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"Das Misstrauen bleibt" Im türkischen Kurdistan: "Nein, der Krieg ist nicht vorbei"

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(Foto: REUTERS)

Im kurdischen Südosten der Türkei sitzt das Misstrauen tief. Viele Menschen in der Kleinstadt Hakkari wollen ihren Namen nicht nennen - aus Angst vor Repressalien durch den türkischen Staat. Trotz der begonnenen Niederlegung der Waffen durch die kurdische Rebellenorganisation PKK und des angekündigten Friedensprozesses mit der Regierung herrschen im türkischen Kurdengebiet weiter Zweifel und Angst: "Nein, der Krieg ist nicht vorbei."

Die symbolträchtige Zeremonie am Freitag, bei der die ersten 30 Kämpferinnen und Kämpfer der in der Türkei verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ihre Waffen abgaben und verbrannten, fand auf der anderen Seite der Grenze im Nordirak statt. Das kurdische Hakkari liegt rund 50 Kilometer von der Grenze entfernt, türkische Polizisten sind hier allgegenwärtig, auch in zivil.

Auf den Bürgersteigen der Ortes werden die Gesichter der Menschen abweisend, sobald die Frage nach dem Friedensprozess mit der PKK aufkommt. Ein Mann, der Tee trinkt und nicht gefilmt werden will, sagt dazu: "Wir sprechen nicht darüber, weil wir nie wissen, was morgen passieren wird." Mit Blick auf frühere Versuche, einen Friedensprozess auszuhandeln, fügt er hinzu: "Wir können heute etwas sagen und morgen dafür bestraft werden. Das Misstrauen bleibt. Man weiß nie."

Vor dem Restaurant, in dem er arbeitet, zieht auch Mehmet Duman die Augenbrauen hoch. Mit seinen 26 Jahren hat er schon genug erlebt, um misstrauisch zu bleiben. "Sie haben uns abgesondert, ausgeschlossen, geschlagen, einfach nur, weil wir Kurden sind", sagt er. "Wir haben jede Art von Verfolgung, von Unterdrückung erlebt, alles..." Wenn der Staat eine Zukunft für alle seine Bürger wolle, dann müsse damit Schluss sein.

Duman betont mit Blick auf die Niederlegung der Waffen durch die PKK-Kämpfer, die überwiegend vom Nordirak aus operiert hatten: "Jetzt muss auch der Staat einen Schritt machen." Und er fügt bitter hinzu: "Alle diese Jahre, auf beiden Seiten, bei allen jungen Leuten, wurde Blut für nichts vergossen. Wir wollen das nicht mehr." Duman kritisiert auch die PKK: "Diejenigen, die jetzt ihre Waffen niedergelegt haben, hätten das auch früher tun können."

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der sich der Zweifel auf allen Seiten an dem Friedensprozess bewusst ist, versuchte am Samstag, eine ermutigende und beruhigende Botschaft an seine Landsleute auszusenden. Vor Mitgliedern seiner islamisch-konservativen Regierungspartei AKP versicherte er: "Wir wissen, was wir tun, niemand muss beunruhigt sein, Angst haben oder sich Fragen stellen." Erdogan hatte die Bildung eines Parlamentsausschusses angekündigt, um den Friedensprozess zu begleiten "und die juristischen Erfordernisse zu diskutieren". Die PKK-Mitglieder fordern Sicherheitsgarantien, damit sie in die Türkei zurückkehren können.

Mehmet Duman verweist indes auf die jüngsten Verhaftungen von Mitgliedern der linksnationalistischen türkischen Oppositionspartei CHP vor allem in den großen Städten im Westen des Landes. "Sie nennen das Friedensprozess. Aber auf der einen Seiten machen sie Frieden mit den Kurden und auf der anderen Seite nehmen sie die CHP-Mitglieder fest." Er mahnt: "So kann es keinen Frieden geben." Und er schließt mit dem Satz: "Heute sind wir still, wir hoffen das Beste, ich hoffe, dass es passiert. Aber ich glaube nicht daran."

Quelle: ntv.de, AFP

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