"Das macht ja so gar keinen Sinn" Zahnloser BVB lässt Klopp mächtig leiden
19.03.2015, 11:37 Uhr
Raus ohne Applaus: Jürgen Klopp und sein BVB verabschieden sich für mindestens anderthalb Jahre aus der Champions League.
(Foto: dpa)
Beim demütigenden Champions-League-Aus gegen Juventus setzt Dortmund einen verstörenden Trend fort: Die Chancentode spielen sich nicht einmal mehr Torgelegenheiten heraus. Die Fans sind konsterniert, Trainer Klopp ratlos.
"Die Ouvertüre war okay. Im Aufbau war das okay, im Spielvortrag war das okay. Aber sobald es in die gefährlichen Räume kam, kann ich mich an wenig Szenen erinnern, wo es wirklich gefährlich wurde." Und das fand Jürgen Klopp, der Trainer des BVB, nach dem Achtelfinal-Rückspiel gegen Juventus Turin dann gar nicht mehr okay. Warum, ist bekannt. Mit 3:0 gewannen die Italiener das Rückspiel im Dortmunder Westfalenstadion, was für den BVB eine dreifache Schmach bedeutete.
Einerseits wurden die Dortmunder im eigenen Stadion mit drei Gegentoren vorgeführt und schieden nach dem 1:2 im Hinspiel krachend aus der Champions League aus. Andererseits wurde die von Juventus gefürchtete Südtribüne erst von den Gästefans immer wieder überstimmt und dann vom massiven Zuschauerschwund erfasst, der ab dem 2:0 für Juventus in der 70. Minute einsetzte - und zu deutlich vernehmbarer Häme führte. Ein Gästeblock, der den flüchtenden BVB-Fans durchs ganze Stadion schallend "Auf Wiedersehen!" hinterherrufen darf, ist im Dortmunder Fußballtempel nicht gerade an der Spieltagesordnung.
Und schließlich hätten die Dortmunder - trotz Heimvorteils - selbst dann nicht drei Tore erzielen können, wenn alle BVB-Chancen gegen Juventus drin gewesen wären. Denn der Borussia gelangen überhaupt nur zwei Schüsse aufs Tor, was Klopp konsterniert zur Kenntnis nahm. "Wir waren bemüht und das ist kein Riesenkompliment. Wir haben viel investiert und trotzdem ist nichts dabei rausgekommen." Wäre am späten Mittwochabend im Dortmunder Stadion über die Einführung des technischen K.o. im Fußball abgestimmt worden - der Trainer wirkte, als hätte er ohne zu zögern zugestimmt.
Warum schießt sein BVB plötzlich so wenig?
Sein Verweis auf die Fußballweisheit, wer nicht schieße, könne auch nicht treffen, half als Erklärung schließlich nur bedingt weiter. Denn er warf umgehend die Frage auf: Warum schießt sein BVB, der jahrelang als Chancentod der Liga glänzte, plötzlich so wenig? Und warum sind Klopp und sein Trainerteam in der Halbzeitpause nicht mehr in der Lage, Mannschaft und Matchplan taktisch anzupassen? Gegen Juventus hielt nur der Zeigefinger vor den Lippen von BVB-Kapitän Mats Hummels die Fans von einem Pfeifkonzert zur Halbzeitpause ab. Über die zweite Hälfte sagte Hummels dann nach dem Spiel im ZDF: "Die war unterirdisch von uns, das 0:3 geht auch in dieser Höhe völlig in Ordnung. Schade, dass unser für eineinhalb Jahre letztes Champions-League-Spiel so unglücklich ablaufen musste."
Wie schon gegen den Hamburger SV und den 1. FC Köln kamen die Dortmunder trotz ihrer namhaften Offensivabteilung um Nationalspieler Marco Reus und Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang kaum zu Chancen und Abschlüssen. Und weil Italiens Rekordmeister Juventus Turin im Gegensatz zur Ligakonkurrenz neben einer stabilen Defensive auch über eine schlagkräftige Offensivabteilung verfügt, hieß es diesmal am Ende nicht 0:0, sondern eben 0:3. Während manche Beobachter die eklatante Offensivharmlosigkeit primär mit dem Ausfall von Taktgeber Nuri Sahin in Verbindung bringen, sieht Klopp die seit dem Chancenrausch gegen Schalke grassierende Mut- und Ideenlosigkeit vor allem in "falschem Verhalten in den relevanten Räumen" begründet: "Es gab Momente, wo wir uns durchgespielt haben und Juve dann sehr massiert am Sechzehner stand. Da fangen wir an, in so einem Raum direkt zu spielen, Zwei gegen Acht sozusagen." Und das, sagte Klopp, "ist natürlich nicht richtig. Dementsprechend: Falsche Entscheidungen, das ist sicher das Thema."
Er offenbarte aber auch, dass seine Mannschaft ihm im Moment einmal mehr ein Rätsel ist: "Dass wir das innerhalb von drei Wochen bekommen, ist jetzt auch nicht völlig normal." Zumal die Probleme bereits nach den Nullnummern gegen Hamburg und Köln von Trainer und Spielern angesprochen worden waren. Doch die von Hummels eingeforderte Konsequenz im letzten Drittel, der Mut zu Schüssen aus der zweiten Reihe, all das zeigte nur Juventus Turin. Nur warum? Nach dem "Chancenwucher" gegen Schalke, räumte Klopp ein, sei irgendwie die Konsequenz verloren gegangen: "Wir investieren viel, um in die richtigen Räume zu kommen, sind da, kriegen das Anspiel durch, und dann, ja, kommen wir nicht zum Abschluss." Das sei nicht nur falsch. Das müssten er und seine Mannschaft "dringend und sofort ändern". Denn, so Klopp: "Das macht ja so gar keinen Sinn." Ein Satz, der Sinn ergab.
Quelle: ntv.de