
Lukas Podolski ist eine absolute Kultfigur beim 1. FC Köln.
Vor zwanzig Jahren schoss Lukas Podolski sein erstes Bundesligator. Damals besaß er noch keinen Führerschein und fuhr täglich mit der Bahn zum Training. Doch sein Treffer machte ihn endgültig zum Stammspieler - und seine herrlich offene Art zu einem der beliebtesten deutschen Spieler der letzten zwanzig Jahre!
Lukas Podolski steht in der Straßenbahn und lächelt. Er ist 18 Jahre jung und seit ein paar Wochen Stammspieler des 1. FC Köln. Seine Mannschaft steckt mal wieder im Abstiegskampf, doch der neue Trainer Marcel Koller hat einen Narren an dem jungen Stürmer gefressen. Für ihn ist er die große Hoffnung für die Zukunft. Die nahe Zukunft: "Lukas ist ein außergewöhnliches Talent. Er hat schon jetzt die Klasse, sich in der ersten Liga zu behaupten."
Nur ein paar Tage vor dem Fototermin in der Linie 19 der Kölner Verkehrs-Betriebe hat sich der noch relativ unbekannte Nachwuchsspieler Lukas Podolski am 16. Spieltag der Saison 2003/2004 erstmals einer größeren Öffentlichkeit vorgestellt. Das Interview, das er damals nach seinem ersten Bundesligatreffer in der Partie seines 1. FC Köln bei Hansa Rostock (1:1) dem Premiere-Reporter Christian Sprenger gab, ist in die Geschichte der Bundesliga eingegangen. Es ist das bemerkenswerte Interview eines jungen Mannes, der so herrlich unbedarft und offen antwortete wie schon lange kein Spieler vor ihm. Eine Eigenschaft, die schon bald - neben seinen vielen Toren und seiner sportlichen Klasse natürlich - dazu führen sollte, dass Lukas Podolski zu einem der beliebtesten deutschen Spieler der letzten zwanzig Jahre werden sollte.
"Ja, aber, natürlich der Sieg hat gefehlt, ne!"
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Aber Premiere-Reporter Christian Sprenger wusste damals noch nicht, was in dem Gespräch auf ihn zukommen sollte. Mittlerweile ist das Interview eine Legende. Sprenger: "Das erste Tor von dem jungen Mann neben mir. Herzlichen Glückwunsch dafür, im vierten Spiel, kann man eigentlich nicht meckern?!" Podolski: "Ja, aber, natürlich der Sieg hat gefehlt, ne! Wenn man so knapp davorsteht, dann will man auch schon gewinnen, ne!" Sprenger: "Warum hat es dann letztlich nicht geklappt? Durch den Elfmeter? Ist da ein bisschen Unruhe entstanden?" Podolski: "Ja, ich glaub, erst hat man den Elfmeter und dann kriegen wir das Gegentor - das ist natürlich scheiße, ne! Muss man drauf aufpassen."
Sprenger: "Waren gerade einmal 19 Sekunden dazwischen. Haben Sie damit gerechnet, dass Sie heute wieder von Beginn an dabei sind?" Podolski: "Ja, ich denk mal, im Training will man sich zeigen, und dann sieht man auch, wenn ein Trainer einen aufstellt, ne!" Sprenger: "Wenn wir jetzt auf die Tabelle gucken, nach ganz unten. Dieser eine Punkt, so richtig viel bringt der ja nicht, wie …" Podolski: "Wir haben uns vorgenommen, aus den zwei Spielen sechs Punkte zu holen, das ist natürlich scheiße heute, ein Punkt zu wenig." Sprenger: "Das heißt jetzt, gegen Hertha müssen fünf her!" Podolski lacht: "Hä, ha, natürlich wollen wir gegen Hertha auf jeden Fall gewinnen, ne! Also, das ist das nächste Ziel, drei Punkte gegen Hertha."
