Was kann die Fed noch aufhalten? Der nächste Zinsschritt naht
19.05.2016, 15:15 Uhr
Bereitet die nächste Zinserhöhung vor: Fed-Chefin Janet Yellen.
(Foto: REUTERS)
Die Konjunktur robust, die Arbeitslosigkeit verhältnismäßig niedrig. Die US-Notenbank Fed ist offenbar entschlossen, bald die Zinsen zu erhöhen. Doch die Briten könnten sich als Problem erweisen.
Nach monatelangem Zögern steuert die US-Notenbank Fed mit großen Schritten auf eine Zinserhöhung zu. Die internen Diskussionen der Währungshüter lassen kaum einen Zweifel aufkommen, dass sie bald zum Straffen der geldpolitischen Zügel entschlossen sind. Nur noch ein unerwarteter Konjunktureinbruch oder Störfeuer von außen dürften sie noch davon abhalten.
Wirtschaftlich spricht derzeit in den USA vieles dafür, dass die Fed auf der Sitzung im Juni einen Schritt nach oben machen können. Die Notenbank, die Vollbeschäftigung und stabile Preise anstrebt, hat diese Ziele dicht vor Augen.
Die Fed hatte im Dezember erstmals seit fast zehn Jahren den Leitzins leicht angehoben. Er liegt seither in einer Spanne zwischen 0,25 und 0,5 Prozent. Die Zentralbank war angesichts der Konjunkturabkühlung in China und damit zusammenhängenden Turbulenzen an den Finanzmärkten zu Jahresbeginn einen vorsichtigeren Kurs gefahren und immer wieder auf mögliche Gefahren für die US-Wirtschaft verwiesen.
Gute Produktionszahlen der US-Unternehmen nährten aber zuletzt die Hoffnung, dass die weltgrößte Volkswirtschaft im Frühjahr wieder an Schwung gewinnt. Und auch die für die amerikanische Konjunktur enorm wichtigen Verbraucher sind in guter Kauflaune, wie die jüngste Umfrage der Uni Michigan zur Konsumstimmung belegt. Sie ist so gut wie seit fast einem Jahr nicht mehr. "Die Zahlen deuten insgesamt auf ein anziehendes Wachstum im zweiten Quartal hin", meint Fed-Beobachter Harm Bandholz von der Großbank UniCredit.
Anfang 2016 war beim Bruttoinlandsprodukt nur ein mageres Plus von aufs Jahr hochgerechnet 0,5 Prozent herausgesprungen. Doch die ersten Schätzzahlen sind erfahrungsgemäß wacklig: Für die am 27. Mai anstehende zweite Schätzung erwartet Ökonom Christoph Baltz von der Commerzbank eine deutliche Korrektur auf 1,0 Prozent, womit das Konjunkturbild im Rückspiegel nicht mehr so düster erscheinen würde. Für das zweite Quartal erwartet der Volkswirt gar ein Plus von rund 2,5 Prozent: "Das wird sicherlich eine überdurchschnittliche Wachstumszahl."
Der 3. Juni im Fokus
Die Arbeitslosenquote liegt stabil bei 5,0 Prozent. Damit ist die von der Fed angestrebte Vollbeschäftigung praktisch erreicht. Zuletzt blieb jedoch der Aufbau neuer Stellen weit hinter den Erwartungen zurück: Im April entstanden per saldo nur 160.000 neue Jobs. Ökonom Baltz ist jedoch zuversichtlich, dass die eher mauen Zahlen ein Ausreißer sind und der Arbeitsmarkt weiter rund läuft: "Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass der Jobmarkt vom bisherigen Aufwärtstrend abweichen würde."
Für das weitere Vorgehen der Fed dürfte der 3. Juni ein entscheidendes Datum werden: Dann legt die Regierung den Arbeitsmarktbericht für Mai vor. Fallen die Zahlen stark aus, könnte die Fed die Mission Zinserhöhung am 15. Juni wohl beruhigt angehen.
Die US-Verbraucherpreise zogen zuletzt moderat an. "Die im Trend in den vergangenen Monaten erholten Ölpreise schlagen sich langsam in den Daten nieder", meint Ökonomin Viola Julien von der Helaba. Im Vergleich zu dem 13-Jahrestief von Mitte Februar hat sich der Preis für US-Öl WTI auf 47 Dollar je Barrel fast verdoppelt. Die Fed strebt bei der Inflation eine Zielmarke von zwei Prozent an. Sie blickt dabei vor allem auf Preisveränderungen bei den persönlichen Verbraucherausgaben (PCE), wobei aber Energie- und Nahrungsmittelkosten außen vor bleiben.
Dieser Wert lag im März mit 1,6 Prozent noch unter der Zielmarke. Auch wenn sich darin die gestiegenen Ölpreise nicht widerspiegeln, sind doch indirekte Effekte erfasst - wie etwa die Kosten für Flugtickets, bei denen sich das teurere Kerosin bemerkbar macht. "Sollte es allgemein zu einem stärkeren Preisauftrieb kommen, wäre dies das gewünschte Signal für die Fed", sagt Baltz.
Dennoch kann die Fed Störfeuer von außen nicht ausblenden, das beispielsweise durch einen möglichen Austritt Großbritanniens aus der EU nach der Volksabstimmung vom 23. Juni entstehen könnte. "Die Schwankungen an den Finanzmärkten dürften vor dem Brexit-Referendum vorübergehend deutlich zulegen", warnt Christiane von Berg von der BayernLB: Die Juni-Entscheidung der Währungshüter dürfte daher "knapp ausfallen" und womöglich eine Verschiebung der Zinserhöhung auf September bedeuten.
Quelle: ntv.de, jga/rts