Euro im Interesse der Bürger? Schäuble erkennt "richtigen Weg"
04.09.2011, 13:00 Uhr
Für "Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze in Deutschland": Finanzminister Schäuble.
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Der überraschende Abbruch der Troika-Verhandlungen in Athen löst in Kreisen der deutschen Regierungskoalition große Unruhe aus. Durch das Verhalten der Griechen sieht FDP-Generalsekretär Lindner die "Solidarität ernsthaft gefährdet". Finanzminister Schäuble wirbt für die Vorteile der Währungsunion. Die Rettung des Euro sei "weiterhin alle Mühe wert".
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erkennt Fortschritte bei den Anstrengungen um einen stabilen Euro. "Ich bin sicher, dass wir mit unserem Bemühen, unsere gemeinsame Währung zu stabilisieren, auf dem richtigen Weg sind", sagte Schäuble der "Leipziger Volkszeitung".

"Beschwichtigungen oder Vertagungen sind für uns nicht mehr akzeptabel": Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos (2.v.l.).
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Er sei "überzeugt, dass die Stabilisierung des Euro im Interesse der Bürger auch weiterhin alle Mühe wert" sei. Die Gemeinschaftswährung sichere "Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze in Deutschland".
Der Euro bleibe der Motor der europäischen Integration, betonte Schäuble. "Und ohne das Zukunftsprojekt Europa hätte in unserer sich immer weiter globalisierenden Welt kein einzelner Staat, auch Deutschland nicht, eine gute Chance auf Entwicklung."
Im Vorfeld der Ende September anstehenden mit der entscheidenden Abstimmung über die erweiterten Rettungsmaßnahmen zur Stabilisierung des Euro schärfen unterdessen Befürworter und Gegner ihre Positionen. Der überraschende Abzug der sogenannten Troika-Delegation mit Vertretern von EU, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) aus Athen sorgte am Wochenende für erhebliche Unruhe in Kreisen der deutschen Regierungskoalition.
"Solidarität ernsthaft gefährdet"
FDP und CSU forderten Griechenland dazu auf, den zugesagten Spar- und Reformkurs zügig umzusetzen. "Der Abbruch der Gespräche zwischen der Troika und Griechenland ist ein Rückschlag für die Stabilität des Euro", sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner mit Blick auf die ungeplante Unterbrechung der Gespräche zwischen der Geldgeberseite und der griechischen Regierung.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner bei der Präsentation eines neuen Wahlplakats Anfang Juli in Berlin.
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Bei dem Hilfsprogramm handle es sich nicht um unverbindliche Absichtserklärungen, sondern um vertraglich zugesicherte Gegenleistungen für Hilfskredite. Die FDP bestehe auf der Einhaltung dieser vertraglichen Vereinbarungen.
"In Athen wird die europäische Solidarität ernsthaft gefährdet", warnte Lindner. Die Steuerzahler in Nordeuropa und insbesondere in Deutschland könnten für "Unvermögen oder Unwillen" der Griechen nicht geradestehen. Griechenland müsse seinen Willen zur Stabilität und zu Reformen neu bekräftigen. "Beschwichtigungen oder Vertagungen sind für uns nicht mehr akzeptabel", sagte er. Die Chefs von IWF und der Euro-Gruppe sollten deshalb umgehend nach Athen reisen, forderte Lindner, um von der griechischen Regierung verbindliche Erklärungen zur Erfüllung der vereinbarten Ziele zu erhalten.
Scheren die Griechen aus?
Auch die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt erklärte, es genüge nicht, dass Sparpläne und Reformen nur angekündigt würden. "Wer Hilfe erwartet, muss sich selbst verlässlich zeigen", sagte Hasselfeldt dem "Tagesspiegel am Sonntag". Griechenland schade sich selbst und setze die weitere Unterstützung durch die europäischen Partner aufs Spiel.

"Wer Hilfe erwartet, muss sich selbst verlässlich zeigen": CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt.
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Griechenland war als erstes Euro-Land an seinem Schuldenberg gescheitert und wurde im Mai 2010 nur mit einer ersten Kreditzusage von 110 Mrd. Euro seiner Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds vor der Staatspleite gerettet.
Als Gegenleistung versprach das südeuropäische Land Reformen und einen strikten Sparkurs. Vertreter von EU, IWF und EZB - die sogenannte Troika - prüfen regelmäßig, ob die Regierung in Athen ihre Zusagen einhält, bevor weitere Tranchen überwiesen werden. Der IWF wollte die jüngsten Beratungen bis zum 5. September abschließen und dann grünes Licht für die nächste Kreditrate geben. Nun allerdings stocken die Gespräche - offensichtlich ein klares Zeichen, dass es zwischen den Gesprächspartnern erheblich knirscht.
Griechenlands Finanzminister Venizelos hatte betont, die Gespräche mit der Troika seien nicht ausgesetzt worden. Am 14. September gehe es in die nächste Runde. Experten sollten bis dahin bestimmte Daten unter die Lupe nehmen.
Lammert lobt Parlamentsbeteiligung
Während FDP und CSU mit dem vermeintlichen Nachlassen der griechischen Sparanstrengungen hadern, hat Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Pläne der Haushaltsexperten der Koalition zur Einbindung des Parlaments bei künftigen Rettungsmaßnahmen für Euro-Staaten gelobt.

Er versucht, das Budgetrecht des Parlaments zu verteidigen: Bundestagspräsident Norbert Lammert.
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"Es zeichnet sich eine ebenso weitreichende wie praktikable ab", sagte Lammert der "Welt am Sonntag". Vor dem Wochenende hatten sich Haushaltsexperten von Union und FDP auf einen Kompromiss verständigt, der in der kommenden Woche in den Fraktionen beraten werden soll.
Demnach soll der Bundestag zustimmen, wenn ein Euro-Land ein Hilfsprogramm beantragt. Konkrete Maßnahmen bei der Anwendung oder nachträgliche Änderungen an den Programmen muss der Haushaltsausschuss billigen.
Im Zweifel noch viel mehr Geld?
Lammert äußerte sich derweil kritisch zu den geplanten durch die Ausweitung des Rettungsfonds EFSF. Die deutschen Bürgschaften sollen in diesem Zusammenhang von 123 Mrd. Euro auf bis zu 211 Mrd. Euro aufgestockt werden.
Diese "Selbstbindung finanzieller Verpflichtungen in beträchtlicher Größenordnung" müsse im Bundestag öffentlich diskutiert werden, sagte Lammert. Da müssen auch die Zweifel und Besorgnisse zum Ausdruck kommen."
Nach einem am Sonntag vorab veröffentlichten Bericht des Magazins "Spiegel" will die Bundesregierung bei Bedarf sogar mehr Garantien bereitstellen als die bisher bekannten 211 Mrd. Euro.
In das Gesetz über die Ausweitung des Rettungsschirms sei ein Passus aus dem bisherigen Regelwerk übernommen worden, heißt es, nach dem die bereitgestellten Garantien bei Bedarf um 20 Prozent aufgestockt werden könnten. Auf Deutschland kämen dann im Notfall Garantien von mehr als 250 Mrd. Euro zu, berichtete das Magazin.
Quelle: ntv.de, mmo