Tischtennislegende aus China 61-Jährige schreibt Olympia-Geschichte

61 und noch kein bisschen müde: Ni Xia Lian.

61 und noch kein bisschen müde: Ni Xia Lian.

(Foto: picture alliance / ATP photo agency | QIAN Jun)

Mit 61 Jahren sind viele Menschen schon in Richtung Ruhestand unterwegs. Doch nicht die gebürtige Chinesin Ni Xia Lian. Die Tischtennisspielerin nimmt zum sechsten Mal an Olympia teil und schreibt für ihre neue Heimat Luxemburg bereits in der Vorrunde Geschichte.

2000 in Sydney, 2008 in Peking, 2012 in London, 2016 in Rio und 2021 in Tokio war die Tischtennisspielerin Ni Xia Lian bei den Olympischen Spielen dabei. Nun folgt 2024 auch die Teilnahme in Paris. Und schon am ersten Wettkampftag der Spiele schreibt die gebürtige Chinesin Olympia-Geschichte: Am Samstagabend kurz vor Mitternacht siegte die 61-Jährige an Tisch drei gegen Sibel Altinkaya aus der Türkei.

Mehr als 6000 Zuschauerinnen und Zuschauer bejubelten den 4:2-Sieg in der Süd Paris Arena 4. Denn Ni Xia Lian, die seit 1991 für Luxemburg spielt, steht damit nicht nur in der Runde der besten 32 Spielerinnen - sie ist die älteste Spielerin der Geschichte, der das gelungen ist.

Später Erfolg in Luxemburg

Bei der Eröffnungszeremonie auf der Seine am Freitagabend stand Ni Xia Lian als luxemburgische Fahnenträgerin ganz vorne auf dem Boot neben Kugelstoßer Bob Bertemes. Doch ihr Tischtennis-Debüt spielte Ni Xia Lian noch für ihr Geburtsland China. Bei den Weltmeisterschaften 1983 in Tokio gewann die damals 19-Jährige mit der chinesischen Mannschaft Gold. Mit Guo Yuehua holte sie auch im Mixed den Titel. Zwei Jahre später bei der Weltmeisterschaft 1985 in Göteborg belegte sie im Doppel zusammen mit Cao Yanhua den zweiten Platz.

Nur wenig später, bei den Olympischen Spielen in Seoul 1988, wird Tischtennis olympische Disziplin - doch zu diesem Zeitpunkt hat die damals 25-jährige Ni Xia Lian ihren Schläger schon längst an den Nagel gehängt - zumindest vorerst. Denn in ihrer Heimat war die Konkurrenz für Ni Xia Lian zu groß geworden. Sie konnte nicht mehr mithalten.

Nach ihrem Karriereende Mitte der 1980er Jahre wollte Ni Xia Lian studieren. Im Jahr 1989 wanderte sie nach Deutschland aus. Für kurze Zeit spielte sie in der 2. Bundesliga für Bayer Uerdingen. Dann zog es Ni Xia Lian nach Luxemburg. "Ich dachte, es werden nur zwei Jahre", sagte die 61-Jährige der "Welt". "Aber dann bin ich geblieben."

1991 vertrat sie Luxemburg erstmals in einem internationalen Wettbewerb. 1998 und 2002 gewann sie für Luxemburg Gold im Einzel.

Mit 58 Jahren gewann sie 2021 in Houston noch eine WM-Medaille im Doppel. Und auch wenige Monate vor ihrem 60. Geburtstag gehört die Luxemburgerin noch immer zu den Top 50 der Weltrangliste. Derzeit belegt sie Rang 53.

"Ich werde niemals aufgeben"

Seit 1988 dominiert China die Disziplin. Kein Land hat mehr Olympia-Medaillen im Tischtennis gewonnen: 32 der 37 Goldmedaillen und 60 der 115 Gesamtmedaillen gingen an Athletinnen und Athleten aus China.

Auch Ni Xia Lians nächste Gegnerin bei den Olympischen Spielen in Paris ist Chinesin. Als Nächstes muss die Wahlluxemburgerin Ni Xia Lian gegen die aktuelle Weltranglistennummer 1 antreten: Sun Yingsha ist mit gerade einmal 23 Jahren amtierende Weltmeisterin - also fast vier Jahrzehnte jünger als Ni Xia Lian. "Ich hatte etwas Pech bei der Auslosung", sagte Ni Xia Lian der "Welt". "Gegen sie zu gewinnen, ist eigentlich unmöglich. Aber ich werde niemals aufgeben." Beim Spiel am Dienstagabend (20 Uhr/Eurosport, ZDF und im Liveticker auf ntv.de) setzt Ni Xia Lian auf ihre Erfahrung.

