Wirtschaft

Deutsche-Bank-Aktien auf Rekordtief Cryan will vom Brexit profitieren

Seinen Vorgängern wirft Cryan vor, Geschäfte teilweise auf Kosten der eigenen Kunden gemacht zu haben.

Seinen Vorgängern wirft Cryan vor, Geschäfte teilweise auf Kosten der eigenen Kunden gemacht zu haben.

(Foto: dpa)

John Cryan sollte die Bank wieder auf die Erfolgsspur führen. Aus Sicht von Investoren wie Mitarbeitern steht es um die Bank allerdings so schlecht wie noch wie - und daran ist nicht allein der Brexit schuld.

Nach dem Brexit-Votum rauschte der Kurs der Deutsche-Bank-Aktien vom ohnehin niedrigen Niveau zunächst auf ein Rekordtief: 12,11 Euro - verglichen mit gut 28 Euro ein Jahr zuvor. Doch im Interview mit dem "Spiegel" stellt Bank-Chef John Cryan in Aussicht, dass sein Institut profitieren werde, wenn es tatsächlich zum Austritt Großbritanniens aus der EU und zu Handelsbarrieren zwischen den Finanzmärkten komme. "Dann wird das London schwächen und Frankfurt stärken", sagte er."Was das aber genau für die City und für uns heißt, lässt sich noch nicht vorhersagen." Weil die Deutsche Bank sowohl in London als auch in Frankfurt stark vertreten sei, werde das Institut indes "für europäische Unternehmen umso wichtiger, gerade in dieser Phase der Unsicherheit an den Kapitalmärkten."

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Trotz des extrem abgesackten Börsenkurses hat Cryan keine Angst, dass die Deutsche Bank zum Übernahmekandidaten werden könnnte. "Wir leben nicht in einer Zeit, in der die Regulatoren große Übernahmen sehen wollen. Und wir sind weiter eine sehr große Bank", sagte Cryan dem Nachrichtenmagazin.

Eine Kapitalerhöhung hält Cryan derzeit weder für nötig - und angesichts der anhaltenden Diskussion um offene Baustellen auch nicht für möglich: "Ich rechne damit, dass wir unser Kapital organisch aufbauen können, was wir bedauerlicherweise über viele Jahre nicht getan haben", sagte Cryan. Außerdem gehe es derzeit um die Frage, mit welchen Argumenten das Geldhaus Investoren um frisches Kapital bitten könne. "Wir müssen erst beweisen, dass wir liefern können. Aktuell geht es darum, die Bank zu restrukturieren, um die Basis für zukünftiges profitables Wachstum zu schaffen", so Cryan.

Scharfe Kritik an Vorgängern

Cryan, der die deutsche Bank seit einem Jahr führt, hat dem größten deutschen Geldhaus einen Radikalumbau verordnet. Unter anderem lässt er allein in Deutschland 188 Filialen schließen und mehrere tausend Stellen abbauen. Eine interne Umfrage enthüllte jüngst, dass die Maßnahmen zu einer extrem schlechten Stimmung in der Belegschaft geführt haben.

Als einen Grund, warum seine Bank in den Augen der Anleger derzeit so schlecht dasteht, nannte Cryan die vielen Rechtsstreitigkeiten. "Die rechtlichen Auseinandersetzungen schrecken immer noch viele Investoren ab." Die größten Brocken dieser Auseinandersetzungen sollen möglichst noch im laufenden Jahr aus dem Weg geräumt werden. Das kann indes noch einmal teuer werden. Für drohende Strafen hat die Bank 5,4 Milliarden Euro zurückgelegt. Das könnte nicht reichen, wie der Vorstand wiederholt prognostizierte.

In den vergangenen Jahren kosteten juristische Fehden Deutschlands größtes Geldhaus schon gut 12 Milliarden Euro - etwa wegen der Beteiligung an Zinsmanipulationen (Libor), umstrittener Hypothekengeschäfte und Verstößen gegen Handelssanktionen. Cryan betonte, dass derartige Probleme künftig strikt vermieden werden müssten: "Wir dürfen nicht noch einmal einer Welle von Klagen und Rechtsstreitigkeiten ausgesetzt sein."

Sehr deutlich ging Cryan zur Geschäftspolitik früherer Vorstände auf Distanz: "Bis 2008 wurden Banken oft mit einer starken Händlermentalität geführt, das Ziel waren vor allem kurzfristige Gewinne, manchmal sogar auf Kosten der Kunden." Heute sei offensichtlich: "Für die Deutsche Bank funktioniert das nicht."

Quelle: ntv.de, mbo/dpa/rts

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