Nur drei Tage nach dem TV-Interview schaute Podolski einen Reporter gelassen an, der mit ihm zusammen beobachtet hatte, wie nach dem Training des 1. FC Köln die Spieler in ihren luxuriösen Dienstfahrzeugen einer lokalen Automarke mit Großfabrik in Köln das Gelände verließen. Zurück blieb der Jung-Torschütze der Bundesliga und lächelte: "Eines Tages bekomme ich vielleicht auch so einen Schlitten." Dass dieser Tag nicht mehr in allzu weiter Ferne liegen sollte, wussten alle Beobachter am Geißbockheim. Sein Berater verglich ihn damals bereits mit seinen ehemaligen Klienten Lothar Matthäus und Stefan Effenberg. Für seine Agentur stand fest: "Dieser Junge ist ein absoluter Rohdiamant. Von seiner Klasse gibt es nicht viele!"
"Ich bin sozusagen das Mädchen für alles"
Und genau deshalb hatte der 1. FC Köln auch nicht lange gefackelt und Podolski noch vor seinem ersten Spiel einen Profivertrag gegeben. Parallel leistete die Nachwuchshoffnung den damals noch verpflichtenden Zivildienst ab. Praktischerweise beim FC selbst. Podolskis Aufgabenfeld war diffus, wie er wieder lächelnd selbst zugab: "Ich bin sozusagen das Mädchen für alles." Der 18jährige wusste, was er seinem Verein schuldig war. Schon ganz Profi erzählte er dem Reporter einer großen Sportzeitschrift: "Ich lebe nur für den Fußball, gehe in keine Disco, habe nicht einmal eine Freundin. Für mich zählt nur der FC."
Und das sollte sich auszahlen. In seiner Debütsaison erzielte Podolski in neunzehn Erstligaspielen bereits zehn Tore, was seit der Gründung der Bundesliga zu diesem Zeitpunkt noch keinem 18jährigen gelungen war. Mit gerade einmal 20 Jahren hatte Podolski dann schon einen unglaublichen Rekord inne. Achtmal hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits das "Tor des Monats" erzielt. Als Jahre später sein Kölner Teamkollege Christian Clemens für einen Treffer ebenfalls die Auszeichnung einheimste, sagte Podolski schelmisch grinsend zu Clemens: "Ich habe ihm schon mal zu seinem ersten Tor des Monats gratuliert. Jetzt braucht er nur noch zehn, um mich einzuholen."
13. Mal das Tor des Monats erzielt
Im Dezember 2022 hat Lukas Podolski dann als 37jähriger für einen Treffer aus mehr als fünfzig Metern Entfernung für seinen Klub Gornik Zabrze zum 13. Mal die Auszeichnung "Tor des Monats" gewonnen. Ein Fabel-Rekord - denn der Zweitplatzierte in dieser Rangliste, Jürgen Klinsmann, kommt nur auf sieben ausgezeichnete Treffer. Und es können ja immer noch weitere Tore hinzukommen. Im Mai verlängerte Podolski erst seinen Vertrag in Polen bis Juni 2025. Sollte es tatsächlich so eintreten, hätte der Weltmeister von 2014 knapp zweiundzwanzig Jahre als Fußballprofi hinter sich.
Doch was kommt danach? Reiner Calmund hat einmal gesagt: "Lukas Podolski ist ein Muskelpaket mit einem Schuss wie ein Pferd, dazu ein lieber, gemütlicher Typ, der Harmonie und Ruhe mag. Lukas wird kein dicker Brummer, aber vielleicht so ein kleiner, gemütlicher Dicker. Die wunderbare Küche seiner schlesischen Heimat könnte da einiges beitragen." Mal schauen. In jedem Fall scheint eine Sache aber klar zu sein: In der Straßenbahn wird man Lukas Podolski wohl so schnell nicht mehr sehen. Und das hat er sich, ohne Frage, auch mehr als verdient.
Quelle: ntv.de