Fußball

Schicksalsspiel in Camp Nou Wie stark leidet der BVB für Coach Favre?

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Der Trainer unter Druck, das Team in der Bringschuld - nun der Hammer beim FC Barcelona. Die Krise des BVB droht sich im fünften Gruppenspiel der Champions League weiter zu verschärfen. Ein Sieg könnte jedoch für dringend nötige Entspannung sorgen - vor allem bei Lucien Favre.

Gibt es gute Ort für ein Schicksalsspiel? Vermutlich nicht. Gibt es schlechte Orte für ein Schicksalsspiel? Vermutlich schon. Das Camp Nou ist wohl so ein Ort. Dort spielt der FC Barcelona. Eine Mannschaft, die den europäischen Fußball seit Jahren mitdominiert, auch wenn der letzte Triumph in der Champions League schon viereinhalb Jahre her ist. Nun, an diesem Mittwochabend, entscheidet sich an diesem so magischen Ort womöglich das Schicksal von Lucien Favre. Mit Borussia Dortmund kämpft der Schweizer Trainer ab 21 Uhr (im Liveticker bei ntv.de) nicht nur darum, die Ausgangslage in der Gruppenphase der Champions League weiter zu verbessern, sondern auch um seine Zukunft.

Die gilt seit dem peinlichen und verschämten 3:3 (0:3) gegen Bundesliga-Aufsteiger SC Paderborn am vergangenen Freitag im eigenen Stadion als akut gefährdet. Die Situation hat sich auch durch die Vertrauensansage von Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke kaum entschärft. Denn sie war garniert mit dem Hinweis, dass Fußball sich immer über Ergebnisse definiert. Und die stimmen in dieser Saison seltener, als es dem BVB lieb wäre. In der Bundesliga rumpelt's reichlich, in der Champions League mischt sich in den Rausch regelmäßig Frust.

"Wir haben Druck. Aber der Druck ist immer da", sagte Favre am Dienstagabend. Seine Situation ist dabei klar umrissen: Mit einem Sieg wäre das Achtelfinale sicher gebucht, seine Position wieder etwas stabiler. Bei einem Remis würde es am 10. Dezember mutmaßlich zum Gruppenendspiel daheim gegen Slavia Prag kommen (als Fernduell mit Inter Mailand). Favres Situation würde sich anhand der gezeigten Leistung im Camp Nou entspannen oder gar verschärfen. Und bei der Niederlage heute Abend müsste er wohl massiv zittern, selbst wenn das ausgesprochene Vertrauen eigentlich auch für das Liga-Duell mit Hertha BSC und dessen Überaschungs-Comebacker Jürgen Klinsmann am Samstag (15.30 Uhr im Liveticker bei ntv.de) gilt.

Alles was schlecht läuft, muss gut werden

Favre bemüht sich um Gelassenheit. Die liegt ihm ja generell eigentlich ziemlich gut. "Viel Leidenschaft", fordert er gegen Barça von seiner Mannschaft. Man müsse "sehr gut verteidigen und clever und mutig nach vorne spielen." All das gelang dem BVB zuletzt nicht. Trotzdem fühlte Favre sich von seinem Team nicht im Stich gelassen. Und das wiederum kündigt zumindest mal an, alles besser machen zu wollen. Jeder solle sich "an die eigene Nase fassen", sagte Kapitän Marco Reus nach dem Spiel gegen Paderborn. Er verteidigte den Trainer vehement. Ebenso wie Mats Hummels. Und von Watzke gab's den dringenden Appell: "Reißt euch zusammen und tretet so auf, wie das von Borussen erwartet wird."

Aber was genau wird von Borussen erwartet? Das sie kämpfen? Malochen? Wie es die Ruhrpott-Identität so vorgibt. Oder das sie zaubern? Im Vollgasmodus? So wie es der Kader eigentlich hergibt? Diese Frage muss Favre für sich ebenso beantworten, wie die Frage nach dem System. Der 62-Jährige favorisiert ein 4-2-3-1. Das behagte der Mannschaft zuletzt gar nicht. Sie offenbarte gar gravierende Pressingschwächen. Hummels machte nach dem peinlichen Auftritt gegen den SCP auch deutlich, dass sich die Mannschaft in einem 4-1-4-1 wohler fühle. Offen ist in beiden Systemen, wer das Zentrum besetzt, denn Paco Alcácer fehlt mit Magen-Darm-Problemen. Außerdem kann Favre nicht auf kampfstarken Thomas Delaney bauen und mit Jacob Bruun Larsen fehlt eine Option für die offensiven Außenbahnen.

"Natürlich müssen wir auch leiden"

FC Barcelona - Borussia Dortmund, 21 Uhr

FC Barcelona: ter Stegen - Sergi Roberto, Umtiti, Lenglet, Firpo - Busquets - Vidal, de Jong - Messi, Suarez, Griezmann; Trainer: Valverde.
Borussia Dortmund: Bürki - Piszczek, Zagadou (Akanji), Hummels, Guerreiro  - Witsel, Weigl - Hakimi, Brandt, Hazard - Reus; Trainer: Favre.Schiedsrichter: Turpin (Frankreich)

Zutrauen für einen erfolgreichen Abend gewinnt Reus derweil aus seiner Erinnerung an das erste Duell, in dem die Borussia begeisterte, in dem Reus von einem phänomenalen Marc-André ter Stegen im Tor der Katalanen entnervt worden war. "Wenn wir es machen wie im Hinspiel, haben wir gute Chancen", sagte der Kapitän. Und forderte: "Wir müssen das ganze Spiel versuchen, mutig zu sein. Natürlich müssen wir auch leiden." Eine sehr schöne Umschreibung des M-Worts, das in Dortmund seit Wochen auf dem prall gefüllten Krisen-Index steht.

Es ist eine Ergebnis-, eine Spiel- aber auch eine kollektive Formkrise. Mit am eklatantesten wirkt diese beim so gehypten Jadon Sancho. Auch Reus hat sie voll erwischt. Und Axel Witsel. Und wie sie alle heißen. Dennoch bleibt aber vor allem Sancho wegen seines überragenden Talents der Hoffnungsträger. In den vergangenen Wochen fiel er allerdings auch mit Undiszipliniertheiten auf. So wie einst Ousmane Dembélé, der nun beim FC Barcelona spielt, sich dort ebenfalls nicht immer von der besten Seite zeigt und auch immer noch auf seinen endgültigen Durchbruch wartet.

Tatsächlich trifft er zweieinhalb Jahre, nachdem er sich unter spektakulären Begleitumständen aus Dortmund weg gestreikt hatte, nun erstmals auf seine ehemaligen Kollegen. Im Hinspiel hatte der 22 Jahre alte Weltmeister gefehlt und sich damit ein Pfeifkonzert der noch immer verärgerten BVB-Fans erspart. "Emotional wird es schon ein bisschen schwer sein. Aber ich freue mich, sie wieder zu sehen und gegen sie zu spielen", sagte Dembélé. Der Franzose bezeichnete die Partie "als wichtigstes Spiel der ersten Saisonhälfte". Der Satz könnte auch von Favre stammen.

Quelle: ntv.de

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