Wirtschaft

"Hunderte Millionen Dollar" Russland beschwert sich bei WTO über EU

Mit den Steuern will die EU die niedrigen Energiepreise ausgleichen - zum Unmut Moskaus.

Mit den Steuern will die EU die niedrigen Energiepreise ausgleichen - zum Unmut Moskaus.

(Foto: picture alliance / dpa)

Retour-Kutsche aus Moskau? Russland moniert die EU-Steuern auf die Einfuhr einiger Waren. Nun sind 60 Tage Zeit für eine gütliche Einigung. Es ist die erste Beschwerde des Landes. Das Verhältnis zwischen beiden Regionen ist derzeit ohnehin angespannt.

Russland beschwert sich bei der Welthandelsorganisation (WTO) über die Importsteuern der Europäischen Union für eine Reihe russischer Unternehmen. Die EU verstoße gegen das Anti-Dumping-Abkommen der WTO, erklärte das russische Wirtschaftsministerium. Das Vorgehen sei der EU-Vertretung bei der WTO am Montag mitgeteilt worden. Sollte der zunächst begonnene Konsultationsprozess nicht binnen 60 Tagen zu einer gütlichen Einigung führen, könnte ein Expertengremium zur Klärung der Beschwerde eingesetzt werden.

Eine erste Konsultationsrunde könnte "nach den Feiertagen" stattfinden, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Die Weihnachtsfeierlichkeiten dauern in Russland bis zum 8. Januar.

Brüssel wertet Energiereichtum als Wettbewerbsverzerrung

Russland wendet sich gegen eine EU-Importsteuer, die die niedrigen Energiekosten für russische Unternehmen in Branchen wie der Metall- oder Düngemittelindustrie ausgleichen soll. Diese Maßnahme koste die betroffenen russischen Unternehmen "Hunderte Millionen Dollar pro Jahr", kritisierte  Moskau. Brüssel argumentiert, dass die deutlich niedrigeren Energiepreise im öl- und gasreichen Russland einen Wettbewerbsverstoß darstellten.

Es handelt sich um Russlands erste offizielle Beschwerde bei der WTO seit seinem Beitritt im August 2012. Laut russischem Wirtschaftsministerium hat die EU zwischen 1995 und 2012 insgesamt  17 Maßnahmen eingeführt, die russische Importeure betreffen. Die  meisten von ihnen verstießen gegen "internationale Regeln".

"Alle anderen Möglichkeiten, eine Lösung zu finden, wurden ausgeschöpft, es war nötig, die WTO einzuschalten, um normale Handelsbedingungen mit der EU wiederherzustellen", zitierte die russische Nachrichtenagentur Interfax Regierungskreise in Moskau. Schließlich seien die Anti-Dumping-Maßnahmen der EU bereits Thema zahlreicher Konsultationen gewesen und hätten auch europäische Gerichte beschäftigt. Dennoch habe Brüssel seine Haltung nicht geändert.

Reaktion auf Recycling-Steuer?

Im Juli strengte die EU bei der WTO ein Verfahren wegen einer russischen Einfuhrsteuer zum Recycling von Autos an, in der sie ein Einfuhrhindernis sieht. Die Abgaben auf nach Russland importierte Autos und andere Fahrzeuge wie Busse und Lkw dienen nach Moskaus Darstellung dem Recycling der Wagen. Die EU-Kommission bezweifelt diesen Zweck. Sie glaubt, dass die von Russland geltend gemachten Umweltgründe nur vorgeschoben sind und in Wirklichkeit Einfuhren behindern sollen.

Die russische Zeitung "Kommersant" zitierte eine nicht näher genannte Quelle mit der Einschätzung, dass Russlands Beschwerde bei der WTO eine Reaktion auf den Streit um die Recycling-Steuer sei. Schließlich stelle die EU keinen wichtigen Markt für Russlands Metall- und Chemiebranche dar.

Das Verhältnis zwischen Russland und der EU ist derzeit wegen einer Reihe von Streitpunkten gespannt - insbesondere wegen des Umgangs mit der Ukraine. Die Regierung der Ex-Sowjetrepublik hatte Ende November offenbar auf Druck Russlands überraschend die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU abgesagt.

Russland beendet Milch-Boykott

Unterdessen lässt Russland zweieinhalb Monate nach einem Milch-Boykott gegen das EU-Mitgliedsland Litauen die Produkte wieder auf seinen Markt. Die russischen Beanstandungen seien von litauischer Seite aus dem Weg geräumt worden, teilte die Chefin der russischen Verbraucherschutzbehörde, Anna Popowa, Agenturen zufolge mit. Die Behörde hatte am 7. Oktober ein Einfuhrverbot für litauische Milchprodukte, darunter Joghurt, Käse und Quark, wegen Qualitätsmängeln erlassen.

Das strukturschwache Litauen lebt zum großen Teil vom Auslandsverkauf seiner Milchprodukte. Die EU hatte den Milch-Boykott kritisiert und darauf hingewiesen, dass sie das "strikteste System der Welt im Bereich Lebensmittelsicherheit" habe.

Litauens Regierung hatte Moskau politische Motive vorgeworfen. Vilnius war Ende November Gastgeber eines Ostpartnerschaftsgipfels der Europäischen Union, bei dem die EU zum Ärger Russlands frühere Sowjetrepubliken enger an sich binden wollte. Die Ukraine lehnte ein Abkommen mit der EU auf Druck Russlands schließlich ab. Georgien und Moldau hingegen unterzeichneten je ein Abkommen mit der EU.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa

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