Fifa groß gemacht Weltsportführer Havelange wird 100
08.05.2016, 08:55 Uhr
João Havelange feiert seinen 100. Geburtstag.
(Foto: dpa)
Einer der letzten Dinos des Weltsports wird heute 100 Jahre alt: João Havelange brachte dem Fußball-Weltverband Fifa als Präsident sehr viel Geld ein. Eine Schmiergeld-Affäre überschattet jedoch sein Lebenswerk.
João Havelange ahnte nicht, dass es seine letzte große Rede auf der Weltsportbühne sein würde. "Ich lade Sie alle ein, 2016 mit mir zusammen zu sein, in meiner Stadt, in einem neuen Brasilien, zu meinem 100. Geburtstag", rief der ehemalige Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa am 2. Oktober 2009 zum Schluss seines flammenden Plädoyers für den Olympia-Kandidaten Rio de Janeiro der Sportwelt zu.
Seit jener Wahl-Session des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Kopenhagen sind nun fast sieben Jahre ins Land gezogen. An diesem Sonntag feiert der Brasilianer seinen angekündigten Ehrentag. Im August folgen die Sommerspiele vor der Haustür - allerdings ohne Havelange als strahlendem Gastgeber. Sein enormes Sport-Lebenswerk hat tiefe Risse bekommen.
Kräftig mitkassiert
Im Juni 2012 veröffentlichte Dokumente bestätigten, was viele geahnt und Eingeweihte in der Fifa-Spitze, der er selbst von 1974 bis 1998 als Präsident angehörte, gewusst und lange vertuscht hatten: Beim Aufbau des spröden Verbandes zum florierenden Milliarden-Unternehmen hatte einer der letzten Dinos unter den Sportfunktionären kräftig mitkassiert und mitkassieren lassen. Bei vielen lukrativen Verträgen wie der Vergabe von Übertragungsrechten an die 2001 pleitegegangene Vermarktungsagentur ISL.
Wegen Schmiergeld-Zahlungen hatte als Erstes das IOC gegen den Ex-Präsidenten des brasilianischen Olympia- und Fußballverbandes (1956-1974) ermittelt. Im Dezember 2011 trat Havelange, als Schwimmer 1936 und Wasserballer 1952 selbst Olympiastarter, nach 48 Jahren als IOC-Mitglied "aus gesundheitlichen Gründen" zurück und kam damit einem unehrenhaften Rauswurf zuvor. Am 18. April 2013 legte der Anwalt und Unternehmer dann seinen Titel als Fifa-Ehrenpräsident ab.
Dabei hatte Jean-Marie Faustin Godefroid Havelange, Sohn eines belgischen Waffenhändlers, den Weltverband entstaubt, modernisiert, aufgebläht. "Was ich bei der FIFA geschafft habe, war, die ganze Welt in sie hineinzubringen", sagte der stets aristokratisch auftretende Patriarch. Schon seine hünenhafte Gestalt und sein donnernder Bass waren Respekt einflößend.
Fußball wird globalisiert
Am Vorabend der WM 1974 mit den Stimmen der damaligen Fußball-Exoten aus Afrika und Asien zum Präsidenten gewählt, sah er bei der Endrunde in Deutschland 13 Europäer und Südamerikaner, aber nur drei Turnierteams aus dem Rest der Welt. Unter seiner Hand traten 50 neue Verbände der Fifa bei, die heute mehr Mitglieder hat als die Vereinten Nationen.
Die globale Vermarktung der Ware Fußball begann.
Das Feld bei WM-Turnieren wurde von 16 auf 32 Starter aufgestockt. Junioren, Frauen und Hallenfußballer bekamen ihre eigenen Weltmeisterschaften. Die Vergabe von Marketing- und TV-Rechten füll(t)en den Geldspeicher am Fifa-Sitz auf dem Zürcher Sonnenberg, wo er bei Amtsantritt gerade mal zwölf Angestellte vorgefunden hatte.
Aber mit den ersten Aufträgen an die Vermarktungsfirma ISL wurden auch Tür und Tor für Korruption und Bestechung weit aufgestoßen. Schmiergeld floss, darunter dokumentierte 1,5 Millionen Schweizer Franken an Havelange. Weiteres Ungemach droht, denn auch das FBI hat im Zuge seiner laufenden Ermittlungen im Fifa-Korruptionsskandal den Jubilar ins Auge gefasst. Von der Feierlust vor sieben Jahren ist nicht mehr viel geblieben. Um Havelange ist es ruhig geworden.
Quelle: ntv.de, Heiner Gerhardts, SID