Sie ist Linkshänderin und Penholderspielerin. "Sie hat einen unorthodoxen Stil", sagte der Eurosport-Kommentator Steffen Fetzner der "Welt". Ni Xia Lian dreht den Schläger während des Spiels. Zudem ist ihr Schläger auf der einen Seite mit kurzen und der anderen Seite mit langen Noppen belegt. Dadurch ist sie für ihre Gegnerinnen schwer berechenbar. "Das ist gerade für junge Spielerinnen sehr unangenehm", sagte Fetzner. "Die kommen mit so etwas manchmal überhaupt nicht klar."

Ein Küsschen für den Sieg in der Vorrunde: Ni Xia Lian mit ihrem Ehemann und Trainer Tommy Danielsson.

Ein Küsschen für den Sieg in der Vorrunde: Ni Xia Lian mit ihrem Ehemann und Trainer Tommy Danielsson.

(Foto: picture alliance / ATP photo agency | QIAN Jun)

Gemeinsam mit ihrem Mann, dem schwedischen Tischtennis-Trainer Tommy Danielsson, hat sie dafür im heimischen Keller trainiert. "Vor drei Jahren, nach Tokio, dachte ich, ich könnte mich zur Ruhe setzen. Aber der luxemburgische Verband wollte mich unbedingt dabeihaben", sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters. Also habe sie trainiert und die Qualifikation erneut geschafft. "Das nächste Ziel ist, noch ein Spiel zu gewinnen", sagte sie Reuters weiter.

Wiedersehen alter Team-Kolleginnen

Für ihre kontinuierlichen Leistungen sehen viele in Ni Xia Lian eine der größten Spielerinnen der Tischtennis-Geschichte. Auch Zhiying Zeng. 1983 war sie eine Kollegin von Ni Xia Lian im chinesischen Tischtennisteam. In Paris treffen die zwei Tischtennisspielerinnen wieder aufeinander, mehr als vierzig Jahre später: Zeng und Ni Xia Lian spielen in Süd Paris Arena 4, aber beide schon länger nicht mehr für ihr Geburtsland China. Wie ihr Vorbild hat auch Zeng eine neue Nationalmannschaft, sie tritt für Chile an.

Zeng beendete bereits in den 1980er Jahren ihre Karriere im professionellen Tischtennis. 1989 war sie nach Chile ausgewandert. Dort arbeitet die heute 58-jährige Zeng als Bürokauffrau. Während der Corona-Pandemie nahm sie nach Jahrzehnten wieder einen Schläger in die Hand.

Innerhalb weniger Monate stellte Zeng fest, dass ihr Muskelgedächtnis zurückkehrte. Und die Olympischen Spiele waren für sie aufgrund ihres Alters "ein ferner Traum", so sagte sie es Reuters. Doch Ni Xia Lian machte ihr neuen Mut: "Wenn sie spielen kann, dann kann ich auch meine körperliche Fitness verbessern und spielen. Sie ist ein Vorbild für mich", sagte Zeng Reuters.

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Und wie Ni Xia Lian schaffte auch Zeng es durch die Qualifikation. Die beiden gebürtigen Chinesinnen führen ihre Leistung auch auf ihre Ausbildung in China zurück. In Paris nahm Zeng mit 58 Jahren erstmals an Olympischen Spielen teil. Für Chile trat sie in der Vorrunde gegen die 46-jährige Libanesin Mariana Sahakian an. In einem engen Spiel mit vielen langen Ballwechseln musste sich Zeng mit 1:4 geschlagen geben. Trotz des Vorrunden-Aus will sich Zeng noch nicht vom Tischtennisspielen verabschieden und auch in Zukunft international antreten.

Ni Xia Lian ist in ihrer Disziplin die älteste Athletin. Die älteste Teilnehmerin bei den Olympischen Spielen in Paris ist Mary Hanna. Die 69-Jährige ist Reiterin des australischen Dressur-Teams. Falls Ni Xia Lian Gold gewinnen würde, wäre sie die älteste Olympia-Siegerin aller Zeiten.

Quelle: ntv.de

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