Käufersuche verzögert sich Bund verlängert Treuhandverwaltung für Schwedt-Raffinerie
08.09.2023, 15:49 Uhr Artikel anhören
37 Prozent der Anteile an Schwedt liegen bei Shell, gut acht Prozent bei der italienischen Eni.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Ölraffinerie in Schwedt ist mit ihren 3000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber in Brandenburg. Sie bleibt vorerst in Treuhandverwaltung. Das Wirtschaftsministerium begründet dies mit der Sicherung der Energieversorgung in Deutschland. Die Suche nach Käufern dauert an.
Der Bund verlängert die Treuhandverwaltung der PCK-Ölraffinerie im brandenburgischen Schwedt um ein halbes Jahr. Das gab das Wirtschaftsministerium bekannt. Mehrere mit dem Vorgang betraute Personen sagten zur Begründung, dass es weiter keine Fortschritte in den Verhandlungen mit dem russischen Ölkonzerns Rosneft über den Verkauf seiner Anteile an der Raffinerie gebe. Dies dürfte die Suche nach möglichen Investoren verzögern. "Mit der Verlängerung der Treuhandverwaltung begegnen wir einer weiterhin drohenden Gefährdung der Energieversorgungssicherheit", sagte Grüne-Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner.
Rosneft Deutschland verfügt nach Angaben des Wirtschaftsministeriums über insgesamt rund zwölf Prozent der deutschen Erdölverarbeitungskapazität. Deutschland hatte den Ölverarbeiter, der den Osten Deutschlands und Teile Westpolens mit Benzin versorgt, im September vergangenen Jahres unter die Treuhandschaft der Bundesnetzagentur gestellt und das mit der Sicherung der Energieversorgung begründet. Eine Klage von Rosneft, der 54 Prozent an der Raffinerie gehören, war im März zurückgewiesen worden.
Das Bundeswirtschaftsministerium könnte Rosneft enteignen, schreckt vor diesem Schritt bisher aber zurück. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke drängt zur Eile. Eine Lösung sei sehr wichtig, um den Menschen Sicherheit zu geben, sagte der SPD-Politiker im ZDF. "Wir müssen beweisen, dass es funktioniert und dass es vorwärts geht", sagte der brandenburgische Regierungschef.
Mögliche Käufer ohne Potenzial?
Die Raffinerie ist mit ihren gut 3000 direkt und indirekt Beschäftigten auch einer der größten Arbeitgeber in Brandenburg. Auch die polnische Regierung hatte das Wirtschaftsministerium im Juni zu mehr Tempo gedrängt, Rosneft aus dem Unternehmen zu drängen, um den Weg etwa für polnische Investoren frei zu machen.
37 Prozent der Anteile an Schwedt liegen bei Shell, gut acht Prozent bei der italienischen Eni. Auch Shell sucht Käufer für seinen Anteil an der Raffinerie. Nach Angaben mehrerer Beteiligter sind die Verhandlungen dabei weit fortgeschritten. Als potenzielle Käufer gelten private polnische Unternehmen. Dem polnischen Staatskonzern Orlen, dem Interesse an der Übernahme von Schwedt nachgesagt wurden, werden aber keine Chancen eingeräumt. Shell lehnte eine Stellungnahme ab. Von Rosneft und dem polnischen Umweltministerium waren zunächst keine Stellungnahmen zubekommen.
Kellner lobt Zusammenarbeit mit Polen
Die Bundesregierung lobte die Gespräche etwa mit Polen. "Wir arbeiten sehr gut mit der polnischen Seite zusammen", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Kellner. "Und wir sind weiter sehr an einem Ausbau dieser Kooperation bei der Raffinerie in Schwedt interessiert." Es sei sehr gut, dass nicht nur Shell, sondern erstmals auch der Konzern Eni ein Schiff in Danzig für die Versorgung von Schwedt hat löschen lassen.
Seit dem EU-Öl-Embargo gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine läuft die Hauptversorgung der Raffinerie zum größten Teil über den Hafen Rostock. Die Pipeline von dort soll ausgebaut werden. Zudem wird Öl von Danzig nach Schwedt geliefert, ein Teil kommt aus Kasachstan. Unklar ist, ob auch etwa kasachische Firmen bei Schwedt einsteigen könnten. Zwei kasachische Firmen, KazMunayGas und die Tochter Kaztransoil, sollen sich für die Anteile von Shell interessieren. Die Bundesregierung hatte die kasachischen Öllieferungen begrüßt. Allerdings wird in Berlin darauf verwiesen, dass Russland Lieferungen aus dem zentralasiatischen Land jederzeit unterbinden könne. Als Voraussetzung für einen Kauf der Rosneft-Anteile werden in der Bundesregierung genannt, dass Investoren ein Produktionsniveau von 75 Prozentgarantieren.
Quelle: ntv.de, Andreas Rinke und Riham Alkousaa, reuters