"Kompletter Plan übermittelt" Tsipras kontert Ultimatum der Gläubiger
02.06.2015, 12:06 Uhr
Plan und Gegenplan: Laut Alexis Tsipras liegt die Verantwortung nun bei den Gläubigern.
(Foto: REUTERS)
Griechenlands Gläubiger wollen die seit Monaten festgefahrenen Verhandlungen mit einem finalen Vorschlag endlich lösen. Doch Athen weicht der Entscheidung aus. Angeblich liegt bereits ein umfassender griechischer Plan vor.
Im Streit um die Lösung der griechischen Schuldenkrise hat die Regierung in Athen nach eigenen Angaben den Gläubigern einen umfassenden Reformplan vorgelegt. "In der vergangenen Nacht wurde ein kompletter Plan übermittelt", sagte Regierungschef Alexis Tsipras in Athen. Es seien "realistische" Vorschläge, um das Land aus der Krise zu führen. Die Entscheidung liege nun bei den politisch Verantwortlichen in Europa. Weitere Details zu seinem Plan nannte er nicht.
Damit gibt Tsipras die Verantwortung für die Lösung des seit Monaten ungelösten Schuldenstreits an die Gläubiger zurück. Diese hatten Berichten zufolge gerade in der vergangenen Nacht bei einem Spitzentreffen in Berlin ein "letztes" Angebot an Athen vorbereitet, um den festgefahrenen Verhandlungen zu einem Durchbruch zu verhelfen.
Dieses Angebot wies die Athener Regierung allerdings schon vor Bekanntwerden irgendwelcher Details empört zurück. Die Regierung werde keine "Ultimaten" akzeptieren und auch keine "Erpressung" durch die Geldgeber, teilte der stellvertretende Regierungschef Yanis Dragasakis auf Twitter mit. Die griechische Gesellschaft und die Wirtschaft könnten keine weiteren harten Sparmaßnahmen ertragen, fügte der für die Finanzen zuständige Vizeregierungschef in einer weiteren Nachricht hinzu.
Gabriel drängt Athen zur Zustimmung
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel forderte Athen dagegen auf, den jüngsten, noch nicht öffentlich vorgestellten Kompromissvorschlag seiner Gläubiger anzunehmen. "Ich hoffe sehr, dass die griechische Regierung darauf eingeht", sagte Gabriel. Er sei "sehr froh", dass bei dem nächtlichen Treffen im Berliner Kanzleramt noch einmal ein Versuch zu einer Lösung unternommen worden sei, sagte Gabriel. "Die politische Konsequenz einer Insolvenz Griechenlands in der Eurozone wäre gigantisch."
Viele Menschen hätten wohl den Eindruck, besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, so Gabriel. "Die Wahrheit ist, dass, wenn der erste Stein aus dem europäischen Haus herausbrechen würde, Europa in einem anderen Aggregatzustand wäre."
Am Abend zuvor hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit IWF-Chefin Christine Lagarde und EZB-Präsident Mario Draghi über das weitere Vorgehen in der Griechenlandkrise beraten. Dieses Treffen diente nach Aussagen einer informierten Person dazu, ein finales Angebot an den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras auszuarbeiten.
Beobachter werten dies als eindeutiges Zeichen, dass die Geldgeber nach dem monatelangen Hin und Her in den Verhandlungen die Geduld verlieren. Nachdem sich Tsipras lange Zeit dagegen gesträubt hat, einschneidende Maßnahmen zu Reformen und Ausgabenkürzungen zu akzeptieren, dürfte ihm nun ein Dokument vorgelegt werden, das ihn ein schweres Dilemma stürzen dürfte. Lehnt er es ab, würde Griechenland auf Zahlungsunfähigkeit, Kapitalkontrollen und möglicherweise den Abschied aus dem Euro zusteuern. Akzeptiert er es, könnte es zu einer Spaltung der Regierungspartei Syriza kommen, die die Parlamentswahlen im Januar mit dem Versprechen gewonnen hatte, die dem Land von den Kreditgebern auferlegten massiven Sparanstrengungen zu beenden und umzukehren.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa/DJ/AFP