Aufatmen der Aktionäre Brenntag beendet Übernahme-Gespräche
03.01.2023, 16:36 Uhr
(Foto: Brenntag)
Es hätte die neue Nummer drei auf dem Markt für Chemikalienhändler werden können. Doch die Anteilseigner waren nicht restlos überzeugt. Nun beendet der DAX-Konzern Brenntag die Gespräche mit dem US-Konkurrenten Univar.
Der weltgrößte Chemikalienhändler Brenntag bläst dem geplanten milliardenschweren Zukauf in den USA ab. In einer knappen Erklärung hießt es, man habe sich entschlossen, die Verhandlungen mit dem US-Konkurrenten Univar Solutions über dessen Übernahme zu beenden. Eine Begründung für den Sinneswandel gab Brenntag nicht. Der Kauf der Nummer drei auf dem weltweiten Markt für Chemiedistribution wäre mit womöglich mehr als sechs Milliarden Euro die weitaus größte Übernahme für Brenntag gewesen. Durch die Fusion wäre ein Branchenriese mit einem Umsatz von gut 30 Milliarden und einem operativen Ergebnis von fast drei Milliarden Euro entstanden.
Univar will sich nun nach anderen möglichen Käufern umsehen. Die Brenntag-Aktionäre, die den Plan von Anfang an skeptisch gesehen hatten, atmeten auf. Die im Leitindex DAX notierten Papiere legten um zeitweise mehr als sechs Prozent zu. Sie holten damit etwa die Hälfte der Verluste auf, seit Brenntag und Univar Ende November Gespräche bestätigt hatten. Univar-Titel fielen im vorbörslichen Geschäft in New York um zehn Prozent.
Beide Unternehmen waren angesichts der Verhandlungen unter Druck ihrer jeweiligen Aktionäre geraten. Der aktivistische Brenntag-Aktionär PrimeStone forderte kurz vor Weihnachten vom Vorstand um Christian Kohlpaintner, die Übernahmegespräche zu beenden. Die Risiken seien sehr hoch und überträfen bei weitem die Vorteile. Stattdessen solle Brenntag Aktien zurückkaufen und sich auf eine Aufspaltung vorbereiten, hieß es in einem offenen Brief von PrimeStone an den Vorstand.
Univar lotet Interesse weiter aus
Brenntag betreibt zum einen das Massengeschäft mit Standard-Chemikalien und verkauft andererseits Spezialchemikalien in kleinen Mengen. Im Vertrieb gibt es zwischen beiden Bereichen kaum Synergien. Kohlpaintner hatte die Phantasie um größere Zukäufe selbst angeheizt. Zuletzt hatte Brenntag nur kleinere Firmen gekauft. Doch der Vorstandschef hatte Anfang November das Budget für solche Übernahmen auf bis zu 500 Millionen Euro im Jahr erhöht und ausdrücklich auf die Attraktivität des nordamerikanischen Markts verwiesen. Dort wären Brenntag und Univar zusammen nach Analystenberechnungen auf einen Marktanteil von rund 23 Prozent gekommen, in Europa auf 9,5 Prozent und weltweit auf 8.
Auch bei Univar stemmte sich ein Investor gegen die Gespräche mit Brenntag. Der US-Hedgefonds Engine Capital forderte den Vorstand in einem offenen Brief auf, einen formalen Verkaufsprozess aufzusetzen, in dem auch andere Bieter in Frage kämen. Darauf lässt sich Univar nun offenbar ein. Man werde die Gespräche mit anderen Interessenten fortsetzen, die sich gemeldet hätten, hieß es in der Mitteilung. Laut Engine Capital könnte Univar in einem Auktionsprozess mit 38 bis 44 Dollar je Aktie bewertet werden. Am Freitag, dem letzten Handelstag 2022, schloss die Univar-Aktie bei 31,80 Dollar.
Quelle: ntv.de, jwu/rts