"Eine gefährliche Situation" RWE-Chef warnt vor Strom-Blackouts
29.10.2013, 08:52 Uhr
Den Energiekonzernen macht zu schaffen, dass sich der Betrieb ihrer Kohle- und Gaskraftwerke wegen des anhaltenden Booms beim Ökostrom häufig nicht mehr lohnt.
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RWE rutscht immer tiefer in die Krise. Sparen allein reicht nicht mehr. Mit deutlichen Worten fordert Konzernchef Terium eine Kursänderung in der europäischen Energiepolitik: Strom könnte in Europa zur Mangelware werden; die Versorgung sei nicht mehr gewährleistet.
Der Chef des Energieriesen RWE, Peter Terium, sieht buchstäblich schwarz, wenn sich in der europäischen Energiepolitik nicht schnell etwas ändert. Angesichts einer Welle von Kraftwerksabschaltungen warnt er vor Blackouts in Europa. Dem gesamten Kontinent drohten Engpässe, sagte Terium der "Süddeutschen Zeitung". "Schon in den vergangenen beiden Wintern war die Lage angespannt. Nun gehen überall in hohem Tempo weitere Anlagen vom Netz." Die Wirtschaft in Europa werde wieder wachsen und mehr Strom brauchen; das mache ihm "wirklich Sorgen", sagte Terium weiter.
Die Kohle- und Gaskraftwerke nicht nur von RWE sind wegen des Booms beim Ökostrom immer seltener am Netz. Das wachsende Angebot von Strom aus Sonne, Wind und Biomasse lässt die Börsenpreise stark fallen. "30 bis 40 Prozent der Anlagen schreiben Verluste", sagte Terium der "Süddeutschen Zeitung". Die Erträge reichten nicht, um die Schulden von RWE zu bedienen. "Um es klar zu sagen: eine gefährliche Situation".
Gefährliche Schieflage
"Unser Ergebnis wird dramatisch sinken", warnte der RWE-Chef. "Für mich ist unvermeidbar, dass wir mit neuen Sparprogrammen nachlegen müssen." Die RWE-Kraftwerksparte etwa müsse mehr als die bislang geforderte halbe Million Euro pro Jahr sparen. Terium hat bereits Stellenstreichungen angekündigt. Zudem will der Konzern einzelne Bereiche auslagern oder in Niedriglohnländer verlegen. RWE hat 70.000 Beschäftigte und macht einen Umsatz von mehr als 50 Milliarden Euro.
Spekulationen um ein vorzeitiges Ende des Braunkohletagebaus trat Terium entgegen. Der Energiekonzern wird nach seinen Worten an dem Braunkohletagbau Garzweiler II im Rheinland festhalten. "Wir dürfen aus volkswirtschaftlicher Sicht die Braunkohle als einen der wenigen heimischen Energieträger nicht außer Acht lassen", sagte der Topmanager in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Auch wenn Unternehmen gut beraten seien, sich verschiedene alternative Szenarien anzusehen, gebe es für RWE keinen Grund, von seinen Plänen abzuweichen.
Energiekonzerne poltern gegen EU
RWE gehört zu den zehn europäischen Stromkonzernen, die erst Mitte Oktober eine Neuausrichtung der EU-Energiepolitik gefordert und scharfe Kritik an der bestehenden Ökostrom-Förderung geübt hatten. Die Konzerne bemängeln steigende Energiepreise für Unternehmen und Verbraucher durch Steuern und Umlagen sowie ausbleibende Investitionen aufgrund fehlender Planungssicherheit. Sie fordern unter anderem eine grundlegende Änderung des Subventionssystems für die erneuerbaren Energien.
An dem Appell waren neben RWE auch das deutsche Unternehmen Eon, Vattenfall aus Schweden, GDF Suez aus Frankreich, die spanischen Firmen Iberdrola und Gas Natural, Enel und Eni aus Italien, das niederländische Unternehmen Gasterra und der tschechische CEZ-Konzern beteiligt.
Quelle: ntv.de, ddi/AFP/dpa