Wirtschaft

Raus aus dem Dauerkrisen-Knick Deutschland muss sich verändern

Das Geschäftsmodell, das auf billiger Energie und einer friedlichen Welt basiert, die kooperiert, funktioniert nicht mehr.

Das Geschäftsmodell, das auf billiger Energie und einer friedlichen Welt basiert, die kooperiert, funktioniert nicht mehr.

(Foto: picture alliance / Panama Pictures)

Corona, Krieg in der Ukraine, Energiekrise - die deutsche Wirtschaft steht unter Dauerstress. Bevor ein Rückschlag überwunden ist, folgt der nächste. Entsprechend pessimistisch sind die Konjunkturerwartungen. Die Gemengelage offenbart vor allem eins: die Naivität des Wirtschaftsmodells.

Vor vier Jahren taugte der ungewöhnlich trockene Sommer noch als einer der Hauptgründe für ein schwächeres Wirtschaftswachstum. Allein das damalige Niedrigwasser hatte laut Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft die Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent schrumpfen lassen. Dieses Jahr hingegen ist die Dürre nur ein Nebenschauplatz. Nicht etwa, weil die Auswirkungen schwächer wären, sondern weil das Land gleich von mehreren wirtschaftlichen Problemen überrollt wird.

Die Energiekrise, der Krieg in der Ukraine und einige Corona-Nachwehen setzen der Wirtschaft gehörig zu. Die Aussichten sind ebenfalls schlecht. Die Konjunkturerwartungen, die das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) monatlich mit einer Umfrage erhebt, befinden sich derzeit auf dem tiefsten Stand seit elf Jahren. Doch warum sind die Erwartungen so schlecht, und wie könnten sie wieder besser werden?

Wer jetzt nur den Krieg in der Ukraine für die Probleme verantwortlich macht, hat weit gefehlt. Denn die trüben Aussichten sind nur entstanden, weil sich die Probleme in den vergangenen Monaten und Jahren häuften und erst langsam lösen lassen.

Zunächst sind da die Corona-Nachwehen: Im vergangenen Jahr und noch zu Beginn des Jahres erwarteten Konjunkturforscher, dass sich die globalen Lieferengpässe bald auflösen. Da viele Unternehmen volle Auftragsbücher haben, hätte das Ende der Lieferengpässe so für einen gehörigen Produktionszuwachs gesorgt.

Doch noch immer leiden laut dem Münchner IFO-Institut fast drei Viertel der deutschen Firmen unter Materialengpässen. "Für die nächsten Monate gibt es keine Anzeichen einer deutlichen Erholung bei der Beschaffung wichtiger Werkstoffe", sagt der Leiter der IFO-Umfragen, Klaus Wohlrabe. Stattdessen dürfte das aktuelle Niedrigwasser den Materialmangel für einige Firmen sogar noch verschlimmern.

Inflation drückt Konsumlaune

Die steigenden Energiekosten kamen dann in den vergangenen Monaten zu dieser Misere hinzu. Die Beschaffung von Gas ist mittlerweile so teuer geworden, dass viele Unternehmen nicht mehr wirtschaftlich produzieren können. Laut einer Umfrage der deutschen Industrie-und Handelskammer (DIHK) rechnet ein Sechstel der deutschen Industrieunternehmen damit, seine Produktion zu drosseln oder einzustellen. "Auch mittelfristig wird Gas nicht mehr so günstig wie früher sein", sagte zuletzt die Wirtschaftsweise Veronika Grimm im Gespräch mit "Capital". Wie es mit der Industrieproduktion vieler energieintensiver Branchen, etwa der Chemieindustrie, der Glasbranche oder der Stahlbranche weitergeht, ist also ungewiss.

Hinzu kommt, dass die Deutschen selbst den Aufschwung in ihrem Land in Zukunft ausbremsen könnten. Denn während viele Deutsche die höheren Energiepreise schon im Frühjahr an der Tankstelle zu spüren bekamen, werden sie diese in den kommenden Monaten auch auf ihren Nebenkostenabrechnungen sehen. Schon jetzt liegt die Inflation bei 7,5 Prozent. Gerade wurde die Gasumlage beschlossen. Weitere Preissteigerungen werden viele Menschen ziemlich sicher dazu bringen, weniger zu konsumieren und so der Konjunktur weiter den Wind aus den Segeln nehmen.

Die Gemengelage aus Lieferengpässen, hohen Gaspreisen und dem Ukrainekrieg hat aber vor allem offenbart, dass das gesamte deutsche Wirtschaftsmodell der vergangenen Jahrzehnte von Naivität geprägt war. Das Land hat sich zu lange darauf zu verlassen, dass der Welthandel einwandfrei funktioniert, günstige Importe von Energie und Vorleistungen langfristig verfügbar bleiben, und die Unternehmen weiterhin ins wachsende Ausland exportieren können. Wenn es also mit der Konjunktur wieder aufwärtsgehen soll, wird sich das Land verändern müssen.

Wie das gelingen kann, lesen Sie bei Capital+ oder im neuen Heft von "Capital": Ein neues Geschäftsmodell in 5 Thesen formuliert.

Quelle: ntv.de

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