Wirtschaft

Wirtschaftsprognose gesenkt OECD besorgt über deutsche Reformunlust

Deutschland hat noch OECD-Einschätzung viele Baustellen.

Deutschland hat noch OECD-Einschätzung viele Baustellen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Auf den ersten Blick alles super: Der Arbeitsmarkt brummt, der private Konsum steigt. Doch für die OECD ist die Lage trügerisch. Deutschland müsse reformieren. Mager sind die Aussichten für Großbritannien. Der Weltkonjunktur steckt sogar in der Falle.

Die OECD blickt für nächstes Jahr skeptischer auf die deutsche Konjunktur und fordert mehr Reformen. Das Bruttoinlandsprodukt werde nur um 1,3 Prozent zulegen und nicht wie zuletzt erwartet um 1,5 Prozent, teilte die Industriestaaten-Gruppe in ihrem aktualisierten Wirtschaftsausblick mit. Für dieses Jahr erhöhte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ihre Prognose von 1,7 auf 1,9 Prozent.

"Die deutsche Wirtschaft läuft auf relativ hohem Niveau immer noch gut", sagte OECD-Experte Christian Kastrop. Auf den ersten Blick sehe es etwa auf dem Arbeitsmarkt und bei den öffentlichen Finanzen positiv aus. Kastrop fügte aber hinzu: "Es bereitet mir schon ein bisschen Sorge, dass bei Reformen in allen Gebieten in den letzten acht bis zehn Jahren sehr, sehr wenig passiert ist." Es gebe genug finanziellen Spielraum, um mit gezielten Ausgaben das Wachstum anzukurbeln. So könne man mit öffentlichen Investitionen auch Ausgaben der privaten Wirtschaft anstoßen - etwa bei Daten- und Energienetzen. Der OECD-Fachmann plädierte auch für Steuerreformen, um die Mittelschicht zu entlasten.

Rückenwind bekommt die Wirtschaft derzeit vor allem von der anziehenden Inlandsnachfrage. So schraubten sowohl die Baubranche dank des Wohnungsbaubooms als auch die Einzelhändler ihre Ziele für 2016 hoch. Der Bauverband HDB erhöhte seine Umsatzprognose von 3,5 auf 5,0 Prozent und peilt mit gut 106 Milliarden Euro die höchsten Erlöse seit 1997 an. "Die Auftragsbestände haben Ende Juni ein Niveau erreicht, das die Branche zuletzt zum Ende des Aufschwungs Ost im Jahr 1995 gesehen hat," sagte HDB-Präsident Peter Hübner.

Der Einzelhandel profitiert von den niedrigen Zinsen, dem guten Arbeitsmarkt und damit von der Kaufkraft der Konsumenten. Der Branchenverband HDE erhöhte daher seine Umsatzprognose für 2016 auf nominal 2,5 von zwei Prozent an. Die Firmen seien mit dem bisherigen Jahresverlauf zufrieden, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Während der Online-Handel deutlich wachse, stünden viele Bekleidungsgeschäfte unter Druck.

Während es in Deutschland noch vergleichsweise gut läuft, traut die OECD der britischen Wirtschaft im nächsten Jahr nur noch ein Plus von einem Prozent zu. Vor dem Anti-EU-Referendum im Juni hatten die Ökonomen noch mit einem doppelt so hohen Wachstum gerechnet. Der globalen Konjunktur sagen sie in diesem und im nächsten Jahr jeweils nur ein Anziehen um rund drei Prozent voraus. "Die Weltwirtschaft bleibt insgesamt in einer Falle niedrigen Wachstums."

Die Prognose für die USA 2016 wurde spürbar auf 1,4 (zuvor 1,8) Prozent gesenkt. Die niedrigen und oft schon negativen Zinsen sorgen laut OECD an den Finanzmärkten für Verzerrungen und für steigende Risiken. Die Experten appellierten an die Politik, hier gegenzusteuern und mit Strukturreformen und einer veränderten Ausgaben- und Steuerpolitik für mehr Wachstum zu sorgen.

Quelle: ntv.de, jwu/rts

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