnelle Weg zurück in die Champions League ist weniger eine "Nice-to-have"-Option, als eine klare Zielvorgabe. Borussia Dortmund hat den Anspruch Titel zu gewinnen - national und international. Mit seinem Streben nach Perfektion, seiner Besessenheit vom Erfolg ist Tuchel der einzig logische Nachfolger von Klopp. Die Verantwortlichen haben großes Vertrauen. Die Fans große Erwartungen, aber auch einen skeptischen Blick.

Quelle: ntv.de

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