Gerichtsstreit mit Betriebsratschef Meyer Werft ist in unruhigen Fahrwassern
17.12.2015, 14:31 Uhr
Die Meyer Werft im niedersächsischen Papenburg ist weltbekannt für den Bau von Luxusschiffen.
(Foto: dpa)
Die Meyer Werft gehört zu den traditionsreichsten Unternehmen in Niedersachsen. Seit geraumer Zeit hängt dort jedoch der Haussegen schief. Nicht erst seit der Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden macht der Bauer luxuriöser Ozeanriesen negative Schlagzeilen.
Es war der 18. September, als sich die Welt auf der Meyer Werft änderte. An jenem Freitag ließ die Geschäftsführung des bekannten Kreuzfahrtschiffbauers dem Betriebsrat eine Mitteilung zukommen: Es ging um die Anhörung zur fristlosen Kündigung von Betriebsratschef Ibrahim Ergin. Grund waren Vorwürfe von Werftmitarbeitern, Ergin habe sie in den Jahren 2011 und 2012 genötigt, in die IG Metall einzutreten - Vorwürfe, die Ergin bestreitet. Die anderen Betriebsräte lehnten die Zustimmung zur Kündigung ab. Nun muss das Arbeitsgericht in Lingen über den Fall verhandeln.
Der 40-jährige Ergin ist seit März Betriebsratsvorsitzender der Meyer Werft. Schon wenige Monate nach seinem Amtsantritt kam die Werft in schwere See. Die Geschäftsführung kündigte an, die gemeinsame Holding für die Meyer Werft in Papenburg und die Neptun-Werft in Rostock in Luxemburg anzusiedeln. Nicht aus steuerlichen Gründen, sondern um keinen Aufsichtsrat einrichten zu müssen. Werftenchef Bernard Meyer will das Kontrollgremium nicht, weil er Behinderungen fürchtet, etwa wenn es um Verhandlungen für Neuaufträge geht.
Meyer umschifft Aufsichtsratsgründung
Eigentlich hätte die Arbeitnehmerseite schon längst einen Aufsichtsrat durchsetzen können. Allerdings habe es ein "Stillhalteabkommen" mit der IG Metall in dieser Frage gegeben, sagt der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel. Ein Aufsichtsrat wäre allerdings unumgänglich geworden, nachdem Meyer die Werft im finnischen Turku vom koreanischen STX-Konzern übernommen hatte. Unbemerkt von der Öffentlichkeit und auch vom Betriebsrat schuf Meyer Fakten und gründete die Holding in Luxemburg. Nicht nur die niedersächsische Landesregierung protestierte, auch die IG Metall sowie Ergin kritisierten Meyer öffentlich für diesen Schritt.
Nach Ansicht von Hickel zielt der Streit mit Ergin damit auch auf den Einfluss der IG Metall auf die Werft ab. "Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die Interessenvertretung profunder geworden ist, härter geworden ist in der Auseinandersetzung", sagt der Werftenexperte, der sich vergeblich als Schlichter im Streit um Ergin angeboten hatte.
Sonderstatus auf dem Prüfstand
In der Vergangenheit war die Werft stets um einen guten Draht zu Betriebsrat, IG Metall und der Landesregierung bemüht. Denn sie braucht Verbündete: Seit Jahrzehnten kritisieren Naturschützer die Schiffsüberführungen auf der Ems. Um die langen Luxuspötte von Papenburg in die rund 40 Kilometer lange Emsmündung zu bringen, muss der kleine Fluss aufgestaut werden. Dadurch verschlickt er - was im Prinzip den ökologischen Tod des Gewässers in diesem Abschnitt bedeutet.
Die Werft könne nur überleben, weil sie einen Sonderstatus bei der Nutzung der Ems habe, sagt Hickel. Die Landesregierung habe sich in der Vergangenheit trotz kritischer Stimmen vor die Werft gestellt. Jetzt kämen erste Überlegungen, warum man das alles mache. Das Arbeitsgericht in Lingen muss sich auch mit einer Klage Ergins gegen seinen Arbeitgeber auf Schadenersatz und Schmerzensgeld befassen - der Personalchef der Werft hatte die Vorwürfe gegen Ergin auf Facebook veröffentlicht und damit gegen seine Fürsorgepflicht für seinen Angestellten verstoßen, sagt Ergins Anwalt.
Quelle: ntv.de, Elmar Stephan, dpa