EZB senkt Konjunkturprognose Draghi dämpft Zinsfantasien
06.06.2013, 15:55 Uhr
Schlüsselzins nahe Null: Die EZB bleibt im Krisenmodus.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Leitzins im Euroraum bleibt auf dem rekordniedrigen Niveau von 0,5 Prozent. Allerdings schraubt die Zentralbank ihre Erwartungen für die Eurozonen-Wirtschaft zurück. Eine Belebung ist zudem vorerst nicht in Sicht.
Die Europäische Zentralbank hat ihre ohnehin schon pessimistische Konjunkturprognose für die Eurozone noch einmal gesenkt. Das Bruttoinlandsprodukt werde dieses Jahr voraussichtlich um 0,6 Prozent schrumpfen, hieß es in den Projektionen der EZB. Im März hatte sie noch mit einem Rückgang von 0,5 Prozent gerechnet. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet nur mit minus 0,3 Prozent.
"Wir erwarten eine schrittweise Belebung im Laufe des Jahres", sagte EZB-Präsident Mario Draghi. Das Tempo der Konjunkturerholung werde aber gedämpft ausfallen. 2014 soll es dann ein Wachstum von 1,1 (bislang: 1,0) Prozent geben.
Leitzins bleibt bei 0,5 Prozent
Draghi sieht eher Risiken als Chancen für die Konjunktur: "Dazu gehören sowohl eine schwächer als erwartet ausfallende heimische und globale Nachfrage als auch eine langsame oder ineffiziente Umsetzung der Strukturreformen in der Eurozone", so der EZB-Präsident. Er deutete deshalb an, die Niedrigzinspolitik fortzusetzen. "Unsere Geldpolitik bleibt so lange wie nötig konjunkturstimulierend", sagte Draghi.
Der EZB-Rat mit seinen 23 Geldpolitiker um Draghi war am Morgen zusammengekommen, um über den künftigen Zinskurs und weitere Maßnahmen im Kampf gegen Rezession und Kreditklemme zu beraten. Die EZB hatte ihren Leitzins zuvor auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent belassen, was Investitionen und Konsum anregen soll.
Spielraum für eine lockere Geldpolitik eröffnet die Entspannung an der Preisfront. Die Inflationsrate soll in diesem Jahr im Schnitt auf 1,4 (1,6) Prozent fallen - von 2,5 Prozent im vergangenen Jahr. Damit würde es nach EZB-Definition stabile Preise geben, die sie bei Werten von knapp unter zwei Prozent gewährleistet sieht. Für 2014 werden wie bisher 1,3 Prozent vorhergesagt.
Die Ökonomen des Euro-Systems - also der EZB und der nationalen Notenbanken der Währungsunion - erstellen ihre Projektionen vierteljährlich. Obwohl sich der EZB-Rat die Vorhersagen der Volkswirte offiziell nicht zu eigen macht, kommen ihnen sowohl bei den Zinsentscheidungen als auch als Signal für mögliche künftige Schritte der Währungshüter erhebliche Bedeutung zu.
Analysten sind sich einig
"Draghi hat insgesamt ein vergleichsweise positives Bild von der Eurozone gezeichnet und dämpft damit die Erwartung einer baldigen Zinssenkung", sagte Sebastian Sachs vom Bankhaus Metzler. "Natürlich macht er klar, dass die EZB weiterhin Gewähr bei Fuß steht, aber eine Veränderung des Leitzinses dürfte der Markt nun nicht mehr unmittelbar erwarten."
Für Ralf Umlauf von der Helaba ist die Zinsfantasie im Markt ebenso "gedämpft worden, daher zieht der Euro an und der Dax fällt. Gleichzeitig macht die EZB jedoch erneut deutlich, dass sie sich alle Optionen offen hält". Der Dax notierte am Nachmittag mit 8174 Punkten leicht im Minus, der Euro um 1,3140 Dollar.
Quelle: ntv.de, bad/rts/dpa