Streiks bei Bahn und Flugzeugen Reisende müssen flexibel bleiben
11.02.2015, 21:16 Uhr
Streik am Flughafen Hannover im vergangenen Dezember: Reisenden wird viel Geduld abverlangt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Reisende in Deutschland haben es bei ihrer Reiseplanung derzeit schwer. Irgendwo scheint immer jemand zu streiken. In den kommenden Tagen sind es die Piloten von Germanwings. Auch bei der Bahn stehen die Zeichen jetzt wieder auf Streik.
So mancher mag sich fragen, ob man überhaupt noch ohne Auto verreisen kann. Ob bei den Fliegern oder der Bahn, irgendwo scheint immer jemand zu streiken. Schlagkräftige Gewerkschaften suchen sich zielsicher Betriebe der Infrastruktur für ihre Arbeitskampfmaßnahmen aus, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Besonders heftig geht es seit vergangenem Jahr bei der Deutschen Bahn und Lufthansa zu.
Die Piloten stimmten Anfang vergangenen Jahres für den Arbeitskampf bei der Lufthansa. Elfmal hat die Vereinigung Cockpit seitdem zu Streiks beim Mutterkonzern oder der Tochter Germanwings aufgerufen und nur einmal den Ausstand kurzfristig abgesagt.
Bei Germanwings beginnt am Donnerstag wieder ein zweitägiger Streik. Für den Vormittag hat die Fluggesellschaft bereits dutzende Starts von Berlin, Düsseldorf, Köln, Stuttgart, Hamburg und weiteren Orten gestrichen.
Insgesamt wurden seit vergangenem Jahr rund 7400 Flüge gestrichen, etwa 850.000 Passagiere waren dadurch betroffen. Die Fronten im Konzern sind verhärtet, zumal das Management eigentlich noch schärfer sparen will und intensiv nach neuen Billignischen sucht. Bei den Streiks geht es nicht nur um die Übergangsrenten der Piloten, sondern auch um den künftigen Kurs von Europas größtem Luftverkehrskonzern. Die Aussichten sind düster. Dem zweitägigen Streik in dieser Woche bei Germanwings dürften wohl weitere folgen weitere.
Bahn-Tarifrunde geplatzt
Auch die Deutsche Bahn und die Lokführergewerkschaft haben sich in der Tarifrunde wieder verhakt. Damit stehen auch hier die Zeichen wieder auf Streik.
Die Lokführer stehen mit ihrer Gewerkschaft GDL seit Juli 2014 in einer zähen Tarifauseinandersetzung mit ihrem Arbeitgeber. Die wichtigsten GDL-Forderungen: Fünf Prozent mehr Geld, Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 38 Stunden, weniger Überstunden. Übergeordnet geht es der GDL um einen Tarifabschluss, der auch Beschäftigte des Zugpersonals jenseits der 20 000 Lokführer einschließt. Dafür hat die GDL bis November zwei Warnstreiks und vier Streiks organisiert.
Zwischenstand: Einigung auf eine Einmalzahlung von 510 Euro für das Jahr 2014 für alle GDL-Mitglieder. Der Ausblick ist ungewiss. Reisende müssen sich nach der geplatzten Tarifrunde auf weitere Streiks einstellen. "Die Wahrscheinlichkeit von Arbeitskämpfen ist mit dem heutigen Tag enorm angestiegen", sagte der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, nach dem Abbruch der Tarifverhandlungen in Berlin. Die Spitzengremien der GDL wollen nun am 18. Februar über das weitere Vorgehen entscheiden.
Die Eisenbahner, unter ihnen ein kleiner Teil der Lokführer, werden ansonsten von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vertreten. Die EVG verhandelt seit August mit der Deutschen Bahn. Sie fordert für ihre 100.000 Mitglieder in dem Unternehmen sechs Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro mehr im Monat. Im Gegensatz zur GDL pocht die EVG darauf, dass es keine konkurrierenden Tarifregelungen für eine Berufsgruppe gibt. Zwischenstand: Einigung auf eine Abschlagszahlung von 750 Euro für die meisten Beschäftigten. Auch hier ist der Ausblick ungewiss. Die EVG rechnet damit, dass die Verhandlungen noch einige weitere Monate in Anspruch nehmen werden. Bislang hat die EVG nicht gestreikt.
Flugbegleiter und Sicherheitspersonal
Die Flugbegleiter der Lufthansa galten lange als gar nicht streikfähig. Doch die serviceorientierten Stewards und Stewardessen zeigten dem Konzern dann im Sommer 2012 ein anderes Gesicht und ließen 1500 Flüge ausfallen. Wie die Piloten kämpft auch die Spartengewerkschaft Ufo um alte Besitzstände der Beschäftigten. Bei einer im Januar abgeschlossenen Urabstimmung stimmte eine große Mehrheit für den Arbeitskampf, es hatte aber nur knapp jeder Zweite teilgenommen.
Wie es weitergeht, ist schwer zu sagen. In den bisherigen Verhandlungen hat sich Ufo flexibler gezeigt als die kampfstarken Piloten. Allerdings tun ihren Mitgliedern die geplanten Einschnitte bei Zusatz- und Übergangsrenten mehr weh als bei den Bestverdienern im Cockpit. Auch hier sind Streiks möglich.
Die Sicherheitsleute haben die Flughäfen als ideales Kampffeld für ihre Tarifforderungen entdeckt. Wenn die von Verdi organisierten Luftsicherheitsassistenten nicht mehr zu den Gepäck- und Personenkontrollen im Auftrag der Bundespolizei antreten, gehen den Fliegern schnell die Passagiere aus. Zu chaotischen Zuständen kam es in dieser Woche zum Beispiel in Hamburg und Stuttgart. Gestreikt wird wie im vergangenen Jahr jeweils regional, weil auch die Tarifverträge nicht bundeseinheitlich sind. Inzwischen gibt es zumindest für NRW und Hamburg eine Einigung. Anderswo sind weitere Ausstände möglich.
Andere Berufsgruppen wie das Flughafenpersonal oder die Fluglotsen halten im Moment tarifpolitisch still. Verdi ruft allerdings selbst schon bei Warnstreiks im Öffentlichen Dienst besonders gern die Truppen an den einstmals öffentlichen Flughäfen auf. Prognose: gelegentliche Streiks.
Quelle: ntv.de, ddi/dpa