Tiefer Sturz einer Ikone Holmes muss lange auf Strafmaß warten
12.01.2022, 11:13 Uhr
Holmes wird gegen das Urteil wohl Berufung einlegen.
(Foto: REUTERS)
Die ehemalige Silicon-Valley-Ikone Elizabeth Holmes hat mit nutzlosen Bluttests Investoren getäuscht und muss deshalb ins Gefängnis. Wie lange die Haft dauern wird, erfährt sie erst im Herbst. Denn zunächst startet ein Prozess gegen ihren Ex-Freund und ehemaligen Geschäftspartner.
Das Strafmaß für die wegen Investoren-Betrugs verurteilte einstige Vorzeigeunternehmerin Elizabeth Holmes wird voraussichtlich erst im September bekannt. Anklage und Verteidigung schlugen den Aufschub gemeinsam vor, da demnächst noch in einem zweiten Teil des Verfahrens ihr einstiger Top-Manager und Lebensgefährte Ramesh Balwani vor Gericht kommt.
Der 37-jährigen Gründerin des Startups Theranos drohen technisch gesehen bis zu 80 Jahre Haft; tatsächlich dürfte die Strafe aber deutlich niedriger ausfallen.
Holmes hatte mit Theranos zwischen 2010 und 2015 Hunderte von Millionen Dollar von Investoren wie dem Medienunternehmer Rupert Murdoch eingesammelt. Die kleinen Bluttest-Geräte von Theranos sollten anhand eines Blutstropfens aus dem Finger umfassende Analysen vornehmen können - das wäre eine Revolution in der Labortechnik gewesen.
Erst nachdem das "Wall Street Journal" in einer Artikelserie berichtete, dass die Geräte falsche oder ungenaue Ergebnisse produzierten, kam die Wahrheit ans Licht und Theranos brach zusammen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte die Firma heimlich konventionelle Siemens-Laborgeräte zum Testen verwendet, um die Fehler der eigenen Maschinen zu vertuschen.
Schwere Vorwürfe gegen Ex-Freund
Holmes hatte das Unternehmen 2003 mit 19 Jahren gegründet. Auf dem Höhepunkt 2015 wurde ihr Vermögen auf 4,5 Milliarden Dollar geschätzt. Beim Schuldspruch wirkte sie gelassen. Erwartet wird, dass sie Berufung gegen das Urteil einlegen wird.
"Sie hat sich für Betrug entschieden, um ein Scheitern zu verhindern", sagte Staatsanwalt Jeff Schenk in seinem Plädoyer. Holmes hatte zuvor erklärt, sie habe nie jemanden hintergehen wollen. Für die Qualität der Tests seien die Labor-Chefs verantwortlich gewesen. Verteidiger Kevin Downey sagte, Holmes habe bis zuletzt daran geglaubt, dass die Technologie von Theranos die Welt verändern werde. "Sie ging mit unter, als das Schiff unterging."
Ihr ehemaliger Lebensgefährte Ramesh "Sunny" Balwani, der für das operative Geschäft von Theranos zuständig war, muss sich in einem getrennten Verfahren verantworten. Holmes hatte in ihrem Prozess Vorwürfe gegen Balwani erhoben. Sie wurde nach eigenen Angaben Opfer sexuellen Missbrauchs durch ihren früheren Freund und Geschäftspartner.
Holmes sagte vor Gericht, sie habe Balwani, den sie als Geschäftsführer bei Theranos eingestellt hatte, die Leitung des Labors überlassen - und sei schockiert gewesen, als das Labor 2016 bei einer Inspektion durchgefallen sei. In diesem Jahr beendete sie auch ihre Beziehung zu Balwani und tauschte die Unternehmensführung aus. Balwani ließ die Missbrauchsvorwürfe über seinen Anwalt als "obszön und hetzerisch" zurückweisen.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa