Wirtschaft

Kitzel der Nachtsitzung Oettinger denkt laut über Tsipras' Ego nach

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Was ist vergangene Nacht in Brüssel eigentlich passiert? Genau genommen wenig. Athen verspricht, die bereits vereinbarten Schritte abzuarbeiten. EU-Politiker zwingen sich zu Optimismus. Griechische Presse und die Börse atmen durch.

Nach der Vereinbarung des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras mit führenden Euro-Partnern in Brüssel will das Finanzministerium in Athen sofort wieder Kontrollen durch die Troika zulassen. Das Ministerium erwarte den Katalog mit den Fragen der Kontrolleure und werde "sofort und konstruktiv" kooperieren, hieß es. EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) wertete Griechenlands erneute Zusage, eine Liste mit Reformen vorzulegen, als Fortschritt. "Das ist erfreulich, weil die Griechen wieder in der Spur sind", sagte er. Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zeigte sich verhalten optimistisch. "Ich bin wieder etwas besserer Hoffnung", sagte der SPD-Politiker.

Athen hatte vor zwei Tagen die Zusammenarbeit mit den Geldgeber-Experten gestoppt. Am frühen Morgen einigten sich Athen und die Euro-Partner, bereits vereinbarte Schritte zur Rettung des Landes vor der drohenden Pleite zu beschleunigen.

Oettinger: Athen benötigt täglich Hunderte Millionen

Oettinger sagte im Deutschlandfunk, die Griechen hätten erkannt, dass die europäischen Partner nicht erpressbar seien. Lege das Land nun belastbare Reformen vor, dann könne "das Geld vor Monatsende fließen". Bereits in den nächsten Tagen benötige Griechenland täglich mehrere Hundert Millionen Euro.

Komme die Liste allerdings nicht, "dann kann man nichts mehr ausschließen", sagte er. Die Europäische Kommission werde aber alles tun, damit weder ein geplanter Ausstieg noch ein "Grexident" - ein ungeplantes Euro-Aus Griechenlands - passiere.

Gleichzeitig kritisierte der Kommissar für digitale Wirtschaft das Vorgehen des griechischen Ministerpräsidenten Tsipras. "Vielleicht braucht das Ego von Herrn Tsipras die Augenhöhe am Tisch einer Nachtsitzung mit den Regierungschefs."

Zufrieden äußerten sich mehrere EU-Regierungschefs. "Er war ein letzter politischer Anschub. Der Ball ist nun klar auf der Seite der Griechen", sagte der finnische Ministerpräsident Alexander Stubb. Ebenso wie die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt betonte er, Grundlage aller Gespräche mit der Regierung in Athen seien die Verabredungen der Eurogruppe vom 20. Februar.

Kritik an dem ungewöhnlichen Treffen, bei dem Tsipras auf eigenen Wunsch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Francois Hollande sowie den Präsidenten von EU-Rat, EU-Kommission und EZB zusammengekommen war, äußerten sie nicht. "Falls wir einen kleinen politischen Schub brauchen von Deutschland, Frankreich und den EU-Institutionen, dann begrüßen wir das", sagte Stubb.

Presse: "Fünf Minuten (vor einem schlimmen Ende)"

Derweil verleiht die Hoffnung auf einen Durchbruch in den Gesprächen zwischen Griechenland und den internationalen Geldgebern der Athener Börse neuen Schwung. Der Leitindex kletterte in der Spitze um 3,5 Prozent, nachdem er in den vergangenen fünf Tagen fast neun Prozent verloren hatte. Der griechische Bankenindex lag zeitweise knapp sieben Prozent fester.

Unterdessen hat das Land eine weitere Kreditrate über 340 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückgezahlt. Zwei Regierungsbeamte bestätigten die Überweisung. Mit der jüngsten Zahlung hat Griechenland fast 1 Milliarde von den insgesamt 1,5 Milliarden Euro beglichen, die das Land in diesem Monat an den IWF zahlen muss.

In Griechenland wertet die Presse die Nachtsitzung als Hoffnungsschimmer. "Express-Reformen", titelt die konservative "Kathimerini". "Es gibt erste Zeichen, dass Athen und die Geldgeber einen Weg gefunden haben, aus der Sackgasse herauszukommen."

Das Boulevardblatt "Ethnos" schreibt auf der Titelseite: "Weißer Rauch fünf Minuten vor (einem schlimmen Ende)". Man habe einen strengen Zeitplan für vereinbarte Reformen ausgemacht und sich politisch daran gebunden, dass es keinen Euro-Austritt gebe, meint das Blatt und zitiert Tsipras mit den Worten: "Der Zug ist wieder auf den Schienen."

Wer nach Siegern und Verlieren suche, liege falsch, meint die Zeitung in einem Leitkommentar. "Griechenland gehört dem Westen an. Das sollten weder wir noch die Partner vergessen", schreibt das Blatt der politischen Mitte "Ta Nea".

Quelle: ntv.de, jwu/DJ/rts/dpa

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