
Erst Tor geschossen, dann gewonnen und schließlich Currywurst gegönnt: ein Freitagabend im Leben des Joshua Kimmich.
(Foto: IMAGO/ActionPictures)
Verdiente Nacht-Currywurst für die siegreichen Bayern, böse Schelte für die Katastrophen-Hertha und ein Kölner Trainer, der die Fußballfans mit seiner ehrlichen, offenen und direkten Art begeistert. Der erste Spieltag macht Appetit auf mehr. Die Bundesliga hat einen Blitzstart hingelegt.
Als Joshua Kimmich sich mit einigen seiner Mannschaftskameraden nach einem kurzen Diskotheken-Besuch um 3.12 Uhr am frühen Samstagmorgen mit einer Currywurst stärkte, da war die neue Bundesliga-Saison erst sieben Stunden alt - aber schon überaus spektakulär, unterhaltsam und vor allem vielversprechend gestartet. Und an diesem Blitz-Start war insbesondere auch der Mann mit der Nummer 6 beim FC Bayern München stark und nachhaltig beteiligt.
Denn sein Zaubertörchen in der fünften Spielminute der Auftaktpartie bei Eintracht Frankfurt hat den Appetit und die Vorfreude auf eine ereignisreiche und aufsehenerregende Bundesliga-Saison gleich von Beginn an geweckt. Umso bemerkenswerter allerdings, dass die Liga direkt am nächsten Tag mit einem Reigen an unterschiedlichsten Schlagzeilen nachzog. Die Spiele sind eröffnet - und scheinen eine Saison zu versprechen, die offensichtlich alles andere als langweilig werden wird.
Wer am Freitagabend um 20.30 Uhr das Empfangsgerät für die erste Begegnung der neuen Spielzeit eingeschaltet hatte, der konnte sich vornehmlich in der ersten Hälfte ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen - es sei denn, man hielt und hält es mit der Frankfurter Eintracht. Wiewohl: Auch der Europapokalsieger der letzten Saison trug zum Erfolg der Partie maßgeblich mit bei und war bei weitem nicht so chancenlos, wie es das Ergebnis eigentlich vermuten lässt.
Doch die imposante Wellenbad-Taktik der Bayern, die fast jeden Versuch der Eintracht, geordnet von hinten herauszuspielen, zunichtemachte, wird noch viele andere Gegner in den kommenden Monaten zur Verzweiflung treiben. Doch auch in dieser Spielzeit wird es wieder Mannschaften geben, die den FC Bayern München besiegen werden. Momentan können sich das die wenigsten wahrscheinlich überhaupt vorstellen, aber umso größer und emotionaler wird die Sensation dann gefeiert werden.
Ein wichtiger Merksatz
Das komplette Gegenteil zum Rekordmeister stellt im Augenblick die Hertha aus Berlin dar. Eigentlich hatte man vermutet, dass die letzte Katastrophen-Saison nicht mehr zu unterbieten sein würde, doch momentan sieht es ganz danach aus, dass der berühmten "alten Dame" nur noch eine radikale Verjüngungskur helfen wird, um wieder auf die Beine zu kommen. Interessant wird der Weg der Hertha aber in jedem Fall werden. Besonders die spannende Personalie Kay Bernstein als Ex-Ultra auf dem Präsidentenposten wird immer wieder für Schlagzeilen sorgen. Die Geschichte hat Hollywood-Potential, weil sie so in 60 Jahren Fußball-Bundesliga zum ersten Mal erzählt wird - und der Ausgang völlig offen ist.
Abseits des grünen Rasens hat die Hertha spätestens mit dem Einstieg des Investors Lars Windhorst und der Kurzfrist-Verpflichtung von Tagebuch-Trainer Jürgen Klinsmann stets eine Menge zu bieten. Nun darf man gespannt sein, ob sich sportlich die Lage in dieser Spielzeit wieder etwas stabilisieren wird. Zur Beruhigung für alle Herthaner: Borussia Mönchengladbach war nach der ersten Partie der Saison 1998/99, als man den FC Schalke 04 mit 3:0 zu Hause geschlagen hatte, für viele Beobachter bereits ein neuer Meisterschaftsfavorit. Am Ende stieg man sang- und klanglos ab - und die Königsblauen landeten sicher im Mittelfeld. Merke: Erstens ist nach nur einer Begegnung noch überhaupt nichts passiert und zweitens kommt es eh meist anders, als man denkt.
Und da wir gerade bei der Fohlenelf vom Niederrhein sind: Nicht wenige Experten sahen die Zukunft für die Borussia vor dem ersten Spieltag eher düster. Jetzt, nach dem 3:1-Sieg gegen die TSG Hoffenheim, gibt es nicht wenige Stimmen, die Mönchengladbachs Neu-Trainer Daniel Farke bereits wieder in den Himmel loben. So schnell kann das gehen. Man sieht also: Das wird noch eine lange, schöne und vor allem spannende Saison.
Steffen Baumgart hat es verstanden
Und das weiß auch Kölns Coach Steffen Baumgart, der erfreulicherweise aus seinem Herzen häufig keine Mördergrube macht, wie er auch erst am Wochenende wieder einmal bewies, als er ziemlich deutlich - wenn auch indirekt - Kritik in Richtung Borussia Dortmund und Sebastian Kehl äußerte. Verständlicherweise. Denn dass der Wechsel von Anthony Modeste vom Rheinland ins Ruhrgebiet noch vor der Partie der Kölner gegen den FC Schalke 04 publik wurde, sorgte sicherlich für einiges an Unruhe beim FC.
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Später auf dem Platz hatten dann allerdings die Königsblauen mit so manch diffuser Widrigkeit zu kämpfen. Auf dem grünen Rasen sah eigentlich alles recht ordentlich aus - doch im berühmten "Kölner Keller" hatte man an diesem Tag wohl etwas zu offensichtlich die rot-weißen Brillengläser aufgezogen.
Doch zurück zu Steffen Baumgart und dem Ausblick auf eine lange, intensive Spielzeit. Als der FC-Trainer neulich bei "Inas Nacht" von der Gastgeberin gefragt wurde, ob er denn bei ihrem Konzert im Oktober in Köln auf der Bühne singen würde, antwortete Baumgart sehr weise und weitsichtig: "Vor so vielen Leuten? Ich muss gucken, wo wir dann stehen. Wenn wir oben stehen, dann ja! Wenn wir unten stehen, wird's eng …". Der Mann hat den Fußball verstanden - und ist sicherlich auch einer der Gründe, warum sich die Bundesliga gleich mit diesem ersten Spieltag der Saison 2022/23 zurück in die Herzen der Fans spektakelt hat.
Quelle: ntv.de