Wirtschaft

EU-Parlament gibt grünes Licht Bankenunion nimmt erste Hürde

Binnmarktkommissar Michel Barnier vor dem EU-Parlament.

Binnmarktkommissar Michel Barnier vor dem EU-Parlament.

(Foto: REUTERS)

Auf dem Weg zu einer europäischen Bankenunion kommt Europa immer wieder ins Stolpern. Nun ist eine erste Etappe absolviert. Doch Hindernisse auf dem weiteren Weg sind noch lange nicht ausgeräumt. Zudem werden es eher mehr.

Nach dem Ende des EU-Streits über eine gemeinsame Bankenaufsicht wird die Abwicklung maroder Institute zum nächsten Konfliktherd. Und erneut grätschen die Juristen dazwischen: Die Experten haben Bedenken gegen Vorschläge von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier, der für eine zentrale Abwicklungsbehörde plädiert. Zudem will der Franzose, dass am Ende die Kommission den Daumen über eine Krisenbank senken kann. Die deutsche Regierung lehnt das ab. Auch der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof, Niilo Jääskinen, sieht Grenzen für solche Kompetenzübertragungen. Barniers Vorstellungen sollen den EU-Finanzministern bei ihrem Treffen in Litauens Hauptstadt Vilnius ab Freitag erstmals vorgestellt werden.

Derweil gab das EU-Parlament grünes Licht für eine gemeinsame Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank (EZB). Die EZB kann nun mit deren Aufbau beginnen. Funktionsfähig könnte die Aufsicht im Herbst 2014 sein. Die unter dem Dach der EZB angesiedelte Behörde soll die Kontrolle über alle Institute im Euroraum übernehmen, die als systemisch signifikant gelten. Das sind Banken mit einem Bilanzvolumen von über 30 Milliarden Euro sowie grundsätzlich die drei größten Banken eines Landes. Barnier sprach vom ersten rechtskräftigen Schritt hin zu einer Bankenunion.

Parlament ringt EZB Zusagen ab

Für den Präsidenten des deutschen Bankenverbandes, Jürgen Fitschen, wird damit eine wichtige Konsequenz aus der Finanzkrise gezogen. EZB-Chef Mario Draghi versprach, die Notenbank werde alles tun, damit die Notenbank die Aufsicht wie geplant in einem Jahr übernehmen könne. Mit der einheitlichen Aufsicht könne das Ziel erreicht werden, wieder mehr Vertrauen in das Bankensystem Europas zu schaffen.

Die Abgeordneten hatten das abschließende Votum so lange hinausgezögert, weil sie zunächst von der EZB die Zusicherung bestimmter Rechenschaftspflichten verlangt hatten. Das war erst nach längerem Tauziehen am Mittwoch zur Zufriedenheit des Parlaments erfolgt.

Die zentrale Bankenaufsicht ist der erste Pfeiler der geplanten EU-Bankenunion. Die Aufsicht ist eine Voraussetzung dafür, dass angeschlagene Geldinstitute direkte Hilfszahlungen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM bekommen können. Der zweite Baustein ist ein gemeinsamer Abwicklungsmechanismus für Problembanken in Europa. Zu einem späteren Zeitpunkt ist möglicherweise noch eine einheitliche Einlagensicherung avisiert - auch die ist noch  sehr umstritten.

Kommission drückt aufs Tempo

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso drängte nach dem Parlamentsvotum darauf, nun auch rasch den einheitlichen Abwicklungsmechanismus für marode Banken zu verabschieden. Binnenmarktkommissar Barnier sagte vor dem EU-Parlament, er hoffe, dass die Richtlinie bis Ende des Jahres unter Dach und Fach gebracht werden könne, "auf jeden Fall aber vor März". Im Mai sind Europawahlen und in den Wochen davor kommen die Arbeiten praktisch zum Erliegen.

Der von der Kommission im Juli vorgelegte Vorschlag zu einer zentralen Abwicklung einschließlich Entscheidungshoheit der Kommission ist allerdings umstritten. So ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die EU-Verträge nur ein Netz regionaler Abwicklungsbehörden zulassen und zur Schaffung eines zentralen Systems die Verträge geändert werden müssten.

Sorge um Griff in die nationalen Kassen

So wies das Bundesfinanzministerium - allerdings vor dem Hintergrund eines EuGH-Rechtsgutachtens zu einer anderen Sache - erneut darauf hin, dass der Vorschlag der Kommission auf einer falschen Rechtsgrundlage basiere. Wasser auf die Mühlen der Bundesregierung lieferte zudem ein Gutachten des juristischen Dienstes des EU-Ministerrates, in dem es laut Finanzministerium heißt, dass der Abwicklungsvorschlag keinen adäquaten Schutz für die Budgethoheit der Mitgliedstaaten enthält.

Berlin wehrt sich darüber hinaus gegen die Rolle, die die Kommission in dem Abwicklungsmechanismus einnehmen will. "Nicht nur die Bundesregierung sieht hier erhebliche Interessenkonflikte, wenn die Kommission über staatliche Beihilfen und zugleich über die Abwicklung von Banken entscheidet", erklärte das Bundesfinanzministerium.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ

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