Post geht an die Börse Italien stellt sein Tafelsilber ins Fenster
12.10.2015, 16:36 Uhr
(Foto: REUTERS)
Italien gehört mit seinen immensen Staatsschulden zu den Sorgenkindern der Eurozone. Nun geht Rom die Probleme an und beginnt mit Teilprivatisierungen. Anleger werden mit einigen Versprechen gelockt.
Italien bringt die Teilprivatisierung der Post auf den Weg. Investoren, Privatanleger und Mitarbeiter des Unternehmens können nun die insgesamt 453 Millionen Aktien zeichnen, die der Staat anbietet, wie das Post-Management und das italienische Wirtschaftsministerium mitteilten. Die Zeichnungsfrist läuft bis zum 22. Oktober, für die darauffolgende Woche ist der Börsengang geplant. Der hoch verschuldete italienische Staat will mit dem Verkauf von bis zu 38,2 Prozent der Anteile der Post bis zu 3,7 Milliarden Euro einnehmen.
Der Ausgabepreis der Aktien soll zwischen 6,00 und 7,50 Euro liegen. 30 Prozent der Aktien sind Privatanlegern in Italien sowie den Mitarbeitern vorbehalten, 70 Prozent gehen laut italienischem Finanzministerium an institutionelle Anleger im In- und Ausland. Es müssen mindestens 500 Stück geordert werden. Für Anleger, die ihre Papiere mindestens ein Jahr halten, gibt es eine Treueprämie von einer Aktie pro 20 Aktien.
Gewinn geht zu 80 Prozent an Anleger
Mit einem Marktwert von bis zu 9,8 Milliarden Euro wird das Unternehmen nach Einschätzung der Wirtschaftszeitung "Il Sole 24 Ore" unzweifelhaft zu einem der Schwergewichte an der "Piazza Affari", der Mailänder Börse. Laut dem Fachblatt sollen in diesem und dem nächsten Jahr 80 Prozent der Gewinne als Dividenden ausgeschüttet werden.
"Heute ist ein sehr wichtiger Tag", sagte Fabrizio Pagani, im italienischen Wirtschaftsministerium für die Teilprivatisierung zuständig. Es gehe um "eine historische Privatisierung", die größte seit Ende der 90er Jahre. Der Generaldirektor der Post, Francesco Caio, berichtete von großem Interesse internationaler Investoren. Während der Präsentation demonstrierten vor der Mailänder Börse etwa ein gutes Dutzend Post-Mitarbeiter. Sie beklagten einen "Ausverkauf" des Unternehmens.
EU und IWF dringen auf weitere Teilprivatisierungen
Die vor 153 Jahren gegründete italienische Post hat 143.000 Mitarbeiter und 13.000 Filialen. Neben der Briefzustellung ist sie auch in den Bereichen Logistik, Onlinehandel, Finanzen, Versicherungen und Mobiltelefonie aktiv. Klassische Post-Geschäfte machen aber nur noch rund 15 Prozent des Umsatzes von zuletzt etwa 28,5 Milliarden Euro aus. 85 Prozent wird mit Versicherungen und Finanzdienstleistungen erwirtschaftet.
Der Börsengang der Post ist für Italien der größte seit 1999, als der Staat einen Anteil am Versorger Enel auf den Markt brachte. Die Regierung will mit der Privatisierung staatlicher Firmen den Schuldenberg von etwa zwei Billionen Euro angehen - und plant weitere Aktionen. So sollen jeweils Anteile an der Flugsicherung Enav und dem Bahnunternehmen FS veräußert werden. Bereits im vergangenen Jahr waren Teile des Schiffbauers Fincantieri und des Telekommunikationsanbieters Rai Way an die Börse gegangen. EU-Kommission und Internationaler Währungsfonds haben Italien aufgefordert, Privatisierungen zu beschleunigen. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone gilt als eines der Sorgenkinder des gemeinsamen Währungsraumes.
Vor zwei Jahren hatte auch Großbritannien die bis dahin staatliche Royal Mail an die Börse gebracht. Die Aktien der Deutschen Post werden schon seit 15 Jahren an der Börse gehandelt.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa