Wirtschaft

Notenbanken sind "verrückt"? Trump ist fast so schlimm wie Erdogan

Donald Trump und Recep Erdogan haben einen gemeinsamen Sündenbock ausgemacht: ihre Zentralbanken.

Donald Trump und Recep Erdogan haben einen gemeinsamen Sündenbock ausgemacht: ihre Zentralbanken.

(Foto: REUTERS)

Der Angriff auf die Zinspolitik ihrer Zentralbanken entlarvt die Lügen beider Machthaber: Erfolge sind immer ihr Verdienst. Doch wenn es schlecht läuft, sind andere Schuld. Populisten brauchen eben einen Sündenbock.

Hemmungen, sich selbst zu loben hatte Donald Trump noch nie. Besonders wenn es um die angeblich magische Wirkung seiner Politik auf die Börsen geht. Kaum ein Tag vergeht, an dem der Präsident nicht damit prahlt: "Der Aktienmarkt hat während meiner Regierung gerade zum 102. Mal ein Allzeithoch erreicht, mit Abstand ein Rekord in zwei Jahren", twitterte Trump noch vergangene Woche.

Nun, wo es an der Wall Street abwärts geht, will er damit nichts zu tun haben. Stattdessen hat er einen Sündenbock gefunden: die US-Notenbank Fed. Die Zinserhöhungen der Währungshüter seien schuld am Absturz, donnerte Trump, nicht etwa der Handelskrieg mit China, den er angezettelt hat, oder seine Steuerreform, die die Börsen und die Wirtschaft in den USA heißlaufen lässt.

"Die Fed macht einen großen Fehler", mahnte Trump am Donnerstag, sie sei "außer Kontrolle", und hebe die Zinsen "zu aggressiv" an. "Die Fed ist verrückt geworden", polterte er bereits am Mittwoch auf einer seiner Wahlkampfveranstaltungen in Pennsylvania. Es ist Trumps Masche: Wenn es gut läuft, liegt das an ihm. Wenn es schlecht läuft, sind andere Schuld.

Die Kollateralschäden dieser Sündenbock-Politik sind ihm herzlich egal. Trump schert sich nicht darum, ob er das Ansehen des FBI, der Geheimdienste, oder des Präsidentenamts selbst mit seinem Verhalten beschädigt, solange er sich als Gewinner darstellen kann. Nun nimmt er die Notenbank ins Visier. Trump stellt sich damit nicht nur in eine Reihe mit Autokraten wie Wladimir Putin in Russland oder Recep Erdogan in der Türkei. Er riskiert die Glaubwürdigkeit der US-Geldpolitik - und damit die langfristige wirtschaftliche Stabilität der USA.

Das Nötige tun, auch wenn es unbeliebt ist

Politische Attacken auf die Notenbank sind zwar nichts Neues. Jeder Politiker träumt davon, die Leitzinsen zu bestimmen, weil sich damit Wachstum, Inflation und der Jobmarkt kontrollieren lassen. Schon vor Trump haben das einige Präsidenten versucht: In den späten 60er Jahren ließ Lyndon B. Johnson den damaligen Fed-Chef zum Rapport auf seiner Ranch in Texas antreten. Richard Nixon versuchte gar, den obersten Notenbanker mit lancierten Stories über eine angebliche Gehaltserhöhung öffentlich zu verleumden. Aber keiner hat so offen und so massiv Druck gemacht wie Trump.

Bislang scheinen die Angriffe Fed-Chef Jerome Powell kalt zu lassen. Er bekommt Rückendeckung von IWF-Chefin Christine Lagarde, seinem Amtskollegen Mark Carney von der Bank of England und führenden Republikanern im Kongress. Selbst sein eigener Finanzminister widerspricht Trump. Schließlich ist es nicht Powells Aufgabe, die Börsianer oder den Präsidenten glücklich zu machen. Er muss das Notwendige tun, obwohl es unpopulär ist: die Zinsen erhöhen, weil die Wirtschaft überhitzt.

Doch wenn Trump mit seinen Attacken weiter macht und der Imageschaden für die Fed zu groß wird, droht die Notenbank ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Wohin das führen kann, zeigt die Türkei. Die steckt mitten in einer Währungskrise, weil ihr Präsident Erdogan wie Trump nicht müde wird, niedrigere Zinsen zu fordern und offen droht, die Währungshüter an die Leine zu legen. Ankaras Geldgeber haben deshalb das Vertrauen verloren, dass die Notenbank noch tun kann, was wirtschaftlich geboten ist, auch wenn es dem Sultan am Bosporus nicht gefällt.

Auf andere zeigen, statt auf sich selbst

Erdogans Wirtschaftspolitik ist deshalb längst nur noch Realsatire: Er kann ungestraft den wirren Unsinn verbreiten, dass höhere Zinsen die Inflation anheizen, obwohl das Gegenteil der Fall ist. Die Firmen seines Landes zwingt er die Preise zu senken, statt die Inflation mit soliden Staatsfinanzen zu bekämpfen. Und angesichts der Spekulationsattacken beschwört er lieber Allah, statt mit Reformen um das Vertrauen von Investoren zu werben.

So weit ist es bei Trump noch nicht. Aber seine Attacken auf die Notenbank folgen dem gleichen Muster: Wie Erdogan hat er keine andere Strategie, als mit dem Finger auf andere zu zeigen und ihre Glaubwürdigkeit anzugreifen, um sich selbst glaubwürdiger erscheinen zu lassen.

Solange die Wähler in den USA Trump nicht stoppen, dürfte er damit weitermachen. Man kann sich schon gut vorstellen, wen er für den Abschwung, der auf jeden Wirtschaftsboom folgt, verantwortlich machen wird. Auch wenn er Fed-Chef  Powell selbst nominiert hat.

Quelle: ntv.de

Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen