Technik

"Umbau dauert bis zu fünf Jahre" Vodafone warnt vor Huawei-Ausschluss

Das Huawei Mate 20 X 5G war im Juli eines der ersten 5G-Smartphones.

Das Huawei Mate 20 X 5G war im Juli eines der ersten 5G-Smartphones.

(Foto: Huawei)

Ohne Huawei könnte sich der 5G-Ausbau in Deutschland um bis zu fünf Jahre verzögern, warnt Vodafone. Außerdem sei der Stromverbrauch ohne Equipment der Chinesen um ein Vielfaches höher. So ähnlich sehen das auch Telekom und Telefónica, aber sie gehen das Problem unterschiedlich an.

Im kommenden Jahr wird die Verbreitung von 5G weltweit schnell an Fahrt aufnehmen. Zum einen kommen 2020 viele Smartphones auf den Markt, die den Mobilfunkstandard unterstützen. Neue Chips ermöglichen dabei auch den Einstieg mit günstigeren Mittelklasse-Geräten, was 5G massentauglich macht. Zum anderen wollen im kommenden Jahr die Mobilfunkanbieter beim Ausbau kräftig Gas geben. Das klappe aber nur mit Huawei-Technologie, sagte Vodafones Sicherheitschef Oliver Harzheim in einer Anhörung des Bundestagsausschusses Digitale Agenda. Ohne die Chinesen drohten enorme Verzögerungen.

In Deutschland geht der 5G-Ausbau erst im kommenden Jahr richtig los.

In Deutschland geht der 5G-Ausbau erst im kommenden Jahr richtig los.

(Foto: Huawei)

Laut "Golem" sagte Harzheim, ein Ausschluss von Huawei bedeutete hochgerechnet "vielleicht einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren, den wir als Vodafone benötigen würden, um das vorhandene Equipment umzubauen und 5G-ready zu machen." Im schlimmsten Fall könne sich dies noch länger herauszögern.

5G setzt auf 4G auf

Harzheim machte bei der Anhörung auf einen wichtigen Aspekt des Ausbaus aufmerksam, der bei der Diskussion über ein Verbot von Huawei-Technologie oft außer Acht gelassen wird. Denn das 5G-Netz wird nicht völlig neu gespannt, sondern basiert auf der vorhandenen 4G-Technologie, die zu einem guten Teil bereits von den Chinesen stammt.

"Da grundsätzlich die Provider einen sogenannten Single-RAN-Ansatz verfolgen, der bedeutet, dass man immer mit dem gleichen Hersteller auf vorhandene Technologie aufbaut, einfach um Kompatibilitäts- oder Qualitätsverluste auszuschließen, würde das für alle Provider bedeuten, dass sie erst mal die komplette 4G/3G-Technologie mit diesem Lieferanten zurückbauen müssten, beziehungsweise umbauen müssten, bevor sie dann 5G-Technologie ausbauen würden", sagte Harzheim.

Das hat beim Flächenausbau eine große Bedeutung. Denn um die von der Bundesregierung vorgegebene Versorgung von 98 Prozent der deutschen Haushalte mit mobilen Internet-Geschwindigkeiten mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) bis 2022 zu schaffen, errichten die Mobilfunkanbieter derzeit überwiegend noch LTE-Masten. Diese sollen erst später um 5G-Einheiten erweitert werden.

Höhere Qualität, niedrigerer Verbrauch

Bei Single-RAN sendet ein Mast in 2G, 3G, 4G und 5G. Dabei sollten alle Komponenten von einem Hersteller stammen.

Bei Single-RAN sendet ein Mast in 2G, 3G, 4G und 5G. Dabei sollten alle Komponenten von einem Hersteller stammen.

(Foto: Huawei)

RAN ist die Abkürzung von Radio Access Network, was im Prinzip die Verbindungen vom Kernnetz zu den Funkmasten und von dort zu den Endgeräten darstellt.  Bei aktuellen Benchmark-Tests stellte Vodafone fest, "dass wir bei Komponenten von Huawei insbesondere dann, wenn wir sie im Radio-Access-Netzwerk draußen an den Masten einsetzen, immer noch einen deutlichen Qualitätsvorsprung haben", zitiert "Golem" Harzheim. Außerdem verbrauche Huawei-Equipment wesentlich weniger Strom. Auf ein großes Netz umgerechnet "kommen da atemberaubende Zahlen raus nur in puncto Stromverbrauch".

Grundsätzlich wird der Einsatz von Huawei-Technologie im Kernnetz kritisch gesehen, doch bei Funkmasten gibt es laut Vodafone eigentlich keinen Grund, die Chinesen außen vor zu lassen. "Insbesondere an unkritischen Stellen, wie zum Beispiel im Access-Netz, sehen wir daher weder heute noch zukünftig bei 5G eine Gefahr durch den Einsatz chinesischer Komponenten."

Telefónica legt schon mal los

Das sehen wohl auch die beiden anderen deutschen Mobilfunkanbieter so. Telefónica und Telekom gehen mit der Situation allerdings unterschiedlich um. So hat Telefónica (O2) am 11. Dezember mitgeteilt, beim Ausbau seines deutschen 5G-Netzes "auf die bewährten strategischen Partner Nokia und Huawei zu setzen". Beide Ausrüster "sollen zu gleichen Teilen die Ausrüstung der Mobilfunkstandorte mit moderner 5G-Antennentechnik verantworten".

Auf das Ende des politischen Prozesses der Festlegung der Sicherheitsrichtlinien, will Telefónica nicht warten. Die Zusammenarbeit mit Nokia und Huawei stehe aber unter dem Vorbehalt einer erfolgreichen Sicherheits-Zertifizierung, die nach derzeitigem Stand der Sicherheitsanforderungen für eine 5G-Beteiligung erforderlich sein wird.

Auch beim Kernnetz legt sich Telefónica noch nicht auf einen Huawei-Ausschluss fest: "Über zukünftige Technologiepartner für das Mobilfunk-Kernnetz wird das Unternehmen voraussichtlich im kommenden Jahr entscheiden."

Telekom wartet ab

Huawei muss abwarten, welche Sicherheitsvorgaben für den 5G-Ausbau die Bundesregierung abschließend festlegt.

Huawei muss abwarten, welche Sicherheitsvorgaben für den 5G-Ausbau die Bundesregierung abschließend festlegt.

(Foto: REUTERS)

Die Ausschreibung fürs Kernnetz der Telekom hat Huawei zwar laut "Wirtschaftswoche" schon verloren. Was die Funkmasten betrifft, sind die Chinesen aber auch beim Marktführer noch lange nicht raus. "Angesichts der unklaren politischen Lage geht die Deutsche Telekom aktuell keine Verträge zu 5G ein, mit keinem Hersteller", teilte ein Unternehmenssprecher ntv.de mit. "Zudem ist bekannt, dass die Telekom aus Sicherheitsgründen immer auf mehrere Hersteller setzt. Wir hoffen aber, dass wir baldmöglichst politische Klarheit für den 5G-Ausbau in Deutschland bekommen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten."

Ins Hintertreffen könnte die Telekom beim Ausbau geraten, weil sie ebenfalls bestehende Netze, die 2G, 3G und 4G bereits kombinieren (Single-RAN) mit 5G ausbaut. "Hersteller sind hier vor allem Huawei, Ericsson und Nokia", so der Firmensprecher. Zahlen nennt die Telekom nicht, die Chinesen waren aber schon bei 4G wahrscheinlich der wichtigste Telekom-Partner.

Im März 2017 kündigte die Telekom den Umbau ihres Mobilfunknetzes zu Single-RAN an. Im Gespräch mit "Golem" verriet Technik-Chef Walter Goldenits, dass die Technik dafür von Huawei stammt. Anfang September feierte die Telekom auf der IFA in Berlin die leuchtende 5G-Zukunft alleine mit Huawei. Also könnte die Situation bei der Telekom ähnlich wie bei Vodafone aussehen: Ohne Huawei verzögert sich der 5G-Ausbau deutlich. Die Politik sollte jetzt schnellstmöglich eine Entscheidung treffen, um Planungssicherheit zu schaffen.

Quelle: ntv.de

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