Mangelhafte Brustimplantate TÜV soll Schadenersatz zahlen
20.01.2017, 14:44 Uhr
Routineoperation für Schönheitschirurgen: Die Qualität der Silikonkissen ist von großer Bedeutung.
(Foto: picture alliance / dpa)
Schwerer Rückschlag für den TÜV Rheinland: Die französische Justiz verurteilt die deutschen Qualitätsprüfer wegen schadhafter Brustimplantate erneut zur Zahlung von Schadenersatz. Jede der 20.000 Klägerinnen soll 3000 Euro erhalten.
In der juristischen Aufarbeitung des Skandals um gesundheitsgefährdende Brustimplantate des französischen Anbieters PIP hat das Handelsgericht im südfranzösischen Toulon den TÜV Rheinland erneut zu einer millionenschweren Schadenersatzzahlung verurteilt.
Laut Entscheidung der Richter soll der TÜV an jede der 20.000 Klägerinnen im sogenannten PIP-Skandal 3000 Euro Schadenersatz zahlen. Insgesamt geht es damit um eine Summe von 60 Millionen Euro. Die Prüfer hatten fehlerhafte Implantate des französischen Herstellers PIP zertifiziert.
Der TÜV kündigte umgehend Berufung an und wies darauf hin, dass eine ähnliche Entscheidung des gleichen Gerichts im Sommer 2015 vom Berufungsgericht aufgehoben wurde.
Für die Qualitätsprüfer aus Deutschland stellt das Urteil aus Toulon dennoch einen schweren Rückschlag dar. In den seit Jahren andauernden Rechtsstreitigkeiten hatte sich der TÜV vor einem Berufungsgericht in Aix-en-Provence vor zwei Jahren noch erfolgreich gegen die Schadenersatzzahlungen verwahren können.
Im Juli 2015 urteilten die Richter dort in zweiter Instanz, dass der TÜV seine Kontrollpflichten erfüllt und "keinen Fehler" begangen habe. Damit hatten die Richter ein früheres Urteil des Gerichts in Toulon vom November 2013 kassiert, das den TÜV zur Zahlung von Schadenersatz an betroffene Frauen und Händler verurteilt hatte.
Im Mittelpunkt des Rechtsstreit steht der Skandal um fehlerhafte Brustimplantate der französischen Firma Poly Implant Prothèse (PIP). Das mittlerweile insolvente Unternehmen hatte seine Brustimplantate jahrelang statt mit Spezial-Silikon mit billigerem Industrie-Silikon befüllt. Das hatte teils verheerende Folgen: Die PIP-Kissen reißen leichter als medizintechnisch einwandfreie Produkte. Das austretende Industrie-Silikon kann schlimmstenfalls Entzündungen auslösen.
Weltweit wurden zehntausenden Frauen PIP-Implantate eingesetzt, in Deutschland waren Schätzungen zufolge rund 6000 Frauen betroffen. Der TÜV hatte das Herstellungsverfahren bei PIP zertifiziert, nicht aber die Silikonkissen selbst kontrolliert. Andere Gerichte haben bereits mehrfach entschieden, auch der TÜV sei vom Hersteller getäuscht worden.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa